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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0116

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74 DIE GEBURTH UND DIE
mit in dem Lager der Griechen vor Troja war, da er von dem Sarpedon ums
Leben gebracht wurde.
Hercules nahm die Dejanira gleich im ersten Jahre , da er an dem iEtolischen
Hof gekommen war. In eben demselbigen Jahre nahm er dem Konige der Thes-
proten die Stadt Ephyre weg. Diese Stadt, welche nachher Cichyrus genennet
worden, war an dem Ufer des FlulTes Cocytus gebauet, desgleichen an dem See
Acherusia , welcher sein Wasser aus dem Flusse Acheron kriegte. Daselbst nun
regierte Aidoneus, wie Pausanias will, eben dcrselbige, dem Theseus seine Frau
Persephone entfuhren wolte : Plutarchus nennet ihn einen Konig der MoloiTen ,
welche in der Nachbarschaft der Thesproten wohnten und in ihrem Lande das
Dodonische Orakel hatten. In Thesprotien selbst aber war ein berühmtes Toden-
Orakel: daher die Poeten den Aidoneus mit dem Hades oder Pluto vermenget
haben. Allem Ansehen nach hat Hercules in diesem Feldzuge den Theseus aus der
Gefangenschaft des Aidoneus erloset.
Als Hercules fünf und vierzig Jahr alt war, und sechs und fünfzig Jahre vor
der zerstorung von Troja , wurd ihm sein Sohn Hyllas gebohren ; und in eben
diesem Jahre muste Hercules wegen eines ohne Vorsatz begangenen Mordes aus
ifctolien entlaufen , iedoch nahm er seine Gemahlin Dejanira und seinen Sohn
Hyllas mit. Auf dieser Reise nun war es, da ihm der Pferde-Mensch NelTus den
Streich spielte , und Dejanira das Unglücks-volle Geschenk von ihm erhielt, delTen
Würkungen weltkundig geworden lind.
Hierauf begab er sich nach Trachyna zu dem Ceyx. Seine Kriegsleute,
folgten ihm auch dahin, wozu er aus Arcadien noch eine Parthey neue Sol-
daten kommen lies und einen Krieg mit den Driopen anfieng , welches er
dem Dorischen Konige /Egimias zu Gefallen that: er überwand auch die La-
pithen, welche mit eben demselbigen Fürsten in Unfriede lebten. Mit die-
sen Thaten gieng etwa aufs hochste sein fünf- und sechs- und vierzigstes Le-
bens Jahr dahin.
Dieser Held nun liebte seine Dejanira nicht sonderlich , und weil er sich
auf seiner Pilgrimschaft nicht langer mit einer Frau schleppen wolte , die er
nur geheyrathet hatte , um einen lichern A ufenthalt zu haben, welchen er aber
durch solche Heyrath nicht einmahl erhalten ; so dachte er auf eine andere
Verbindung. Er lies Anwerbung thun um die Astydamia, Tochter des Or-
menius, Königs der Pelasger in Thelsalien: als selbige aber ihm abgeschlagen
wurde, überzog er delTen Land mit Krieg , nahm seine Haupt-Stadt ein, brach-
te ihn selbst um , und führte die Tochter gefangen hinweg. Als er damit
fertig war , und doch ein zahlreiches und wohlgeübtes Kriegsheer unter sich
hatte , welches er als ein Herr ohne Land anders nicht als durch Krieg und
Plünderungen versorgen konte, nahm er sich vor , selbiges in Oechalien wieder
die Kinder des Eurytus zu Felde zu führen. Die Ursache des Krieges nahm er
daher, dieweil sie ihm ehedem ihre Schweiler Iole nicht hatten geben wollen.
Er lies zu seinen Arcadiern noch auch Dorische, Locrische und Trachynische
Volker stosen , mit welchen vereinigten Truppen er dem Kriege gar bald ein
Ende machte. Die Stadt Oechalien muste sich ergeben, die Eurytischen Kinder
musten mit dem Leben bezahlen , und Iole wurde eine Beute des Hercules
Die Erblickung dieser Prinzestin brachte in seinem Herzen das Liebes - Feuer,
welches die Zeit nicht gänzlich ausloschen können, gar bald wieder in Flam-
men; Dejanira aber, welche befürchtete, sie mochte einen Scheide-Brief kriegen,
glaubte, dass es nun Zeit sey , das Liebes-Mittel, so ihr der Centaurus, Nestus,
gegeben , vor die Hand zu nehmen. Dean weil sie in der festen Einbildung
stund, durch diescs Kunst-Stück das Hertz ihres Gemahls vor fich allein zu
be-
 
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