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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0122

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XXVII.

79

CASTOR und POLLUX,

ODER

D I E ZWILLINGE

Fratrem Pollux alternä morte reäemit^

Itque reditque viam toties.

Virg. JEndd. 4. vs. izi


Eda 1, eine Gemahlin des Spartanischen Königs Tyndarus badete
fich eines Tages in dem FlinTe Eurotas \ Jupiter, welcher sie lieb
hatte, aber noch kein Gehör bey ihr sinden können , verwandelte
{ich in einen Schwan, und befahl der Venus, dafs sie die Geftalt ei-
nes Adlers annehmen , und ihn verfolgen mufte, da er denn dieser
Furstin in die Arme flog. Ob fie nun fchon bereits schwanger war , so waren
doch die Umarmungen diefes Gottes nicht ohne Frucht. Sie brachte zwey 3 Eyer
zur Welt, aus dem einn fliegen Caftor und Clytemneftra , die Kinder des Tynda-
rus, und aus dem andern Pollux und Helena4, des Jupiter seine, hervor. Caftor
und Pollux, ob fie gleich von fo unterfchiedenen Vätern waren, machten sie fich
doch alle beyde durch Tapferkeit berühmt, und lebten in so genauer Vereinigung,
dafs man fie mit Recht als ein Mufter bruderlicher Liebe anfehen konte. Jener
that {ich in der Kunft , Pferde zu zahmen und abzurichten , hervor , diefer aber
in kämpfen und ringen K Sie leideren dem Jafon Gesellfchaft, als er das goldene
Vlies hohlete , und aus der Ruck-Reife von diefer Verrichtung, fezten fie ihre
Schweiler Helena, welche Thefeus entführet hatte , wieder in Freyheit und zuch-
tigten die Athenienser, welche diefem Helden zu Gefallen die Waffen ergrifsen
hatten. Endlich wurden fie beyde verliebt in die Phcebe und Thclaira, Tochter
des Leucippus 6, ihres Vetters oder Ohms, und Bräute des Idas und Lynceus,
und raubeten felbige. Diefe beyden Prinzen aber verfolgten die Räuber und gien-
gen ihnen auf den Leib , da denn Caftor zwar dem Lynceus das Leben nahm,
aber
ANMERKUNGEN.
1. Leda.] Sie war des Theftius seine Tochter. Einige My- „ war Castor. AP. Wie kanst du sie aber bey so groser Gleich-
thologiften oder Fabel-Ausleger fagen , Jupiter fey nicht in sie , „ heit von einander kennen. Merc. Pollux hat viele Narbe«
fondern in die Nemefis , Tochter1"des Oceanus / verliebet wor- „ im Gesichte , die er im Ringen , absonderlich von dem Be-
den ; diefer Gott habe sich hieraus in einen Schwan und seine „ bryx , auf der Argonauten-Reise empfonsen hat. AP. Es ift
Geliebte in eine Gans verwandelt, und als sie das Ey , so lic „ mir lieb , dass du mir diesen Umftand lägeft , denn weil sie
hierauf geleget, in einem Moraste alleine liegen lasfen , habe es „ beyde ihre Eyer-Schale , ihr wcises Pserd , ihren Wurs-spies
ein Schafer gefunden und der Leda gebracht. „ und Stern haben , so habe ich sie immer mit einander ver-
2. Eurotas.] Diefer Flufs ist in Laconien. „ wechselt.
3. Zwey Eyer.1 Diefe Fabel defto glaublicher zu machen , 4- Pollux und Helena.] Sie wurden Tyndarides das ist
trugen Caftor und Pollux Helme, welche der Helfte von einem Tyndarische Kinder genennet, so wohl als die zwey andern, ob
Ey nicht ungleich sahen. Sie werden gemeiniglich mit einem sie gleich Jupiter solte gezeuget haben.
Sterne aus dem Helme mit Wurs-Spiefen in der Hand und auf 5. Und ringen.] Er tödete den Amycus, weicheraus dein
Schimmeln reitende abgcfchildert. Lucianus spricht von ihnen Kamps-Platze zu Ceste jedermann heraus soderte ; er behielt
in dem Gespräche Zwilchen dem Apollo und Mercurius also auch den Preiss aus den Olympilchen Spielen: daher man inn als
„ Apollo: Lerne mich doch den Castor und Pollux unterschei- einen Patron und Vorsteher der Fechter ansalle.
3, den , denn weil fie einander fo gar gleich sehen, so irre ich 6. Lsucippus.] Er war ein Bruder des Tyndsuus.
j, mich immer damit. Merc. Der geltem bey uns war , das
7. So
V z
 
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