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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0222
* DIE HOELLE. 151
durch welches man in das Reich des Pluto eingehet. Dafelbft laß Cerberus aus
seinen drey Kehlen ein entsetzliches Gebelle hören. Von dar kommt man zu der
Wohnung der Kinder , welche so srühzeitig gestorben find , dafs sie nichts von
den Süsigkeiten dieses Lebens schmecken können. Nicht ferne von selbigen sindet
man die unschukligen Seelen , welche durch salsche Anklage in die andere Welt
geschicket worden. Etwas weiter hin sind die Seelen derjenigen , welche ohne
etwas schandliches begangen zu haben, sich mit ihren eignen Händen umgebracht,
dieweil sie des Lebens uberdrüssig geweTen. Hieraus kriegt man das Feld der Seuf-
zer und Thränen zu Gelichte. Auf diefem sind solche Perfonen, welche die grau-
same Liebe mit ihrem Feuer verzehret hat. Sie suchen daselbft die Einfamkeit und
sinden Vergnügen daran, dass sie in einem dunkeln Geholze von Myrrhen öf-
ters herum gehen. Ihre Verdrüslichkeiten angftigen sie auch noch nach dem
Tode. Wenn man durch dieses Geholze durch ift , so komt man auf den
Platz, da fich die Kriegsleute besinden. Weiter hin aber theilet sich die Strafe
in zwey Wege. Der zur rechten gehet nach dem Palasl des Pluto zu, durch
welchen man in die Elyseifchen Felder gelanget. Linker Hand aber ift der Tarta-
rus oder derjenige Ort, welcher zur Beftrafung der Missethather und Pein der
Gottlofen beftimmet ift. Zwifchen diefen zwey Wegen ift die State, wo Mi-
nos, /Eacus und Rhadamantus Gerichte halten. Hielelbst sragen diefe strengen
aber auch billigen Richter die Toden alles auf fchärsfte aus und sprechen einem
ieden die verdiente Strafe oder Belohnung zu. Da muffen die Bofen ihnen alle
die Ubelthaten bekennen , an deren Vertuschung fie auf der Welt eine eigene
wiewohl nichtige Luft gefunden haben und welche fie nun durch eine allzulang
verfchobenc Reue nach dem Tode noch bufen muffen.
Der Tartarus ist ein unerhort-grofes Gefangnifs mit einer dreysachen Mauer
umgeben. Der Phlegethon , ein Schwefel-Flufs , welcher mit feinen Flammen
und den brennenden grofen Steinen, die er fortrollet, ein entfetzliches Geknif-
ter und Gepraffel machet, umgiebt es von allen Seiten. Der Eingang davon ift
fehr geräumig und deffen Gefimfe ruhet auf diamantnen Seulen. Oben darauf
flehet ein ungemein hoher eiferner Thum. Tisiphone in ihren mit Blut befleck-
ten Kleide halt an diefem Thore Tag und Nacht die Wache, ohne ein Auge zu-
zuthun. Man kan von dar das Gefchrey der verdammten, das Geraffel ihrer Ketten
und das unaushörliche Schlagen ganz vernehmlich hören. Rhadamanthus infon-
derheit ift Vorfteher diefer traurigen Gegend. Er ordnet die Art und Grofe der
Marter an , welche die Miffethäter auszuftehen haben. So bald das Urtheil
gesprochen ift, fängt Tisiphone, mit einer grofen Ruthe in der Hand, an,
diefe ungluckfeeligen zu verfpotten und fie zu fchlagen; in der linken Hand
aber hat diefe Furie eine Menge Schlangen , womit fie felbige berühret und
serner, nebft ihren verteufelten Schweftern ihnen alles gebrante Herzeleid an-
thut. Der Vorhof diefes abfeheulichen Gesangniffes wird von einem Unge-
heuer bewachet , welches auf einmahl fünfzig begierige Mäuler aufsperret.
Hieraus ift der Abgrund des Tartarus oder der rechten Holle zu fehen. Die-
fer gehet zweymahl fo tief hinunter, als der Himmel von der Erde entfernet ift.
In dem unterften Schlünde liegen die Titanen, die tollkühnen Erden-Kinder, die
Jupiter mit seinem Donner darnieder schlug; wie auch des Riefen Aloeus sei-
ne zwey Sohne Othus und Ephialtes,. die entsetzliche grosen Kerls, welche sich
unterfiengen den Himmel einzunehmen und den Jupiter von seinem Throne zu
jagen. Salmoneus leidet auch daselbst eine herbe Strase vor seine Gottlosigkeit.
Denn er war so verwegen , dass er dem Jupiter fein Donnern und Blitzen nach-
machen wolte. Er flieg auf einen Wagen und hielt eine Fackel in feiner Hand,
und lies sich gleich als im Triums durch ganz Griechenland suhren. Der thorichte
Pp 1 Mensch!
durch welches man in das Reich des Pluto eingehet. Dafelbft laß Cerberus aus
seinen drey Kehlen ein entsetzliches Gebelle hören. Von dar kommt man zu der
Wohnung der Kinder , welche so srühzeitig gestorben find , dafs sie nichts von
den Süsigkeiten dieses Lebens schmecken können. Nicht ferne von selbigen sindet
man die unschukligen Seelen , welche durch salsche Anklage in die andere Welt
geschicket worden. Etwas weiter hin sind die Seelen derjenigen , welche ohne
etwas schandliches begangen zu haben, sich mit ihren eignen Händen umgebracht,
dieweil sie des Lebens uberdrüssig geweTen. Hieraus kriegt man das Feld der Seuf-
zer und Thränen zu Gelichte. Auf diefem sind solche Perfonen, welche die grau-
same Liebe mit ihrem Feuer verzehret hat. Sie suchen daselbft die Einfamkeit und
sinden Vergnügen daran, dass sie in einem dunkeln Geholze von Myrrhen öf-
ters herum gehen. Ihre Verdrüslichkeiten angftigen sie auch noch nach dem
Tode. Wenn man durch dieses Geholze durch ift , so komt man auf den
Platz, da fich die Kriegsleute besinden. Weiter hin aber theilet sich die Strafe
in zwey Wege. Der zur rechten gehet nach dem Palasl des Pluto zu, durch
welchen man in die Elyseifchen Felder gelanget. Linker Hand aber ift der Tarta-
rus oder derjenige Ort, welcher zur Beftrafung der Missethather und Pein der
Gottlofen beftimmet ift. Zwifchen diefen zwey Wegen ift die State, wo Mi-
nos, /Eacus und Rhadamantus Gerichte halten. Hielelbst sragen diefe strengen
aber auch billigen Richter die Toden alles auf fchärsfte aus und sprechen einem
ieden die verdiente Strafe oder Belohnung zu. Da muffen die Bofen ihnen alle
die Ubelthaten bekennen , an deren Vertuschung fie auf der Welt eine eigene
wiewohl nichtige Luft gefunden haben und welche fie nun durch eine allzulang
verfchobenc Reue nach dem Tode noch bufen muffen.
Der Tartarus ist ein unerhort-grofes Gefangnifs mit einer dreysachen Mauer
umgeben. Der Phlegethon , ein Schwefel-Flufs , welcher mit feinen Flammen
und den brennenden grofen Steinen, die er fortrollet, ein entfetzliches Geknif-
ter und Gepraffel machet, umgiebt es von allen Seiten. Der Eingang davon ift
fehr geräumig und deffen Gefimfe ruhet auf diamantnen Seulen. Oben darauf
flehet ein ungemein hoher eiferner Thum. Tisiphone in ihren mit Blut befleck-
ten Kleide halt an diefem Thore Tag und Nacht die Wache, ohne ein Auge zu-
zuthun. Man kan von dar das Gefchrey der verdammten, das Geraffel ihrer Ketten
und das unaushörliche Schlagen ganz vernehmlich hören. Rhadamanthus infon-
derheit ift Vorfteher diefer traurigen Gegend. Er ordnet die Art und Grofe der
Marter an , welche die Miffethäter auszuftehen haben. So bald das Urtheil
gesprochen ift, fängt Tisiphone, mit einer grofen Ruthe in der Hand, an,
diefe ungluckfeeligen zu verfpotten und fie zu fchlagen; in der linken Hand
aber hat diefe Furie eine Menge Schlangen , womit fie felbige berühret und
serner, nebft ihren verteufelten Schweftern ihnen alles gebrante Herzeleid an-
thut. Der Vorhof diefes abfeheulichen Gesangniffes wird von einem Unge-
heuer bewachet , welches auf einmahl fünfzig begierige Mäuler aufsperret.
Hieraus ift der Abgrund des Tartarus oder der rechten Holle zu fehen. Die-
fer gehet zweymahl fo tief hinunter, als der Himmel von der Erde entfernet ift.
In dem unterften Schlünde liegen die Titanen, die tollkühnen Erden-Kinder, die
Jupiter mit seinem Donner darnieder schlug; wie auch des Riefen Aloeus sei-
ne zwey Sohne Othus und Ephialtes,. die entsetzliche grosen Kerls, welche sich
unterfiengen den Himmel einzunehmen und den Jupiter von seinem Throne zu
jagen. Salmoneus leidet auch daselbst eine herbe Strase vor seine Gottlosigkeit.
Denn er war so verwegen , dass er dem Jupiter fein Donnern und Blitzen nach-
machen wolte. Er flieg auf einen Wagen und hielt eine Fackel in feiner Hand,
und lies sich gleich als im Triums durch ganz Griechenland suhren. Der thorichte
Pp 1 Mensch!