A 2. Zusammenschau
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Augen, dass es eine große Erwartungshaltung gab, die mit solchen Inszenie-
rungen genutzt werden konnte.
Elf der neunzehn hier behandelten Herrschern werden erhaltene Gebeine
zugeschrieben. Die Überreste Friedrichs I. sind bis heute verloren. Darüber
hinaus gibt es sieben Fälle, in welchen keine gesicherten Informationen über den
Verbleib bekannt sind oder die Echtheit angezweifelt werden muss. Die auf-
wendigsten medizinischen Untersuchungen wurden an den vermeintlichen
Gebeinen König Wilhelms vorgenommen. Es wurden einige Spuren gefunden,
die Echtheit konnte jedoch nicht bewiesen werden. Die Wilhelm zugeschriebe-
nen Knochen implizieren, dass diesem Mann ein kräftiger Schlag den Schädel
brach, was zum Tod führte. Dies stellt eine deutlich sicherere Aussage über die
Todesursache auf Grundlage der Gebeine dar, als es in den anderen Fällen
möglich ist. Der Grund dafür ist zunächst, dass die meisten Herrscher an
Krankheiten verstarben und diese kaum eindeutige Spuren an den Knochen
hinterlassen. Auch die ebenfalls aufwendigen Untersuchungen an den Gebeinen
Friedrichs II. führten in dieser Frage zu keinem Ergebnis. Lediglich anhand der
Heinrich (VII.) zu geschriebenen Knochen kann Lepra diagnostiziert werden. In
diesem Fall ist die Überlieferung und Zuordnung jedoch stark anzuzweifeln. Die
geringe Aussagekraft der Gebeine verwundert bei Opfern von Gewalttaten
umso mehr. Nicht nur, dass die tödlichen Wunden nicht ausgemacht werden
können, der unversehrte Schädel Philipps II. stellt auch die in den historio-
graphischen Quellen bei allen Toden durch Gewalteinwirkung oft angeführte
Kopfverletzung in Frage. Es lässt sich spekulieren, ob eine Kopfverletzung bei
gewaltsamen Toden nicht aufgrund der Dramatik und Ausdruckskraft zuge-
schrieben wurde. Offensichtlicher als mit einem zertrümmerten Schädel lässt
sich ein gewaltsamer Tod kaum inszenieren. Miniaturen von Schlachten oder
Zweikämpfen in bebilderten Handschriften scheinen diese Vermutung zu stüt-
zen.
Die Verortung der Grablegen und Gebeine in ihrer Lage, Aussagekraft und
Beziehung zur schriftlichen Überlieferung zeigt zunächst, dass beim Tod eines
Königs meist nicht der Wille oder eine dem Rang angemessene Grablege ent-
scheidend war, sondern der Todesort, familiäre Bindungen und die Situation
unter dem Nachfolger. Die Vorstellung, dass ein König an einem angemessenen
Ort ruhen müsse, sorgte vielmehr für eine hohe Zahl an öffentlich inszenierten
Umbettungen und manifestierte sich in den Fehlverortungen.
Die Untersuchung der Grablegen und Gebeine zeigt so die Auswirkungen
der Vorstellung einer als angemessen empfundenen Grablege, die in den
schriftlichen Quellen als Anzeichen eines guten oder schlechten Todes fungieren
kann. Während Erstgrab legen meist von anderen Faktoren bestimmt waren,
zeigen Umbettungen auf, wie diese Vorstellung aktiv genutzt werden konnte.
Was die Hoffnung betrifft, mittels der Gebeine Eindeutigkeit bei der in den
schriftlichen Überlieferungen durch Verformungen und Topoi kaum zu klären-
den Frage nach der Todesursache zu gewinnen, muss festgehalten werden, dass
dies bislang bei keinem der hier behandelten Könige gelungen ist. Es muss al-
lerdings darüber nachgedacht werden, ob ein unbeschädigter Schädel nicht eine
weitere oft genannte Todesursache als Topos entlarvt.
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Augen, dass es eine große Erwartungshaltung gab, die mit solchen Inszenie-
rungen genutzt werden konnte.
Elf der neunzehn hier behandelten Herrschern werden erhaltene Gebeine
zugeschrieben. Die Überreste Friedrichs I. sind bis heute verloren. Darüber
hinaus gibt es sieben Fälle, in welchen keine gesicherten Informationen über den
Verbleib bekannt sind oder die Echtheit angezweifelt werden muss. Die auf-
wendigsten medizinischen Untersuchungen wurden an den vermeintlichen
Gebeinen König Wilhelms vorgenommen. Es wurden einige Spuren gefunden,
die Echtheit konnte jedoch nicht bewiesen werden. Die Wilhelm zugeschriebe-
nen Knochen implizieren, dass diesem Mann ein kräftiger Schlag den Schädel
brach, was zum Tod führte. Dies stellt eine deutlich sicherere Aussage über die
Todesursache auf Grundlage der Gebeine dar, als es in den anderen Fällen
möglich ist. Der Grund dafür ist zunächst, dass die meisten Herrscher an
Krankheiten verstarben und diese kaum eindeutige Spuren an den Knochen
hinterlassen. Auch die ebenfalls aufwendigen Untersuchungen an den Gebeinen
Friedrichs II. führten in dieser Frage zu keinem Ergebnis. Lediglich anhand der
Heinrich (VII.) zu geschriebenen Knochen kann Lepra diagnostiziert werden. In
diesem Fall ist die Überlieferung und Zuordnung jedoch stark anzuzweifeln. Die
geringe Aussagekraft der Gebeine verwundert bei Opfern von Gewalttaten
umso mehr. Nicht nur, dass die tödlichen Wunden nicht ausgemacht werden
können, der unversehrte Schädel Philipps II. stellt auch die in den historio-
graphischen Quellen bei allen Toden durch Gewalteinwirkung oft angeführte
Kopfverletzung in Frage. Es lässt sich spekulieren, ob eine Kopfverletzung bei
gewaltsamen Toden nicht aufgrund der Dramatik und Ausdruckskraft zuge-
schrieben wurde. Offensichtlicher als mit einem zertrümmerten Schädel lässt
sich ein gewaltsamer Tod kaum inszenieren. Miniaturen von Schlachten oder
Zweikämpfen in bebilderten Handschriften scheinen diese Vermutung zu stüt-
zen.
Die Verortung der Grablegen und Gebeine in ihrer Lage, Aussagekraft und
Beziehung zur schriftlichen Überlieferung zeigt zunächst, dass beim Tod eines
Königs meist nicht der Wille oder eine dem Rang angemessene Grablege ent-
scheidend war, sondern der Todesort, familiäre Bindungen und die Situation
unter dem Nachfolger. Die Vorstellung, dass ein König an einem angemessenen
Ort ruhen müsse, sorgte vielmehr für eine hohe Zahl an öffentlich inszenierten
Umbettungen und manifestierte sich in den Fehlverortungen.
Die Untersuchung der Grablegen und Gebeine zeigt so die Auswirkungen
der Vorstellung einer als angemessen empfundenen Grablege, die in den
schriftlichen Quellen als Anzeichen eines guten oder schlechten Todes fungieren
kann. Während Erstgrab legen meist von anderen Faktoren bestimmt waren,
zeigen Umbettungen auf, wie diese Vorstellung aktiv genutzt werden konnte.
Was die Hoffnung betrifft, mittels der Gebeine Eindeutigkeit bei der in den
schriftlichen Überlieferungen durch Verformungen und Topoi kaum zu klären-
den Frage nach der Todesursache zu gewinnen, muss festgehalten werden, dass
dies bislang bei keinem der hier behandelten Könige gelungen ist. Es muss al-
lerdings darüber nachgedacht werden, ob ein unbeschädigter Schädel nicht eine
weitere oft genannte Todesursache als Topos entlarvt.