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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Heft 4
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Simchowitz, Sascha: Die Kölner Malerschule
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0173

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Meister Wilhelm. Madonna mit der Bohnenblüte.

IE KÖLNER MALERSCHULE.

Von Dr. S. SIMCHOWITZ.

I.

Vor hundert Jahren ungefähr haben die
Deutschen die poetischen und künstlerischen
Zeugen ihrer Vergangenheit wieder zu ent-
decken begonnen. Wohl war man schon
während des 18. Jahrhunderts des einen oder
andern gewahr geworden, aber es waren eigent-
lich nur Zufallsfunde gewesen. Erst mit dem
19. Säkulum setzt das systematische Forschen
und Suchen ein, erst da gibt es auch ein
Publikum, das mit Interesse folgt, mit Liebe
empfängt. „Deutsche Renaissance“, so darf
man wohl diesen Prozeß nennen, denn es ging
etwas Ähnliches in Deutschland vor, wie, aller-
dings mit weitergreifenden Folgen, im Italien
des Trecento und Quattrocento. Es handelte
sich um eine der vielen Strömungen, die man
unter dem Namen „Romantische Schule“ zu-
sammenfaßt. Im Osten, in Jena, Weimar,
Dresden und Berlin war die Romantik abstrakt
gewesen: sie hatte aus philosophischen Prä-
missen heraus den neuen Lebens- und Kunst-

stil zu konstruieren gesucht. Im Westen, am
Rhein und Neckar, im Schatten des Domes
und des Otto-Heinrichs-Baues wurde sie kon-
kret, glaubte sie das Zukunftsideal in der Ver-
gangenheit zu finden. Und während in Heidel-
berg des Knaben Wunderhorn zu tönen begann
und die alten Volksbücher zu neuem Leben
erweckt wurden, wurde in Köln die altdeutsche
Kunst wieder entdeckt. Man könnte die Rolle,
die das deutsche Rom nach dieser Richtung
hin gespielt hat, bei Wahrung der gehörigen
Distanzen, fast mit der vergleichen, die der
Siebenhügelstadt bei der Auferstehung der
antiken Kunst zugeteilt war. Nur brauchte
man in Köln nicht in der Erde zu suchen: es
war nur nötig, die Augen offen zu halten, das
Vorhandene vor Zerstörung zu bewahren.

Als um die Wende des 18. Jahrhunderts in
Deutschland jene ungeheure politisch - ökono-
mische Umwälzung stattfand, von der in erster
Reihe die geistlichen Stände und die Kirche
betroffen wurden, da schien mit dem Schicksal
des heiligen Römischen Reiches deutscher
Nation auch der Untergang der Werke alt-
deutscher Kunst besiegelt zu sein. Herrliche
Bauwerke wurden verunstaltet, demoliert, mit

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