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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0459

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Anhang: Bestattungen, Grablegen und Gebeine

und des Verlusts seines Vaters in der Fremde sollte getilgt werden, dies betonen
die hagiographisch anmutenden Schilderungen in der Historiographie. Der
Triumph des Sohns über die Feinde des Vaters wurde damit vollständig. Der
Bezugsrahmen hierbei blieb jedoch die Herrschaft über Holland. Das Königtum
Wilhelms wird nur sporadisch erwähnt. Die Umbettung König Wilhelms ist
somit mehr eine gerulfingische Familienangelegenheit, womit sie eine Beson-
derheit darstellt.
Etwas mehr als hundert Jahre nach Friedrich II. bediente sich Heinrich VII.
ebenso der Umbettung seiner Vorgänger und der Speyerer Grablege, jedoch mit
anderer Absicht. Im Gegensatz zu Friedrich musste sich Heinrich nicht gegen
einen Konkurrenten abgrenzen. Dem Luxemburger ging es nicht um Legitimi-
tätssteigerung, er musste auch keine Schmach tilgen, sondern er inszenierte sich
in Speyer als König, denn dies war es, was ihn mit den Toten verband. Im
Rahmen eines großen Hoftags bestattet er vor den Augen der Wichtigen des
Reichs seine beiden Vorgänger. Er beschwichtigt damit beide Parteien und zeigt
sich als Pfleger der königlichen Memoria sowie Friedensstifter. Hinter den Ku-
lissen agierte er dabei als geschickter Stratege, indem er die Legitimierungs-
wünsche der Angehörigen gegen Zugeständnisse eintauschte.
Eine zweite Bestattung königlicher Leichname kam aber nicht nur Menschen
zu Gute, sie beeinflusste auch Grablegen. Die Umbettung Heinrichs VI. und der
Abtransport der Porphyrsärge nach Palermo besiegelten das Scheitern der in
Cefalü geplanten Grablege und markierten damit auch den Sieg Palermos in
einem handfesten Streit. Speyer profitierte in fast noch größerem Ausmaß: Auch
wenn die Grablegentradition in den Köpfen fest verankert war, muss festge-
halten werden, dass sie auf Umbettungen angewiesen war. Von acht Königen,
die in Speyer begraben sind, wurden vier hier zweitbestattet. Die Umbettungen
erfolgten dabei in unsicheren Phasen: Als Friedrich II. seinen Onkel 1213 nach
Speyer bringen ließ, lag hier von den Staufern bislang nur Beatrix, die Frau
Friedrichs I. Drei staufische Könige waren nicht in Speyer bestattet worden, die
Tradition kann als unterbrochen bezeichnet werden. Dies gilt auch für die Um-
bettungen 1309, denn nach der Umbettung Philipps war lediglich Rudolf I. in
Speyer bestattet worden, bevor Adolf und Albrecht I. überführt wurden. Die
Umbettungen setzten somit in allen Fällen in schwierigen Phasen Impulse, die
die schwache Grablegentraditionen stärkten. Auch Middelburg erfuhr durch die
Umbettung König Wilhelms mehr Aufmerksamkeit, auch wenn das hier er-
richtete Grabmal mehr den Triumph Floris' V. denn das Königtum Wilhelms
symbolisierte. Im Umkehrschluss wurden mit einer Umbettung die ersten
Grablegen abgewertet. Im Falle Cefalüs wird fassbar, wie sich die Kirche aktiv
gegen diesen Bedeutungsverlust zu wehren versuchte. Rosenthal und Wettin-
gen, die ersten Grablegen der Könige Adolf und Albrecht, versanken als Be-
gräbnisstätten nach dem Verlust der königlichen Leichname wieder in der Be-
deutungslosigkeit. Und auch die Grablege König Wilhelms in der Fremde erfuhr
einen Wandel, denn sie wurde von einem Zeichen der Niederlage des Königs zu
einem Symbol vom Sieg seines Sohns.
Die Umbettung eines Königs erweist sich somit als aussagekräftiger Akt.
Friedrich II. bediente sich in strittigen Zeiten dieser Möglichkeit, um seine Le-
 
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