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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Heft 4
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Klein, Rudolf: Die deutsche Jahrhundert- Ausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0202

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DIE DEUTSCHE JAHRHUNDERT-AUSSTELLUNG.

irrigen Glauben, mit dem einen, der oberfläch-
lichen Wiedergabe des Gegenständlichen, Ge-
nüge getan zu haben. Ein belebender Hauch
fehlt daher den Bildern Kochs fast durchweg,
sie sind von einem Ende zum andern in einem
willkürlichen Kolorit vorgetragen, das von un-
gefähr summarisch der gewählten Szene ent-
spricht, ihr aber das Organische nicht zu geben
vermag; sie sind, recht und schlecht, Theater-
kulissen. Wie weit die Kunst zweier Zeit-
genossen auseinanderliegen konnte, illustriert
wohl nichts deutlicher als der Vergleich
zwischen Kochs „Regenbogen“ und dem tau-
frischen von K. D. Friedrich. Wer vermöchte
zu glauben, es sei in der Kochschen Land-
schaft ein Regen niedergegangen, der das far-
bige Naturwunder bedingte, es wäre unmöglich,
während sich für die von Friedrich die che-
mische Formel der atmosphärischen Beschaffen-
heit feststellen ließe. Doch wir würden auf
diese Naturwahrheit noch verzichten, wären
diese Landschaften, und besonders in ihrer
figürlichen Staffage, zeichnerisch vollendet und
dabei im Kolorit malerisch auf den dunklen
Ton der alten Holländer gehalten; den ver-
hinderte der italienische Aufenthalt Kochs schon.
Ihn finden wir in einigen kleinen Land-
schaften, in denen die Staffage, ohne Pathos,
Nebensache ist; eines dieser Bilder, „Wasser-
fall bei Tivoli“, aus dem Museum zu Darmstadt,
zeigt ein für Koch bemerkenswert frisches
Grün, während er im „Kloster S. Francesco“
wärmer als sonst in den braunen Tönen ist.
Diese erhalten auf einer weiteren der kleinen
Landschaften sogar einen pikanten Kontrast
durch die hellen Gletscher im Hintergrund. Es
sind also die kleineren, möglichst staffagelosen
Landschaften seine besten. Sympathisch wirkt
er ferner, wie fast alle Künstler dieser Zeit, im
Porträt. Zwar ist Koch gegen vorher be-
handelte Porträtisten kein ausgesprochener
Charakteristiker, doch sinnig in der Auffassung;
es läßt sich auch aus seinen Porträten auf
den Menschen der Zeit schließen. Ein Künstler,
der dem besseren Teil der landschaftlichen
Produktion Kochs nahesteht, ist Olivier; auch
er hat Ideallandschaften geschaffen, nie aber
so lederne wie Koch, dessen Bilder höchstens
im architektonischen Aufbau interessieren. Gut
aber, direkt fein, wirkt Olivier da, wo er sich
der Natur hingibt, so in seinem „Kapuziner-
kloster“. Hier ist an Stelle des Kochschen
Pathos wirkliches Gefühl getreten — symboli-
siert durch den gedankenvollen Klosterbruder,
der den antiken Helden ersetzt — und es
ist zugleich eine gelungene Beobachtung des
Lichts in diesem abenddunklen Bilde; man
beachte die wechselvolle Beleuchtung der Ge-
bäude und die malerische Zartheit der Hecke
im Vordergrund. Auf einer Gebirgslandschaft
sind die grünen Partien von ähnlichem Ton-
wert.

Auch Fohr steht diesem besseren Teile
Kochs nahe, ist aber noch nicht so malerisch
wie Olivier; die Bäume gelingen ihm nach
dieser Richtung besser als das Gebirge. Und
der an sich nüchterne, aber unpathetische, sach-
liche Reinhart käme in Betracht. Eine Sonder-
stellung nimmt Preller ein: ungenießbar für uns
in großen Entwürfen, wollen wir die Skizzen
zur Odyssee nicht ablehnen; er hat hier einen,
wenn auch weichlichen, so doch akzeptablen
Stil der heroischen Landschaft gefunden. Es
fällt die Sicherheit der kompositorischen Gliede-
rung auf und die Natürlichkeit der edlen Pose.
Dabei ist das Kolorit, zwar der Willkür ent-
nommen, nicht ohne Geschmack und Leben in
wechselvoller Skala zum Träger der Darstellung
gemacht und trotz aller Weichlichkeit nicht
ohne Reiz. — Die Bilder Rottmanns fallen
gegen Koch schon durch eine wohltuende Ein-
fachheit des Motivs auf. Seinen romantischen
Bedürfnissen schafft er Befriedigung in italie-
nischen Schönheiten, doch ist die Wahl meist
schlicht und verrät die Schwärmernatur des
Malers nur in einer exzeptionellen Beleuchtung,
deren Farbenkontraste uns heute nicht selten
materiell erscheinen; doch es gibt Bilder, in
denen der Künstler selbst diesem Fehler nicht
verfällt und seine zarte Kunst uns ihn als einen
zeigt, der der Natur mit der Empfindung nahte
und für seine Zeit ein Wegweiser zur intimen
Landschaft scheint. So ist in seinen Bildern
nicht selten eine wohltuende Ruhe, die er
durch eine klug gewählte warme Schatten-
partie im Vordergrund erzielt. Man ersieht
hieraus, daß der Künstler malerisch, nicht lite-
rarisch denkt, nur daß er ab und an mit den
malerischen Mitteln komponiert, um eine
Wirkung stärker zu gestalten. Sehr frisch in
der Belichtung ist seine „Aussicht auf den
Monte Pellegrino“, mit ihren Übergängen aus
dem Schatten rechts in die lichter werdenden
Partien der linken Fernsicht, in der die Einzel-
heiten wirklich luftumflossen scheinen. An
diesen Unterschieden zwischen warmen und
kühlen Schattenpartien und der Durchführung
einer einmal gewählten Tagesbeleuchtung er-
kennt man deutlich das eingehende Natur-
studium Rottmanns im Gegensatz zu seinen
romantischen Zeitgenossen. In seinem Bilde
„Bergsee“ erreicht er eine Einfachheit des
malerischen Vortrags, eine Diskretion der Ton-
werte, die sich unserer Anschauung energisch
nähert, und zwar nur, weil er hier das atmo-
sphärelose Italien verläßt, das seinen Farben
den materiellen Charakter lieh. Ein Künstler,
der, nur weicher in der Zeichnung, Rottmann
nahesteht, ist Dillis. Dreber schließt sich an,
doch in seinen frühen Sachen durch das Be-
dürfnis allegorischer Staffage und das willkür-
liche, weichliche Kolorit Preller näher als dem
naturbeobachtenden Rottmann. Als Dreber
dann beginnt realistischer zu werden, sagt er
 
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