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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Heft 4
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Lindner, Arthur: Das Kolping Denkmal zu Köln und sein Schöpfer Johann Baptist Schreiner
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Klein, Rudolf: Die deutsche Jahrhundert- Ausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0201

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Aber der Kölner Meister hat den geistigen Kon-
takt zwischen beiden Gestalten noch schärfer
zum Ausdruck gebracht. Hier finden wir nichts
mehr von leerer Denkmalspose, alles ist tiefe,
schlichte Innerlichkeit. Man sehe auf die in-
einandergelegten Hände. Sie berühren sich nicht
konventionell; in ihrem markigen Drucke ist
noch einmal all das wiederholt, was wir in den
Gesichtern der beiden Männer lesen. Wie ge-
schickt die Differenzierung des Stofflichen durch-
geführt ist, lehrt ein Vergleich der in fließende
Falten gelegten Soutane des Priesters mit der
zertragenen Jacke des Gesellen.

Köln besitzt in dem Schöpfer des Kolping-
Denkmals einen Bildhauer von zweifellos hoher
Begabung. Johann Baptist Schreiner (geb. am
19. Dez. 1866) ist Münchner von Geburt und
künstlerischer Erziehung. Als Schüler des Pro-
fessor W. von Ruemann gehörte er 1885 — 91
der dortigen Akademie an. Aus jener Zeit
stammt die reizende Figur der „Grille“, welche
ihm die große Akademie-Medaille eintrug, eine
knospende geschmeidige Mädchengestalt, die sich
neckisch im hohen Wiesengrase niedergekauert
hat und in ihrem Verstecke, auf einem Schilf-
halm blasend, das Gezirpe der Grillen nach-
ahmt, bereit im nächsten Augenblicke empor-
zuschnellen und frohlockend den Gespielinnen
entgegen zu eilen.

Seit 1894 ist Schreiner in Köln ansässig, wo
er, wie 1902 bei der Kolping-Konkurrenz, schon
1897 den ersten Preis bei dem Wettbewerb für
die Denkmäler der Museumsstifter Wallraf und
Richartz errang. Schon die kleine Skizze läßt
erkennen, wie geistreich der Meister die feine
Gelehrten- und Künstlernatur des alten Kanonikus
Wallraf aufgefaßt hat und gewiß auch, in größeren
Maßstab übertragen, wiedergegeben hätte.

In seiner neuesten Arbeit, der Bildnisbüste
einer Kölner Dame, nähert sich Schreiner den
florentinischen Marmorbildnern des Quattrocento.
Bei lebensvoller Ähnlichkeit verleiht er den
Zügen der Dargestellten jene vornehme statua-
rische Ruhe, welche wir an den besten Werken
der Frührenaissance bewundern. In der schlich-

DIE DEUTSCHE JAHRHUNDERT-
AUSSTELLUNG.

Von RUDOLF KLEIN.
IV. DIE ROMANTIKER.

Wegen verspäteter Ablieferung des Manuskriptes folgt
hier noch der Schluss unseres Berichtes über diese Aus-
stellung. Die Darbietungen aus der darauffolgenden neueren
Zeit decken sich im wesentlichen mit dem, was unsere Zeit-
schrift fortlaufend zum Gegenstand ihrer Betrachtungen macht,
und bedurften keiner besonderen Behandlung. Die Red.

Gegen die vielen intimen Landschafter der
ersten Dezennien des Jahrhunderts, die die Aus-
stellung aufweist, wirkt der Romantiker Koch
nüchtern und trocken. Statt sich schlichter

Porträtbüste einer Kölner Dame.

ten, auf jeden kleinlichen Virtuosenkunstgriff
verzichtenden Behandlung von Antlitz, Nacken,
Haartracht und Gewandung —- letztere an die so-
genannte Marietta Strozzi des Francesco Laurana
erinnernd — bekundet er ein Verständnis für den
Materialcharakter des Marmor, das man manchem
Siegesallee-Professor wünschen möchte.

Sicher hat Schreiner in München mit scharfem
Auge und gutem Erfolge häufig die besten Werke
des reichen dortigen Skulpturenschatzes an-
gesehen, aber dann ging er hin und wurde, wie
es Lionardo vom Künstler verlangt, nicht ein
Enkel, sondern ein Sohn der Natur.

Naturbeobachtung hinzugeben, die durch die
Farbe die leisesten Reize offenbart, muß die
Natur bei ihm etwas vorstellen; es müssen
außergewöhnliche Szenerien sein mit mytho-
logischen, biblischen oder geschichtlichen Vor-
gängen, deren lederne Wiedergabe ihn dann
gegenständlich begnügt, statt in die Geheim-
nisse der Beleuchtung einzudringen, die ihnen
erst Leben verleihen würde. Nicht die Dar-
stellung solcher Stoffe an sich ist es daher,
die unkünstlerisch wäre, vielmehr macht sie
erst der Umstand dazu, daß Künstler dieser
Art leicht das Wesentliche des Naturstudiums
vernachlässigen, vielleicht aus der mangelnden
Kraft beides zu bewältigen, oder aber in dem

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