Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0091

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XXII. 5:
OENEUS
ODER DAS
CALYDONISCHE WILDE SCHWEIN.
-.-- $0ias ßne thure relißas
Prtfteritas ceff äffe serunt Latoides aras.
- Oeneos ultorem fpreta per agros
Mißt aprum.
Ovid. Met. 8. vs. 2.77. & z8i.
Eneus % Konig in Calydon , 2 hatte von den Gottern ein geseegne-
tes Jahr erbeten , daher er Ihnen seine Dankbarkeit bezeigen wolte.
Er weyhete demnach die Erstlinge der Feldsrüchte der Ceres , den
ersten Most dem Bacchus, und die neuesten Oliven der Minerva: al-
lein auf dem Altar der Diana zündete er gar keinen Weyrauch an.
Diese Gottin nun wurde über sothane Verachtung so erbittert, dass sie deswegen
ein entsetzliches wildes Schwein in die Calydonischen Fluren kommen lies. Seine
Au gen waren roth und funkelnd, die Borsten auf leinen Kopfe und Rucken stun-
den nicht anders da als Pfeile : Der kochende Schaum aus seinem RüssTel färbete
ihm die Buchen oder Schultern ganz weis: seine Hauer waren so gros als Elephan-
ten-Zahne und der Dampf aus seinem Rachen verbrante Gras und Blumen. Da es
nun entweder das kaum aus der Erde hervorkeumende Getreyde zu Schande trat,
oder selbiges, wenn es fall reif zur Emde war, wegfras, so brachte es öfters den
Ackermann auf einmahl um alle seine Hofnung. Es schonete weder Wein- noch
Ohlberge. Die Schäfer-Hunde wie auch selbst die grimmigsten Stiere konren
die Heerden nicht gegen seine Wuth beschiitzen. ledermarin flöhe vor ihm und
in den Städten selbst hielten sich die Leute kaum vor sicher genug. Indem nun
dieses Ungeheuer allerwegen Schaden anrichtete, und alles mit schrecken anfüllte,
fasfete Meleager den Entschluss, diese Gegenden davon zu befreyen. Es begleite-
ten ihn ein Haufen junge Edelleute , welche gleichwie er von der Ehrbegierde an-
gefrischet wurden. Atalanta 3 die Zierde der Stadt Tigaea und der Arcadischen
Wal-


A N MERKUNGEN.

1. Oeneus.] Er war cm Sohn des Parthaon und der Eurite.
Von feiner eriten Frau Althaea hatte er nebst andern Kindern
den Meleager und die Dejamra , welche an den Hercules verhey-
rathet wurde, und welche andere zu einer Tochter des Bacchus
machen. Als Althxa dahin war , nahm er die Peribsea eine
Tochter des Hipponous, und diefe gebahr ihm den Tydaeus den
Vater des Diomedes , und den Menalippus oder Pifander , wel-
chen Tydxus aus Verfehcn ums Leben brachte. Diejenigen wel-
che den Bachus zum Vater der Dejanira machen , erzehlen , dafs
diefer Gott als er einstens bey dem Oeneus eingekehret, sich in
Alttea verliebet habe; und da Oeneus folches gemerket, sey
er fo hossich gewefen und ein wenig aufs Land verreiset: wofür
mm Bachus zur Erkentlichkeit die Kunft Weinftocke anzulegen
gelehret.
2. In Calydon.] Calydon war eine stadt in iEtolien, wovon

der Wald, davon hier die Rede ift, benennet worden. r/
3. Atalanta.] Sie war eine Tochter des Jafius, Königs in
Arcadien. Man muss fie nicht mit einer andern Atalanta ver-
mengen, welche denjenigen zum Gemahl nehmen wolte, welcher
sie im Wett-Laufe übertresfen wurde, und hernach von demHip-
pomenes uberwunden wurde , dieweil sie fich mit dem Außefen
der goldenen iEpfel verweilete, welche er in den Schranken von
fich wars. Dieie nun war eine Tochter des Schcenxi , Königs
zu Scyros. In der Erzehlung, die Ovidlus von diefer Jagd thut,
liefet man in einigen Editionen:
Vemt Atalante Scheinet puhherrima virgo.
Alleine in den allerbeften Manufcripten rindet sich dieser Vers
nicht , daher auch die geiehrteften Ausleger darinne einig find,
dafs er mulle ausgemerzet werden.
 
Annotationen