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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0045

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P H A E T O N. m
zur Erde. Das Graas fanget schon an zu verdorren, das Getreyde und die Bau-
me verbrennen, die Hülse und Brunnen trocknen aus, die Fische fachen Zussucht
in der eusersten Tiefe des Meeres; ja die Walder, Städte und Berge werden vom
Feuer verzehret. Die (chmachtende Erde, welche ihren ganzlichen Untergang
vor Augen siehet, erhebet ihr fand so sruchtbahres Haupt und sühret gegen den
Obersten der Gotter die bittersten Klagen. Jupiter erbarmet sich über ihren jam~
mer-vollen zustand, nimt alle Gotter zu Zeugen , ja die Sonne selbft, dafs ihn die
äuserste Noth antreibe , ein geschwindes Mittel wider diefes dringende Elend zu
gebrauchen, hierauf steigt er so hoch er kan, aus den Olympus hinaus, und rühret
den Phaeton mit seinem Blitz , wodurch er des Lebens beraubet und von seinem
Wagen herunter geworfen wird. Der Po-Fluss, damahls Eridanus genannt, nahm
den toden Corper dieses unglückseeligen Prinzen auf und die Hefperischen Waf.
ser-Nymphen statteten ihm die lezte^Ehre ab und sezten nachsolgende Schrifst
aus sein Grab:
Hier lieget Phaeton, welcher einmahl den Wagen seines
Vaters gefuhret. Ist gleich sein edelmuthiges Unter-
nehmen nicht nach Wunsche abgelaufen, so gereicht
es ihm doch zur ehre, dass er so was gewaget hat.
Ovid. Met. 1. x. vs. 317,
ERKLÄRUNG DER FABEL.
Die Gefchlechts-Tafel des Phaeton ift sehr verwirret. Ovidius und Lucianus
nennen ihn einen Sohn der Sonne und der Clymena. Andere fagen die Nymphe
Rhode war feine Mutter gewefen. Er ift ein Sohn des Cephalus und der Aurora,
wenn Hefiodus6, Paufanias und Appoliodorus recht haben. Diefer leztere 7 machet
den Cecrops zum Urgros-Vater des Phaeton, welcher 1581. Jahre 8 vor Chriftj
Geburth gelebet und regieret hat.
Die Hiftorie feines Todes, ob solche gleich Apollonius9, Tzetzes 10, Philostra-
tus und Ovidius erzehlen, fcheinet doch mehr nicht als ein Mahrlein zu seyn. Es
haben aber doch einige Scribenten den Grund davon in der Hiftorie gefuchet,
weswegen wir nun ihre Muthmafungen erzehlen wollen. Einige haltens vor eine
figürliche Befchreibung einer ungewöhnlichen Hitze, welche zur Zeit des Phaeton
foll gewesen feyn , und gründen fich auf das zeugniss des Ariftoteies 11, welcher
aus einigen alten Scribenten anführet, dafs Feuer vom Himmel gefallen , welches
viele Lander verwüftet. Eufebius faget, dafs diefer Zufall fich zu Deucalions Zei-
ten begeben habe. Plutarchus 11 will verfichern , dafs ein Konig über die Thef-
protienfer und MololTen geherrfchet, welcher Phaeton geheifen. Es wird gefa-
get, dafs er fich der Stern-Kunft beflissen, daher man ihn einen Sohn der Sonne
genennet, gleichwie man die Poeten Kinder des Apollo heift; und dafs er diefe
entfezliche Hitze, welche fein Königreich fo verbrandt, vorhergesaget habe. Man
fagt
ANMERKUNGEN.
demnach w leicht gewahr, dafs der Poet in die Erzehlung dieser 10. Tzetzes.] Johann Tzetzes Chüiad. IV. Hift, 134;
Fabel vielDinee aus derNatur-lehre und aus der Stern-Kunft mit 11. Aristoteles.] in Meteor.
cingemifchet habe Plutarchus.] Seme Worte lauten (a) also : „ Einige
I. Hesiodus.] Theog. vs. 986. 087. » Gefchichtfchreiber erzehlen,da«s l'hacthon nach der Stfndssutb,
7. Dieser leztere.] Apollodorus L. III. » über die Thefprotienfer und Moloisen geherrfchet, und dass
8 «81 Jahre.] v. Petavii Rationar. Temp. P.II. L. 2. c. 8. » Wiesel Prinz einer von denen gewefen , welche mit den. Pel**
9. Apollonius.] Argonaut. Ut>. IV. » gLls nach EPirus Rommen.
(4) In Pyrrbe init.
 
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