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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0179

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120

ATLAS.

dem entsetzlichem Atlas an Stärke nicht gewachsen sey, kriegte er sein Me-
dusen-Haupt hervor, „ Hier hastdu den Lohn, Tagende, vor deine Verachtung",
indem er ihm selbiges vor die Augen hielt. Atlas wurde dadurch so gleich
in einen Berg verwandelt, und sein Leib schoss unter solcher Geftalt fo in die
Hohe, dass er endlich dem geftirnten Himmels-Gewolbe zur Stütze dienen
konte.
ERKLÄRUNG DER FABEL.
Atlas 1 war ein Sohn des japetus und der Clymena und ein Bruder des Pro-
metheus und Epimetheus. Wiewohl andere vorgeben , seine Mutter sey die
Asia oder Asope , oder auch die Libya gewefen. Man hat auch gefaget, er
sey ein Sohn des Himmels und der Erde. Wir haben sonft drey Fürsten ,
welche den Nahmen Atlas gesühret. Einer hat in Italien regieret, der andere
in Arcadien und der dritte in Mauritanien. Und von diefem lezteren ist hier
die Rede; oder vielmehr, nach der Meynung eines heutigen Gelehrten3, von
einem seiner Nachfolger gleiches Nahmens : indem Perfeus und Hercules, de-
ren in dieser Geschichte Erwähnung gefchiehet, viel später gelebet haben. Jedoch
dem sey, wie ihm wolle, genug als Atlas den Perfeus nicht in seinen Landen dul-
ten wolte, bekriegte ihn diefer und trieb ihn so in die Enge , dals er sich in das
Gebürge verftecken mufte, da er sich dann der Stern-Kunft bessisse: daher die Poe-
ten gedichtet, dafs er den Himmel auf feinen Schultern getragen. Ihme wird auch
die Erfindung der Künftlichen Himmels-Kugel oder Sphaerse, desgleichen der Schif-
farth zugefchrieben.
Sonft liefet man, als ob Hercules ihn eine Zeit lang abgeloset und den Himmel
an Statt feiner getragen habe: dieweil diefer Held ihm in feinen Kriegen kräftigen
Beyftand geleiftet; oder weil ihm Atlas die Sternfeher-Kunft gelehret und hernach-
mahls die Betrachtungen feines eigenen Lehrlings sich zu Nutze gemacht.

ANMERKUNGEN.
2. Atlas.] Er hatte Geben Tochter , Nahmens Maja , Elec- Einige geben ihn auch vor einen Vater derer Kyaden aus , die
tra, Akyone oder Alcinoe, Celeno, Taygete, Sterope oder Afterope also genennet werden nach ihrem Bruder Hyas, welcher an einem
und Merope • welche die Flejaden nach dem Nahmen ihrer Mutter Schlangen-Bifs geftorben oder von einem wilden Thiere zerrisien
Fleione genennet wurden. Selbige wurden in die heben Sterne worden. Seine Schweftern nahmen diefen Trauerfäll fo zu Her-
verwandelt , die man auch Plejades nennet: welches Gedichte Zen, dass sie vor Betrubniss auch den Geift ausgaben. Nach ih-
vermuthlich daher gefchmiedet worden , dieweil Atlas diese Ster- ren Tode nun wurden fie in das Gestirn, fo man die Hyades nen-
ne zu erst entdecket und sie mit den Nahmen feiner Tochter be- net, verwandelt. Uber ihrer Anzahl wird noch gestritten: denn
zeichnet. Man pfleget dabey zu erzehlen , Jupiter habe fie um einige zehlen ihrer sünfe , die sie Pheole , Coronis , Cleie, EnJere
des willen an den Himmel gefetzet, damit fie der Versolgung des und Pheo benahmen. Wozu andere noch die Phtleto , Thyene ,
Orion entgehen mochten , dieweil das Gestirn Orion , welches Prodyk, Ambroßa, Polyxo und Phxfyle setzen,
am Schwänze des Stiers ist,die Plejades, welche aus dessen Kop- 3. Heutigen Gelehrten.] Das ift,des Herrn Abts Banier
se erscheinen, gleichsam versolget. in seiner Expiration Hiftorique des Fables.


XLIV. DER
 
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