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Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]; Universität Heidelberg [Contr.]; Universität Heidelberg [Contr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0393

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9. Chronologischer Durchgang

des Staufers nahezu ausschließlich dann angeführt, wenn er seinen Verpflich-
tungen nicht nachgekommen war. Zu einer Diagnose der Todesursache können
diese Aussagen nicht herangezogen werden. Auf den Verstorbenen ausgedeutet
wurde der Tod Konrads III. kaum, nahezu alle Einzelüberlieferungen konzen-
trierten sich darauf, eine glatte Schilderung einer Sterbebettdesignation zu lie-
fern.2298
Der Tod Friedrichs I. gestaltet sich in seiner Überlieferung vollkommen an-
ders. Während seiner fast vierzig Herrschaftsjahre entwickelte sich eine pro-
duktive Geschichtsschreibung, die den Kaiser vor allem mit ritterlichen Idealen
verband. Als der Kaiser 1190 auf dem Weg ins heilige Land unter im Detail nicht
klärbaren Umständen beim Überqueren eines Flusses verstarb, führte dies zu
einer lebhaften Diskussion, die in vielen Quellen aufscheint. Die Umstände
konnten als Anzeichen eines schlechten Todes gesehen werden, den die Zeit-
genossen dem Kaiser nicht zuschreiben wollten. Dieser Zwiespalt wurde mittels
verschiedenster narrativer Strategien gelöst und führte dazu, dass das Seelenheil
des Verstorbenen erstmals im Untersuchungszeitraum im Mittelpunkt der
Überlieferung stand - und mit dem modus mortis verknüpft wurde.2299 Der Blick
auf die Quellen aus anderen Reichen zeigt hier, dass der Tod Friedrichs I. dabei
von allen christlichen Chronisten nicht als schlechter Tod oder sogar als guter
Tod geschildert wurde. Die muslimischen Quellen sahen darin hingegen die
gerechte Strafe Gottes. Trotz der Todesumstände konnten die christlichen
Schreiber durch narrative Strategien ihr Bild von einem großen Herrscher auf-
rechterhalten. Die Grablegen in fernen Ländern passten zu dieser Ansicht und
trugen später zu seiner Entrückung bei.
In welchem Ausmaß die Folgen das Ereignis in den historiographischen
Quellen überschatten können, führt der Tod Heinrichs VI. vor Augen. Auch
wenn bei ihm, ähnlich wie bei Konrad IIL, eine Vorerkrankung breit doku-
mentiert ist, kann auch hier kein Zusammenhang zum Tod sicher nachgewiesen
werden. Der Tod des Kaisers und Königs von Sizilien wurde in beiden Reichen
vor allem mit Blick auf die daraus resultierenden militärischen Auseinander-
setzungen gesehen. Die Einbettung in diese Wahrnehmung vom anschließenden
Niedergang verdrängte die Todesumstände in den historiographischen Quellen
nahezu vollständig. Darin zeigt sich erstmals eine Eigenheit, die den Toden der
späteren staufischen Könige ebenfalls zugeschrieben wurde: Sie wurden als
maßgebliche Einschnitte in die Lebenswelt der Zeitgenossen eingeordnet. In den
wenigen Zuschreibungen wurden regionale Unterschiede deutlich: Südlich der
Alpen berichteten die Quellen separat von einem Attentat auf den Kaiser und
darauffolgend von seinem Tod. Nördlich der Alpen wurden diese Informationen
vermischt und teilweise von einem Giftmord berichtet. Der Tod Heinrichs VI. ist
der erste Fall im Untersuchungszeitraum, in dem sich diese Vermischung zeigt.

2298 Zu diesem Motiv bei den Toden früherer Herrscher siehe S. 48 Anm. 201. Bei späteren Herrschern
findet sich diese Form der Nachfolgerbestimmung nicht mehr.

2299 Siehe S. 371 Anm. 2178.
 
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