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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Schäfer, Wilhelm: Gustav Schönleber, ein deutscher Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0025

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Gustav Schönleber. Quinto al mare.

Gustav schönleber, ein

DEUTSCHER MALER.

Von W. SCHÄFER.

Ich weiß, diese Überschrift wird manchen
verwundern, der den Karlsruher Meister genau
zu kennen vermeint, und vielleicht wird er
selbst etwas erstaunt sein. Seitdem ich aber
in der Wanderausstellung des Verbandes der
Kunstfreunde sein kleines Pfingstbild sah, hat
es mir keine Ruhe gelassen mit diesem Maler,
den so viele zu kennen vermeinen und der
ihnen, wie mir scheinen will, in seinem Besten
doch unbekannt ist. Denn so oft ich noch von
ihm sprach, war gleich die Rede von seinen
Meerbildern und ihren brillanten Farben, von
seinen pittoresken Wolken- und Stadtgebilden,
von seinen Kanälen, Türmen und Überschwem-
mungen; und immer mit der Beimischung etwas
romantischer Virtuosität. Von dem Maler der
kleinen Heimatbilder war selten die Rede; und
doch ist es mir bei jedem, das ich davon sah,
deutlicher geworden: wohl hat der Künstler
sich durch die lange Reihe jener Arbeiten hohe
Anerkennung erworben und ist einer der
wenigen geblieben, die ihren Ruhm trotz der
modernen Sturmflut nicht nur behauptet sondern
gesteigert haben: aber alles, was er jemals
schuf — und er stand von Anfang an als Land-
schafter in der vordersten Reihe — scheint
eitel Vorbereitung zu dem wundervollen Auf-
schwung, den sein Werk in den letzten Jahren
nimmt. Und daß er, der Vielgereiste, Viel-
erfahrene, Vielgewandte, nun ganz schlicht und
einfach, mancher wird sagen bescheiden wird,
fast wie einer, der nach langen, gefährlichen
ruhmreichen Fahrten in seine Heimat zurück-
kommt, wo ihm die Schönheit der bekanntesten
Natur unerwartet Wunder offenbart, die er

draußen niemals fand, das kann unserer modernen
Jugend wohl ein Vorbild sein, wohin alle
Künste, und seien sie noch so zur Meisterschaft
gebracht, zum Ende führen müssen, wenn sie
nicht doch nur Künste bleiben wollen.

Wer nicht besonders häufig in Museen und
Ausstellungen geht, desto lieber aber die Natur
in allen Stimmungen, Farben und Formen be-
obachtet, gern aber den Problemen der künst-
lerischen Darstellung zugewandt, der mag solch
eigentümliche Überraschungen erleben, wie sie
mir vor einigen Wochen in der Karlsruher
Galerie zuteil wurden. Man entdeckt, das Auge
noch voll schöner Naturbilder, daß all die Lein-
wände wohl durch einen Rahmen, sonst aber
durch weniges zusammengehalten sind, daß die
meisten lustig oder ungeschickt mit ganzen
Partien aus dem Rahmen herausfallen, je nach-
dem vor oder zurück, daß die erste Forderung
eines Bildes, die Darstellung auf einer ge-
gebenen Fläche fast niemals völlig gelöst ist
Da ich nicht weiß, ob dies deutlich gesagt ist
und verstanden werden kann, muß ich noch
erklären, daß ich hier nicht etwa vorhabe, das
Problem der Raumbildung auf den Kopf zu
stellen, vielmehr gerade in der fehlenden
Fähigkeit dazu die Mängel sehe. Daß mit
diesem Problem nicht, wie auch schon etliche
meinten, jener Panoptikumsgedanke der Jllusion
verbunden ist, daß man gleichsam in das Bild
hineinlaufen möchte, also eigentlich durch den
Rahmen in ein viereckiges Loch sieht, daß
es vielmehr das Problem der absolut be-
herrschten Perspektive bedeutet, die dann erst,
wie das Sonnenlicht die Überfülle der Farben
so die Stufungen des Raumes in die völlige
Harmonie einer Fläche bildet, das ist zwar
eine elementare Einsicht; aber ich mußte sie
in ein paar Sätzen heranholen, um nicht miß-
verstanden zu werden, wenn ich sage, daß ich

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