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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Heft 3
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Klein, Rudolf: Die deutsche Jahrhundert-Ausstellung, [1]: Klänge aus dem 18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0136

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DIE DEUTSCHE JAHRHUNDERT-AUSSTELLNNG.

maler; zwar gewandt und reich aber lackig in
der Farbe. Das üppige Frauenfleisch gelingt
ihm am besten. Füger hat eine Neigung zur
Lichtkomposition und -Konzentration, die seinen
Bildern nicht selten einen weichlichen Zug gibt,
ihn dann aber auch wieder zart im Strich
erscheinen läßt, wie im Bilde seines Sohnes.
In seiner Skizze zu Klopstocks Messiade fällt er
durch eine für ihn lebhafte Kraft auf, in dem
der durch die Farbe schimmernde Bleistiftstrich
den in grau gehaltenen Figuren ein kräftiges
Lineament gibt; das zweite, in der Malerei
durchgeführte Stück dieser Art ist schon nicht
so gut. Im Gegensatz zur etwas bunten Farben-
skala dieser beiden letzten Maler steht mit
seinem feinen Silberton Martin Ferdinand
Quadal mit zwei Porträts, deren flüssiger Strich
und Farbenduft ihn als Tonmaler empfehlen.
Das Porträt der Caroline von Humboldt, von
Gottlieb Schick, fällt durch seinen herben Aus-
druck auf, und die vornehme, ein wenig antiki-
sierende Haltung des Kopfes, und wie das
Kopftuch über die Schulter fällt und das Rot
durchs Weiß schimmert. Einen Augenblick
denkt man an Ingres, dann ist einem alles klar,
wenn man sich erinnert, daß der Künstler bei
David studierte. So gehört er, während die
übrigen Maler dieser Gruppe die Kultur des Ro-
koko zeigen, dem Empire an, und mit zwei Por-
träten, dem Danneckers und seiner ersten Frau, den
Einflüssen der Revolution: an Davids sterbenden
Marat denkt man angesichts dieser ganz aus
dem Rahmen der Zeit springenden Malerei.
Des Künstlers umfangreiches Bild „Apollo unter
den Hirten“ ist im Gegensatz zu diesen Por-
träten gewiß nicht ohne auffallende Härten in
seinem klassizistischen Linienwurf, doch auch
nicht ohne eine zarte Farbigkeit in den Ge-
wändern.

II.

DIE NAZARENER.

Auf den ersten Blick wirken für uns heute
die Nazarener befremdend, und besonders in
dieser Ausstellung, in der man den Realismus
in den Vordergrund zu stellen bestrebt war.
Doch nicht lange und man gewöhnt sich an
diese Künstler und gewinnt sie lieb. Man hat
sie hier nur in kleinen Formaten ausgestellt;
ob das immer das Rechte war, ließe sich be-
zweifeln. Einige wirken freilich auf diese Weise
besser. Interessiert doch selbst im kleinen
Format Bendemann, der nur in losem Zusammen-
hang mit dem Gefühl dieser Schule und ihren
Vorzügen steht. Die meisten dieser Künstler
waren stärkere Zeichner als Maler, deshalb wird
von ihnen und auch von einigen der vorigen
Gruppe, so von Chodowiecki, im Kapitel der
Handzeichnungen noch eingehender die Rede
sein müssen. Es ist in dem strengen Linien-
fluß der Skizze des Cornelius zur „Grablegung“

so viel vom asketischen Willen zur feierlichen
Größe der Kunst, daß diese Elemente zur
unbedingten Anerkennung zwingen. Man fühlt
den Ernst einer Zeit und eines Mannes, der die
Kunst außerordentlich gewissenhaft nahm, und
deshalb steht auch seine ganze Schule, obgleich
sie nicht direkt vom Leben, vielmehr einer
früheren Kunst, der des italienischen Quattro-
cento, ausging, viel höher, und ist noch so viel
lebendiger als die verlogene Geschichtsmalerei
einer späteren Epoche, die man aus dieser
Ausstellung glücklicherweise gestrichen hat.
In der Kunst des Cornelius sind nicht die
Menschen seiner Tage, aber das Menschentum
der geistigen Elite seiner Zeit, und das hat er
mit aller monumentalen Kunst gemein. Und je
mehr ich mich in ihn vertiefe, desto mehr liebe
ich diesen Fanatiker, der mit mönchischem
Eifer dem Leben den Hauch des Fleisches
nehmen wollte und es in die kristallinischen
Rhythmen gedanklicher Abstraktion zu binden
suchte, wobei sich ihm die handwerkliche
Sicherheit dann und wann freilich verflüchtigte.
Auf dem Bilde „Minerva lehrt die Weberei“,
das wie alle Malversuche des Cornelius durch
sein Nichtkönnen auf diesem Gebiete stark ein-
büßt, beachte man links die den Widder
scherende Figur, deren runzligen Züge seinem
herben Stift so lagen, wie die fleischigen der
jungen Frauen unter seinem Pinsel fade wurden.
An diesem Bilde, das mit Ausnahme der einen
Figur schlecht ist, erkennt man deutlich, was
der Künstler konnte und was nicht; selbst die
knittrigen Falten des dunklen Gewandes ge-
lingen ihm besser, als die hellen und rund ge-
bauschten. Von Julius Schnorr v. Carolsfeld
interessiert das Bild „Der hl. Rochus“; es ist
weniger bunt in der Farbe als die übrigen, scharf
in der Linienführung der Köpfe und natürlich in
der Gruppierung der Figuren. Dies Bild und
auch eine „Verkündigung“ zeigt den Künstler
eher in einer Verwandtschaft zur kölnischen
oder doch niederdeutschen Schule, denn zur
italienischen, deren übel nachempfundenes Kolo-
rit Overbeck so süßlich und seifig erscheinen
läßt. Doch so seifig in der Farbe, so lebhaft
ist er nicht selten in der Pose und dem Aus-
druck der Köpfe; die scharflinigen Männerköpfe
gelingen ihm daher auch besser als die jungen
Mädchen. Die eine der beiden Fassungen der
„Auferweckung des Lazarus“ aber ist wirkungs-
voller, weil dunkler, überhaupt malerischer,
skizzenhafter in der Farbe. Nicht wenig sym-
pathisch ist der mit einem ganz kleinen Bilde
vertretene Frankfurter Künstler Pforr. Im
„Städel“ gibt es ein Bild von ihm, das ihn als
Koloristen weit delikater zeigt. Das kleine Bild,
das wir hier sehen, erinnert auch von ferne
an die kölnischen Meister, ist aber, wie in
größerem Maße freilich das im „Städel“, nicht
ohne Einzelheiten in der Farbe, die nur das

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