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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0113

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112

6. Tod ohne Gewalteinwirkung

den; Otto unterlag.566 Die vier Jahre bis zu seinem Tod verbrachte er auf seine
Stammlande zurückgeworfen.567
Die Überlieferung zum Tod Ottos IV. ist geprägt von Urkunden und anderen
Schriftstücken, welche die Sterbevorbereitungen widerspiegeln. Zentral sind die
sogenannte Narratio de morte Ottonis IV. imperatoris und das in Originalausferti-
gung erhaltene Testament. Es sind jedoch auch weitere, mit dem Testament in
Zusammenhang stehende, Urkunden überliefert. Darüber hinaus finden sich
einige Schilderungen und Notizen in der zeitgenössischen Historiographie.568
Aus dieser Überlieferung kam in der Forschung bislang nahezu ausschließlich
dem Testament Aufmerksamkeit zu,569 die Narratio de morte und auch die his-
toriographischen Quellen zum Tod Ottos IV. wurden nicht systematisch unter-
sucht.
Mit der Niederlage bei Bouvines hatte Otto IV. den Kampf um den Thron
verloren. Er bezeichnete sich weiterhin als Kaiser, war allerdings auf seine
Stammlande zwischen Harz und Heide beschränkt. Auch wenn er die Nieder-
lage nicht offen anerkannte, war sie ihm bewusst, so legte er seinem Bruder
Pfalzgraf Heinrich in seinem Testament nahe, den Thronstreit nicht weiterzu-
führen. Zwei miteinander in Verbindung stehende Entwicklungen brachten den
Welfen noch weiter in Bedrängnis: Seit 1210 war er exkommuniziert, was ihm
spätestens 1218 deutlich bewusst wurde, als er tödlich erkrankte.570 Einige his-
toriographische Quellen zeigen, dass die Art seiner Erkrankung bekannt war: Er
litt wohl an der Ruhr, an dem dünnen schiszin, wie es der Schreiber der Sächsischen
Weltchronik ausdrückte.571 Dabei handelte es sich um eine hochgradig negativ
konnotierte Todesart.572 Die Situation für Otto IV. war 1218 somit äußerst be-
drängend, er musste fürchten, dass sein Ableben als der schlechte Tod eines
Besiegten und Exkommunizierten gelten würde.
6.4.1. Die Sterbevorbereitungen Ottos IV.
In dieser Situation wurde Otto IV. in einem in den übrigen Überlieferungen nicht
dokumentierten Ausmaß aktiv. Das früheste Zeugnis dieser Aktivitäten ist dabei

566 Aus der Fülle an Literatur zur Schlacht von Bouvines sei aufgrund der Multiperspektivität der
Sammelband Bouvines, hg. Monnet u. a. genannt.

567 Hücker, Kaiser Otto IV., S. 319-326 thematisiert zwischen 1214 und 1218 nur das Laterankonzil
1215. Einen besseren Überblick über diesen Zeitraum bietet Winkelmann, Philipp von Schwa-
ben/Otto IV, Bd. 2, S. 403-459.

568 Zur Einteilung der historiographischen Quellen in Schilderungen und Notizen siehe Kapitel 3. -
Ein Teil der Überlieferung ist dokumentiert bei RI V,l,l Nr. 511a. Diese Zusammenstellung muss
um die hier behandelten Quellen ergänzt werden.

569 Zum Testament: Lydorf, Leben; dies., Testament.

570 Zur Exkommunikation des Welfen siehe die klassischen Arbeiten Haidacher, Über den Zeit-
punkt; ders., Weiters; ders., Zum Zeitpunkt; Hageneder, Exkommunikation, S. 18f.; ders., Hä-
resiebegriff, S. 72-74; Tillmann, Innocenz IIL, S. 139-142; dies., Datierungsfragen sowie Hücker,
Kaiser Otto IV, S. 291.

571 Sächsische Weltchronik, S. 241. Siehe hierzu S. 121 Anm. 624.

572 Siehe Kapitel 4.3.3., Abschnitt „Das schlechte Sterben".
 
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