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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0196

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6.11. Heinrich VII.: Viele sagen, er sei vergiftet worden

195

richs VII. mit großer Empörung in den Quellen wiedergegeben.1115 Die Gift-
mordzuschreibungen überschatten in ihrem Ausmaß und ihren Auswirkungen
ähnliche Phänomene beim Tod anderer Herrscher.
Vom Tod Kaiser Heinrichs VII. berichten Briefe und Urkunden, vor allem
allerdings Notizen und Schilderungen in der Historiographie.1116 Darüber hin-
aus sind die Knochen des Kaisers in Pisa erhalten.1117 Bei der Betrachtung der
historiographischen Quellen lassen sich Unterschiede zwischen den Schilde-
rungen und Notizen südlich und nördlich der Alpen erkennen. Aufgrund der
langen Rezeption des Giftmord vor wurfs gibt es auch eine lange Forschungs-
tradition zum Tod Heinrichs VII.: Bereits im 15. Jahrhundert widmeten sich
Schreiber diesem Thema und versuchten, ihre Version der Vergangenheit in alten
Schriften wiederzufinden.1118 1685 erschien eine Dissertation, die sich zur Auf-
gabe gemacht hatte, die wahre Todesursache herauszuarbeiten.1119 Gerade diese
Beschäftigung ist dabei jedoch stark geprägt von den zeitgenössischen Umstän-
den, vor allem von den Auswirkungen der Reformation. Dies nahm Friedrich
Wilhelm Barthold zum Anlass, um in seiner 1831 erschienenen Untersuchung
zum „Römerzug König Heinrichs von Lützelburg" das „dunkele Lebensende"
des Kaisers nach seiner Aussage frei von religiösen Empfindungen in einer
ausführlichen Beilage aufzuarbeiten.1120 Barthold und nach ihm Robert David-
sohn erarbeiteten auf breiter Quellengrundlage die Ansicht, dass der Giftmord
eine Zuschreibung sei.1121 Dies wurde schließlich auch in die böhmerschen Re-
gesten auf genommen, nach deren Publikation Joseph Eutychus Kopp und Julius
Ficker archivalische Quellen veröffentlichten, um ebenfalls gegen einen Gift-

1115 Dies arbeitet Browe, Vergiftung, S. 479-481 durch den Vergleich mit den Überlieferungen zu
früheren Giftmorden durch das Abendmahl in der Historiographie heraus.

1116 Ein großer Teil der Überlieferung ist zusammengestellt bei Regesten 1246-1313, S. 311 f., Da-
vidsohn, Geschichte, Bd. 3, S. 545 f. Anm. 2 und Barthold, Römerzug, Beilage I. Es sind vier
bildliche Darstellungen bekannt: Giovanni Villani, Chronica (Rom, BAV, MS Chigiano LVIII296,
f. 207v); Codex Balduini (Landeshauptarchiv Koblenz 1 C 1, f. 37r); Diebold Schilling, Spiezer
Chronik (Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.1.16, f. 147r); Grandes Chroniques de France (Paris,
BnF, Frangais 10135, f. 391v). Darüber hinaus ist eine Reihe von Trauergedichten überliefert, die
hier nicht aufgearbeitet werden können: Planctus Heinrici VIT; De imperator Heinici VII. Siehe
auch Herschel, Reime. - Zur Einteilung historiographischer Berichte in Notizen und Schilde-
rungen siehe Kapitel 3.

1117 Zur Überlieferung der Knochen siehe Kapitel A 1.1.13.

1118 So sammelte der Dominikaner Hermann Korner im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts Quellen,
die von der Unschuld seines Ordens künden, Hermann Korner, Chronica Novella, Rez. A,
cap. 366-370, S. 40-42; siehe auch ebd., Rez. B/D, cap. 555-559, S. 224-226. - Um 1500 argu-
mentierte der Benediktiner Johannes Trithemius auf der Grundlage einiger der Hermann Korner
bekannten Schreiben für die Dominikaner. Er kannte bereits das Gerücht, die Dominikaner
müssten zur Strafe das Abendmahl mit der linken Hand reichen, Johannes Trithemius, Chro-
nicon Hirsaugiensis, S. 273. Siehe hierzu S. 217 Anm. 1265.

1119 Difenbach, De vero mortis genere.

1120 Barthold, Römerzug, Bd. 2, Beilage 1 (eigene Paginierung).

1121 Regesten 1246-1313, S. 311 f. Davidsohn, Geschichte, Bd. 3, S. 545 f., bes. Anm. 2.
 
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