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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0187

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126

A M P. H I O N

„ den Laius des Labdacus Sohn, auf {Ich nehmen rauste. Wahrend dieser lezten
„ Vormundschafc nun kamen Amphion und Zethus mit vieler Mannschast und
„ bemächtigten sich des Reiches. Sie liesen sich mit dem Lycus in ein Treffen
„ ejn und trugen den Sieg davon. Als sie nun Meister von dem Königreiche wa-
„ ren, so hiengen sie an die Cadmeische Stadt noch die Unterstadt an, welche sie
„ ihrer Mutter Schwerter Thebe zu Ehren, Thebe nenneten. Homerus erzehlet,
„ dass sie die Stadt mit sieben starken Thoren verwahret und °dals sie auch Thurne
„ an den Mauren gleich weit von einander gesetzet; ohne welche Vorsichtigkeit,
„ wie er schreibet, so mächtig sie auch waren , sie doch diefe grose Stadt nicht
„ sicher wurden haben bewohnen können. Dieser Poet saget nicht ein Wort7 von
„ der wunderbahren Stimme des Amphion , noch dass sich die Mauren zu The-
„ ben auf den Klang seines Sayten-Spiels ausgerichtet hatten. Ich vor meine Per-
„ son glaube, dass Amphion nur um deswillen vor so einen grosen Kiinftler8 im
„ Singen und Spielen auf Sayten gehalten worden , dieweil er als ein Anverwand-
„ ter des Tantalus die Music der Lydier gelernet, und deren angenehme Tone zu
„ den Griechen gebracht, auch zu den vier Sayten, womit das Sayten-Spiel, Lyra
„ genannt, damahls schon bezogen war, noch drey neue hinzu gethan. Inzwi-
„ schen saget der, so das Gedichte auf die Europa gemachet, dass Amphion sein
„ Spielen auf der Laute von dem Mercurius gelernet habe und dass er so unver-
„ gleichlich musiciren können , dass ihm die wilden Thiere, ja selbft die Steine
„ nachgefolget. Myron von Byzanz erzehlet, Amphion sey der erfte gewesen,
welcher dem Mercurius einen Altar aufgerichtet, weswegen dieser Gott, um
„ seinen Andachts-Eyfer zu belohnen , ihn mit einem Sayten-Spiele beschenket.
„ Andere sagen , dass er in der Holle leyden musse, dieweil er die Latona 9 und
„ ihre Kinder auch mit verspottet.
Ausfer dieser Stelle nun, welche wir hier mitgetheilet haben , wird zu Erklä-
rung der Fabel vom Amphion wenig mehr zu sagen seyn. Dieses war aber wey-
land der Gebrauch, dass wenn eine Prinzessin einen Liebes-Fehler begangen, man
solchen Zufall einem von den Gottern Schuld gab. Derowegen haben nun auch
die Poeten den Amphion und Zethus vor Sohne des Jupiter ausgegeben. Dass
aber der erstere die Mauren zu Theben auf eine so wundervolle Art foll gebauec
haben , dass will unsehlbar so viel sagen , dass Amphion durch eine angenehme
Beredsamkeit ein grobes Volk, das aus dem Lande wohnete, zu bereden gewuft,
dass es in eine Stadt gezogen und felbige mit Mauren umgeben, damit sie vor den
Einsallen eines Feindes bedekt wohnen mochten. Hiezu konte noch gesetzet wer-
den , dass diefer Herr unvergleichlich schon aus der Harfe oder Laute fpielen
können.

ANMERKUNGEN.
j. Nicht ein Wort.] Welches ein augensehenlicher Be-
weis ist, dafs diefe Fabel erlt nach den Zeiten des Homerus ift
gefchmiedet worden : denn wäre felbige , wie Mad. Dacier gar
wohl errinnert hat , zu diefes Poeten Zeiten schon bekant ge-
wefen , lo wurde er nicht unterlassen haben , fein Gedichte da-
mit ausschmücken.
8. Grosen .Künstler.] Ein gewisser Egyptier, dessen Pau-
(a) Lifa. S.

(7LMeidUKg thM' hldt dasSr> AmPW°» ™<1 Orpheus
waren zwey Zauberer gewefen , welche mit ihren starken Be-
schworungen einer den Steinen, der ändere den wüden Thieren
gebieten können.
zufehen1E LaTONA-] Hievon ist die gleich solgende Fabel nach-

XLVI. NIO-
 
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