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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0056

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XI

29

PAN
UND
S Y R I N X.
Panaque, cum prenfam fibijam Syringa putaret,
Corpore pro Nymphe calamos tenuijfe palußres.
Ovid. Met. i. vs. 705.
Nt er denen Wald-Nymphen , welche in Arcadien in der Gegend
der Stadt Nonacris wohnen, war einsmahls eine, Nahmens Synnx,
welche den Vorzug unter allen hatte. Sie hatte unzehlige mahle
mit den Liebes-Veriprechungen der Satyren und anderer Wald- und
Feld-Gotter ihren Spott getrieben. Sie verehrete die Gottin Diana,
und also wolte sie auch nach deren Exempel Jungser bleiben: was diese Göttin
wolte, das wolte Tie auch: sie ahmte ihr in der Kleidung nach; und man wurde sie
gar leicht vor die Diana selbst angesehen haben, wenn ihr Bogen nicht von Horn,
sondern, wieder Gottin ihrer, von Golde gewesen wäre: wiewohl sich dennoch
auch hierinne viele betrogen. Der Gott Pan 1 trof sie eines Tages an , da sie eben
vom Berge Lyceus herunter kam. „ Schonfte Nymphe , sagte er zu ihr, gicb
„ doch dem Verlangen eines Gottes Gehör, welcher dich zu feiner Gemahlin
„ machen will." Syrinx , welche bey solchen Reden taub war , begab (ich fo
gleich auf die Flucht. Sie lief, was sie konte bis an den Rand des Flusies Ladon,
a und weil sie sahe, dafs sie vor dem FlulTe nicht weiter laurfen konre, fo ersuchte
sie ihre Schwestern die Najaden oder WalTer-Nymphen, sie mochten ihr doch eine
andere Geftalt geben. Pan, welcher fie unablässig versolget hatte, wolte sie eben
in feine Arme falten : allein da hatte er lauter WaiTer-Rohr umsallet. Dieses
machet, dafs er feüfzet, worauf das Rohr durch diefe Lusft-Bcwegung einen sach-
ten kläglichen Laut von fich hören lies. Pan wurde durch die Annehmlichkeit
diefes Geleutes sehr gerühret, und durch die neue Kunft , welche er fo zufäüiger
Weife gelernet befonders erfreuet, dafs er auch ausrief: „ Wenn ich dich denn
„ nicht foll zur Gemahlin haben , so folstdu mir doch nicht verwehren , dafs ich
„ mich immerfort mit dir auf diese neue Art unterreden möge/' Hierauf nahm
er etliche Stücken Rohr von ungleicher Länge und machte fie mit Wachs an einan-
der fefte, woraus denn die PfeifFe von ihm zuerft erfunden wurde, welche fo wie
diefe Nymphe genennet wird.
ERKLÄRUNG DER FABEL.
Die Alten halten alle mit einander den Pan vor den Erfinder der Pfeife mit sie-
ben


ANMERKUNGEN.
I. Pan.] Einige fagen, er sey ein Sohn des Himmels und der Mutter aber die Penelope. Nonnus rechnet wohl 2.Wolf pcrs0.
Vesta, und habe mit seiner Gemahlin JEep, welches so viel als nen her, welche Pan geheillen.
eine Ziege heift , einen Sohn geieuget nahmens iEgipan , wel- t~ Ladon ] Diefes ift ein Fluss in Arcadien , wie Plinius
eher von dem Jupiter entführet worden. Cicero fagt, fein Vat- Ovidius, Apollodorus und Strabo bezeugen,
ter scy Mercurius der Dritte diefes Nahmens gewefen , feine
 
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