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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0244

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6.13. Günther von Schwarzburg: Plötzlich dahingerafft, doch ehrenvoll beigesetzt

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im Necrolog des Bartholomäusstifts in Frankfurt verstarb er Mitte April 1349.1413
Das Testament weist darüber hinaus einen Vermerk auf, dass es öffentlich ver-
lesen wurde und alle Bestimmungen, inklusive der Beisetzung im Kreuzgang der
Bartholomäuskirche, erfüllt worden seien.1414 Der Arzt starb somit vor den Er-
eignissen bei Eltville und wurde in allen Ehren beigesetzt. Damit ist er zwar kurz
vor Günther verstorben, wie es die Schilderungen berichten, jedoch nicht kurz
genug. Darüber hinaus scheint es sehr fraglich, ob er in der Bartholomäuskirche
beigesetzt worden wäre, wenn sich durch seinen Tod gezeigt hätte, dass er ein
Giftmörder war.
Ein Blick auf andere Überlieferungen angeblicher Giftmorde macht darüber
hinaus klar, dass Personen mit besonderem Zugang zu Kranken, die diesen
Tränke oder Speisen verabreichen konnten, wie Arzte oder Beichtväter,1415
schnell in den Verdacht gerieten, die Giftmörder zu sein. Die Wahrscheinlichkeit
erhöhte sich, wenn mittels einer solchen Zuschreibung ein plötzlicher Tod erklärt
werden konnte. Die verbreitete Form des Giftmordgerüchts könnte somit aus
dem Umstand heraus entstanden sein, dass ein angesehener Frankfurter Arzt
kurz vor Günther von Schwarzburg verstorben war. Es war bekannt, dass der
Schwarzburger vor seinem Tod erkrankt war, es lag nahe zu vermuten, dass er
einen bekannten Arzt konsultiert haben könnte. Angesichts der großen Ver-
breitung, die das Giftmordgerücht um den Tod Heinrichs VII. zu eben dieser Zeit
fand und auch der hierdurch verstärkten Befürchtungen verschiedenster Herr-
scher vor Giftmordattentaten, wird dies wahrscheinlich. Durch die verbreitete
Praxis der Vorkoster wird das Detail, dass der Arzt seine eigene Medizin habe
vorkosten müssen, ebenfalls erklärbar.1416 Die sehr früh nach den Ereignissen
abgefasste Schilderung in der dritten Fortsetzung der Cronica St. Petri Erfordensis
moderna, die den Giftmord den verräterischen Wählern Günthers von Schwarz-
burg zuschrieb, verdeutlicht einen weiteren Umstand: Es kam zunächst nur
darauf an, dass, und nicht wie, Günther von Schwarzburg vergiftet wurde und
dass der moralische Fokus nicht immer auf einen Arzt übertragen wurde.
Wichtig war zunächst, die Umstände zu relativieren; ein Schuldiger wurde erst
später gefunden.
Es bleibt die Frage, warum sich eine solche Erzählung entwickelte und nicht
schlicht der plötzliche Tod Günthers von Schwarzburg nach seiner Niederlage
als göttliche Strafe gesehen wurde, wie es Heinrich Taube von Selbach anbot.
Eine solche negative Ausdeutung des Todes verhinderte jedoch Günthers ehe-
maliger Gegner Karl IV: Um seinen neuen Bund mit den ehemaligen Wählern
des Schwarzburgers zu bekräftigen und sich selbst als guten König zu insze-
nieren, ließ er seinen ehemaligen Gegner unter großer Aufmerksamkeit sowie

1413 Janson, Königtum, S. 114/115 Anm. 1.

1414 Den Beweis, dass es sich bei Freidank um eine historisch fassbare Person handelt, lieferte erst-
mals Kirchner, Geschichte Frankfurts, Bd. 1, S. 271-273. Ebd., Anhang X, S. 625 f. findet sich eine
Transkription des Testaments, die jedoch sehr viele Fehler aufweist. Diese sind korrigiert bei
Fichard, Bemerkungen, S. 467 f.

1415 Siehe Kapitel 6.8.

1416 Siehe Kapitel 6.11.4.
 
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