7.2.1. Tod auf Kriegszug - König Wilhelm
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Holland gegen Aufständische vorzugehen.1829 Aus dem Blickwinkel dieser Un-
tersuchung stellt sich daher die Frage, ob sich dies auch in der Überlieferung zu
seinem Tod niederschlug. Denn in der Wahrnehmung der Zeitgenossen starb
König Wilhelm - wie auch Friedrich I. - in der Fremde. In beiden Fällen zeigen
sich die Konnotationen vom Tod des Königs in der Ferne.1830
Der Tod König Wilhelms wurde in vergleichsweise wenigen Chroniken ge-
schildert, auch Notizen sind nur selten überliefert.1831 Es sind zwei, deutlich
später entstandene, Miniaturen bekannt, die den Tod des Königs in Szene setz-
ten.1832 Diese kleine Überlieferungsgruppe hat einen eindeutigen Schwerpunkt
im holländischen und friesischen Raum. In der Forschung war der Tod König
Wilhelms zunächst lange Zeit beiläufiger Gegenstand in Überblicksdarstellun-
gen oder biographischen Werken.1833 Im Jahr 2000 stellte Janick Appelmans je-
doch einige Eigenheiten vom Tod des Königs in einem Aufsatz zusammen,1834
was von Elodie Lecuppre-Desjardin und Gilles Lecuppre auf gegriffen wurde.1835
Die Todesumstände legen verschiedene Deutungsansätze nahe, in deren
Zentrum unterschiedliche Personen(-gruppen) stehen: Die Plötzlichkeit sowie
der Tod in der Fremde lassen sich negativ auf den Verstorbenen beziehen und das
Sterben in Kampfhandlungen an sich kann als Gottesurteil verstanden wer-
den,1836 was eine negative Konnotation für König Wilhelm bedeuten würde. Die
Friesen erschlugen mit ihm allerdings ihren rechtmäßigen Herrscher. Dieser
Frevel wird durch die spätmittelalterlichen Regeln der Kriegsführung noch
verschärft,1837 da diese für einen hochrangigen Gegner eine Gefangenahme
vorsahen. Somit konnte auch den Friesen die Tat angelastet werden. Schließlich
konnten die Krieger des Königs ebenfalls in den moralischen Fokus gelangen,
denn sie hatten zugelassen, dass ihr Anführer getötet wurde.
Die Überlieferung zum Tod Wilhelms ist größtenteils geprägt durch die
diffusen Verhältnisse des Reichs und der Grafschaft Holland zu den Friesen. Eine
1829 Hintze, Königtum, S. 213L; Ulrich, Geschichte, S. 118f.
1830 Siehe Kapitel 4.3.1.
1831 Das Regest RI V,l,2 Nr. 5286b erfasst nicht die vollständige Überlieferung und muss um die hier
behandelten Quellen ergänzt werden.
1832 Brabantsche Yeesten, Brüssel, Koniklijke Bibliotheek, Handschrift 684 IV, f. 31v; Grandes Chro-
niques de France, London, BL, Royal MS 16 G VI, f. 418r.
1833 Kaufhold, Könige, S. 332; Hintze, Königtum, S. 214; Ulrich, Geschichte, S. 119. - Es erscheint
bemerkenswert, dass der Tod König Wilhelms in kaum einer Darstellung der Geschichte
Frieslands im Mittelalter Erwähnung findet, so bspw. Vries, Geschichte. Schmidt, Bauernauf-
stände, S. 442 bezeichnet Wilhelm als das „prominenteste Opfer bäuerlichen Trotzes", geht
jedoch nicht weiter auf dessen Tod ein. Bezeichnend ist der Umgang mit dem Tod des römisch-
deutschen Königs in Friesen im maßgeblichen Aufsatz zum Verhältnis Frieslands zum Reich,
Algra, Relation: Der Tod Wilhelms wird in der Liste der „significant events" (ebd., S. 71-73) nicht
aufgeführt, im Text ist er in eine Fußnote verbannt (ebd., S. 60 Anm. 215).
1834 Appelmans, Rooms Koning.
1835 Lecuppre-Desjardin/Lecuppre, Perceptions.
1836 Siehe die Kapitel 4.3.1. und 4.3.2.
1837 Zu diesen Regeln siehe Mauntel, Gewalt, S. 148-159, der anhand von Beispielen aus Frankreich
im 14. Jahrhundert die Regeln, ihre Reichweite und ihren Niederschlag in der Historiographie
darstellt.
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Holland gegen Aufständische vorzugehen.1829 Aus dem Blickwinkel dieser Un-
tersuchung stellt sich daher die Frage, ob sich dies auch in der Überlieferung zu
seinem Tod niederschlug. Denn in der Wahrnehmung der Zeitgenossen starb
König Wilhelm - wie auch Friedrich I. - in der Fremde. In beiden Fällen zeigen
sich die Konnotationen vom Tod des Königs in der Ferne.1830
Der Tod König Wilhelms wurde in vergleichsweise wenigen Chroniken ge-
schildert, auch Notizen sind nur selten überliefert.1831 Es sind zwei, deutlich
später entstandene, Miniaturen bekannt, die den Tod des Königs in Szene setz-
ten.1832 Diese kleine Überlieferungsgruppe hat einen eindeutigen Schwerpunkt
im holländischen und friesischen Raum. In der Forschung war der Tod König
Wilhelms zunächst lange Zeit beiläufiger Gegenstand in Überblicksdarstellun-
gen oder biographischen Werken.1833 Im Jahr 2000 stellte Janick Appelmans je-
doch einige Eigenheiten vom Tod des Königs in einem Aufsatz zusammen,1834
was von Elodie Lecuppre-Desjardin und Gilles Lecuppre auf gegriffen wurde.1835
Die Todesumstände legen verschiedene Deutungsansätze nahe, in deren
Zentrum unterschiedliche Personen(-gruppen) stehen: Die Plötzlichkeit sowie
der Tod in der Fremde lassen sich negativ auf den Verstorbenen beziehen und das
Sterben in Kampfhandlungen an sich kann als Gottesurteil verstanden wer-
den,1836 was eine negative Konnotation für König Wilhelm bedeuten würde. Die
Friesen erschlugen mit ihm allerdings ihren rechtmäßigen Herrscher. Dieser
Frevel wird durch die spätmittelalterlichen Regeln der Kriegsführung noch
verschärft,1837 da diese für einen hochrangigen Gegner eine Gefangenahme
vorsahen. Somit konnte auch den Friesen die Tat angelastet werden. Schließlich
konnten die Krieger des Königs ebenfalls in den moralischen Fokus gelangen,
denn sie hatten zugelassen, dass ihr Anführer getötet wurde.
Die Überlieferung zum Tod Wilhelms ist größtenteils geprägt durch die
diffusen Verhältnisse des Reichs und der Grafschaft Holland zu den Friesen. Eine
1829 Hintze, Königtum, S. 213L; Ulrich, Geschichte, S. 118f.
1830 Siehe Kapitel 4.3.1.
1831 Das Regest RI V,l,2 Nr. 5286b erfasst nicht die vollständige Überlieferung und muss um die hier
behandelten Quellen ergänzt werden.
1832 Brabantsche Yeesten, Brüssel, Koniklijke Bibliotheek, Handschrift 684 IV, f. 31v; Grandes Chro-
niques de France, London, BL, Royal MS 16 G VI, f. 418r.
1833 Kaufhold, Könige, S. 332; Hintze, Königtum, S. 214; Ulrich, Geschichte, S. 119. - Es erscheint
bemerkenswert, dass der Tod König Wilhelms in kaum einer Darstellung der Geschichte
Frieslands im Mittelalter Erwähnung findet, so bspw. Vries, Geschichte. Schmidt, Bauernauf-
stände, S. 442 bezeichnet Wilhelm als das „prominenteste Opfer bäuerlichen Trotzes", geht
jedoch nicht weiter auf dessen Tod ein. Bezeichnend ist der Umgang mit dem Tod des römisch-
deutschen Königs in Friesen im maßgeblichen Aufsatz zum Verhältnis Frieslands zum Reich,
Algra, Relation: Der Tod Wilhelms wird in der Liste der „significant events" (ebd., S. 71-73) nicht
aufgeführt, im Text ist er in eine Fußnote verbannt (ebd., S. 60 Anm. 215).
1834 Appelmans, Rooms Koning.
1835 Lecuppre-Desjardin/Lecuppre, Perceptions.
1836 Siehe die Kapitel 4.3.1. und 4.3.2.
1837 Zu diesen Regeln siehe Mauntel, Gewalt, S. 148-159, der anhand von Beispielen aus Frankreich
im 14. Jahrhundert die Regeln, ihre Reichweite und ihren Niederschlag in der Historiographie
darstellt.