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Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0276

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7.1.1. Philipp II.

275

befunden habe.1591 Im Gegensatz zu seinem Bruder gelang es Heinrich jedoch
nicht, seine Güter wiederzuerlangen. Anscheinend verbrachte er seine Tage
hauptsächlich am Hof seiner Schwester. Die beiden Andechser Brüder wurden
somit zwar zunächst wohl verurteilt und mussten fliehen, eine Verfolgung setzte
allerdings nicht ein. Bischof Ekbert war drei Jahre nach dem Königsmord wieder
in seinem Amt und weiterhin sehr einflussreich. Auch Heinrich von Istrien be-
wegte sich frei durch das Reich, auch wenn er seine Besitzungen nicht wieder-
erlangen konnte.1592
Die Chronisten konzentrierten sich bei ihren Beschreibungen der Verfolgung
auf Otto von Wittelsbach.1593 Das Interesse am Schicksal des Königsmörders war
dabei so groß, dass sich hierzu eine eigene Erzähltradition ausbildete. Im Zen-
trum dieser Tradition stand neben Otto von Wittelsbach jedoch nicht Philipp II.,
sondern der Reichsmarschall Heinrich von Kalden. Der ruhmreiche Kämpfer1594
habe sich der Rache am Mörder seines Herrn angenommen. Arnold von Lübeck
gestaltete die Verfolgung mit den meisten Details aus. Er gab an, gemeinsam mit
Heinrich von Kalden habe der Sohn eines Adligen, den Otto von Wittelsbach
ebenfalls umgebracht hatte,1595 den Wittelsbacher gefunden, ihm den Kopf ab-
geschlagen und diesen in die Donau geworfen.1596 Damit führte Arnold von
Lübeck alle Fäden, in die er die Ermordung verwickelt hatte, wieder zusammen.
Viele weitere Chronisten drückten durch ihre Darstellung aus, dass sie im Tod
des Wittelsbachers ebenfalls ein gerechtes Urteil sahen, sie sprachen dies explizit
aus oder notierten direkt auf den Königsmord folgend den Tod des Mörders.1597

1591 Siehe das Regest bei Oefele, Geschichte, Nr. 630, S. 200 f.

1592 Schütz, Geschlecht, S. 77f.

1593 In der Forschung wird eine Zerstörung der Stammburg der Pfalzgrafen bei Aichach im Rahmen
der Verfolgung angeführt, bspw. Kraft, Marschall, S. 28. Archäologisch ist dies nicht zu fassen,
Paulus, Pfalzgrafenamt, S. 359. Die einzige Quelle, die etwas derartiges berichtet, ist die Chronica
Regia Coloniensis. Continuatio II, S. 183, allerdings wird hier gegen die übrige Überlieferung
angegeben, der Herzog von Böhmen habe den Pfalzgrafen verfolgt. Auch die Stammburg wird
nicht explizit erwähnt: Unde dux Boemie ceterique amici et cognati eins de morte talis ac tanti principis
quam plurimum condolentes, tamquam inauditum facinus inpunitum transire non patientes, urbes,
castella et omnia que predicti palatini esse poterant diripiendo, concremando devastare ceperunt, ip-
sumque unanimi conspiratione insequentes, de loco ad locum profugum incedere compulerunt.

1594 Heinrich von Kalden war 1208 bereits seit langen Jahren als Ministerialer der Staufer mit großer
Kriegserfahrung bekannt, siehe die heldenhafte Eroberung einer Festung auf dem Kreuzzug
Friedrichs I. (Historia de expeditione Friderici imperatoris, S. 45) oder das Vereiteln eines Hin-
terhalts auf Heinrich VI. gemeinsam mit Markward von Anweiler (S. 108 Anm. 543). Trotz der
bei Keupp, Dienst, S. 177-215 erfolgten Bearbeitung muss Heinrich von Kalden als wichtige
Figur der Reichsgeschichte im 12. und 13. Jahrhundert gelten, die unzureichend erforscht ist.

1595 Siehe S. 256 Anm. 1480.

1596 Arnold von Lübeck, Slawenchronik, lib. VII, cap. 14, S. 245: Ad voluntatem igitur omnium domnus
rex proscriptione publica dampnavit homicidam illum, quem tarnen postea Heinricus Kaladinus cumfilio
Wulfsupra memorati, quem idem occiderat, occidit, caputque resectum in Danubium proiecit.

1597 Siehe S. 254 Anm. 1464; Annales Zwifaltenses maiores, ad a. 1208, S. 14: Philippus rex expeditionis
itinere veniens Babinberc, sub signo pacis a palatino de Witilinsbac occiditur, sei ob eandem perfidie
culpam et ipse postea occisus interiit eodem anno. Burchard von Ursberg, Chronik, S. 91: Postmodum
brevi spatio temporis interiecto, cum regnaret Otto, facinorosus Ule a Hainrico de Kallidin, prefato
marscalco, ob vindictam domini sui gloriose fuit interfectus in quadam grangia non longe a Ratispona.
 
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