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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Heft 3
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Klein, Rudolf: Die deutsche Jahrhundert-Ausstellung, [1]: Klänge aus dem 18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0154

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DIE DEUTSCHE JAHRHUNDERT-AUSSTELLUNG.

schweizerische Landschafter Bidermann genannt
werden, da wir ihn sonst übergehen müßten.

* *

*

Es wären hier als Nachtrag der frühen
Münchener einige Künstler näher zu berück-
sichtigen, die in Frankfurt und Stuttgart aus
ähnlichem Geist schufen: Issel, Lucas, von Hess,
v. Schnizer, Senff, Pflug, v. Schnizer bemüht
sich im Schlachtenbild einer ähnlichen Realistik
der Darstellung wie Kobell, ist aber sehr eckig
in der Zeichnung und vermag ins Ganze keine
tonige Einheit zu bringen. Zwar fallen auch
auf seine Gruppen Lichtstrahlen aus dem
Gewölk, doch sind die Farben hart und bunt,
und besonders das Weiß und Blau, das lackiert
und blechern wirkt. Es ist eine Reihe gut
gezeichneter, ausdrucksvoller Porträtköpfe auf
dem Bilde, und wie der Künstler in diesem
Sinne zur charakterisierenden Zeichnung neigt,
zeigt auch ein Kinderbildnis. — Senff malte
Stilleben, die zwar durchaus unpersönlich und
temperamentlos in der Farbe sind, für jene Zeit
aber der Natur überraschend nahe kommen. —
Ein ganz sonderbarer Mensch ist Pflug; sieht
man das Vielerlei auf seiner kleinen Tafel
„Wochenstube“, man denkt der blassen Aquarell-
töne wegen an eine Porzellanmalerei. Wie
zarte Lila und Gelb sind darin — und wieder
glaubt man einen Jllustrator moralischer Ge-
schichten zu sehen: ein J. P. Hebel der Malerei
ist dieser Pflug; so viel Witz und liebens-
würdiger Humor ist in diesen fein gezeichneten,
nicht selten köstlich ironischen Typen. Auf
einem größeren Bilde, Porträt seiner Mutter,
das in Vielem nicht so reizvoll ist, geht auch

er den Sonnenstrahlen nach. Es ist eine echt
schwäbische Kunst, und wir werden hernach
ihrer Art noch einmal bei Theodor Schüz
begegnen. Auch Kirners 1832 gemaltes Bild
„Ein Schweizersoldat“ ist schön im Ton und
v. Schnizer direkt überlegen; man beachte das
junge Mädchen mit dem Strohhut und viele
andere der zahlreichen Köpfe des kleinen
Bildes. Kirner nahe steht, an Kraft voraus,
Josef Petzl. Inhaltlich neigt seine „Wirtshaus-
szene“ zum Grotesken, man glaubt eine
Oberländer-Karikatur auf irgend einen Vor-
gang aus Shakespeare zu sehen, und in der
Beleuchtung ist das Bild außergewöhnlich:
die drastische Bauerngestalt im Mittelpunkt
ist in die grellste Sonne gerückt; im Jahre 1832!
— Von den Landschaftern ist Issel ein reiz-
voller Zeichner, der ins Innere des Waldes dringt
und auch den Charakter gebirgiger Gegenden
in kleinem Format schlicht und treffend wieder-
gibt, während Lucas schon Tonwerte gelingen
in einer zart in Violett verschwindenden Fern-
sicht und im grünen Strauchwerk des Vorder-
grundes auf der gleichen „Odenwaldlandschaft“.
Köster mit seinem „Blick auf Lausanne“ läßt
ein wenig an K. D. Friedrich denken, Schilbach
mit seiner „Rheinlandschaft“ steht Blechen
näher; das 1838 gemalte Bild hat Qualitäten in
dieser Richtung, und sein „Wetterhorn“ ist be-
merkenswert durch die Klarheit der Farbe.
Ein Landschafter im Sinne Gurlitts ist Radi,
und ein Porträtist vom Stamme Oldachs Peter
von Hess, und schließlich meldet sich noch der
liebenswürdige Schilderer ländlicher Szenen,
Johann Adam Klein, der verdient, nicht ver-
gessen zu werden.

Hans von Marees. Doppelporträt. (Der Künstler und Lenbach.)
 
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