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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Heft 1
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Zobel, Victor: Messels Darmstädter Museumsbau
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0060

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Alfred Messel. Museum in Darmstadt. Ansicht vom Theaterplatz.

der eigenen Arbeit dienstbar zu machen, als
eine schöpferische Riesenarbeit zu wagen, die
der Einzelne vielleicht überhaupt nicht zu leisten
imstande ist und die auf dem Wege der ruhigen
Fortentwicklung im Zusammenwirken der ver-
schiedensten Kräfte besser und in gesunderer
Art bewältigt wird.

Messels große gestaltende Kraft kommt ge-
wiß bei den Berliner Warenhausbauten, viel-
leicht auch bei einzelnen Wohngebäuden, reicher
zur Entfaltung, als bei dem Darmstädter Museums-
bau, der eine immerhin bescheidene
Haltung zeigt. Aber nirgends offen-
bart sich so stark der feine Sinn des
Baumeisters für das Einfügen des
Neuen in gewordene, ehrwürdige Ver-
hältnisse, der künstlerische Takt, mit
dem er seine Gebilde in die Umgebung
hineinstellt.

Der weiträumige Platz, an dem das
Museum steht, legt sich im rechten
Winkel nördlich und westlich an die
unregelmäßig gestalteten Schloßbauten
heran; die einmündenden Straßen von
sehr verschiedener Bauart und die
weiterhin angrenzenden Plätze stören
nicht seine schöne Geschlossenheit,
sie lassen nur ihre eigene Sprache
zurückhaltend hineinklingen. Die von
der Straße aus hoch hinter den Zwinger-
gärten liegenden älteren Schloßteile,

deren deutsche Renaissanceformen sich
noch auf gotischen Grundlinien auf-
bauen, und der eine mächtige Flügel
des neueren französischen Baues bilden
den breiten Abschluß des Dreiecks
und zugleich die den Platz beherr-
schende Architektur. An der einen
Ecke des Raumes erhebt sich in ein-
fachen klassizistischen Formen der
hohe Theaterbau mit dem schönen
Mollerschen Säulenportikus; an der
andern liegt das niedrige, schlicht vor-
nehme Jagdhaus mit seinem behäbigen
Mansardendach und der schlanke
„weiße“ Turm, ein Überrest ehemaliger
Stadtbefestigung. So entsteht durch
die vielerlei verschiedenen Formen-
sprachen, die dem Beschauer einen
guten Zeitraum der Kulturentwicklung
vor Augen stellen, die Bewegtheit
eines Stadtbildes, dessen Teile wunder-
voll zusammenklingen, weil alle diese
Formen wahrer Ausdruck ihrer Zeit
sind, und weil die innere Kraft bei
jedem Gebäude so vollständig seiner
Aufgabe und seiner Haltung entspricht.
Fast in den Brennpunkt dieses präch-
tigen Platzes, an den äußeren Winkel
heran, ein neues monumentales Ge-
bäude zu stellen, mußte eine schwie-
rige, aber für einen Künstler um so dankbarere
Aufgabe sein. Ich will versuchen, mit einigen
Erwägungen zu zeigen, weshalb mir die ge-
fundene Lösung so gut gelungen erscheint.

Messel ist bei seiner Arbeit zweifellos vom
Grundriß, also vom Bedürfnis ausgegangen. Es
sollte eine große Eintrittshalle vorhanden sein,
an die sich weitere Säle schlossen; an einem
Treppenbau mußten dann die eigentlichen Galerie-
räume liegen; einige Höfe, ein Ausstellungssaal
und zahlreiche Nebenräume waren nötig. Diese

Alfred Messel. Museum in Darmstadt. Ansicht von Norden.
 
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