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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Heft 6
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Rüttenauer, Benno: Aus dem grossen Haufen der Kölner Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0278

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Fanny Geiger-Weishaupt. Schloss Lustheim.

Besonders die Landschaftsmalerei hält jeden
Vergleich aus. Und das will etwas heißen,
wenn man bedenkt, daß es noch gar nicht lange
her ist, wo Frankreich mit den unsterblichsten
Leistungen der großen Jahrhunderte auf diesem
Feld erfolgreich wetteifern durfte.

Was mich, ganz voll von Pariser Eindrücken,
an der Landschaftsmalerei in Köln auf den
ersten Blick sehr stark berührte und mit hoher
Genugtuung erfüllte, war das viel ernstere und
intimere Verhältnis der Künstler zur Natur, das
sich ganz allgemein aussprach. Dabei bin ich
mir wieder einmal sehr deutlich bewußt worden,
wie die größte Treue gegen die Natur von allem
Naturalismus weit entfernt sein kann, während
die schönste Lüge — schön im konventionellen,
nicht im künstlerischen Sinn — und die elegan-
teste Gelecktheit und Aufgeputztheit — wovon
die Pariser Ausstellungen wimmelten — einen
ganz rohen Naturalismus verraten können.
Wahrlich, ich habe in Köln, von Paris heim-
kehrend, einen erhöhten Respekt vor der deut-
schen Malerei bekommen, besonders vor der
deutschen Landschaft, und einzelne Leistungen,
auch von den hervorstechendsten modernen
Talenten abgesehen, wovon ich ja heute nicht

reden soll, waren mir eine wahre
Freude.

Ich hatte in meinem Leben nichts
von Hans Peter Feddersen gesehen
noch gehört, aber Schäfer hat wohl
daran getan, dessen kleines Bildchen
„Blick in den Garten“ in den Saal
der „Auserwählten“ zu hängen. Wie
hier eine fast übertriebene Farbig-
keit harmonisiert ist, beweist eine
große koloristische Kraft und Origi-
nalität; ich möchte keinem so leicht
raten, dies Experiment nachzu-
machen. Verwundert war ich, in
dem gleichen Saal einen Andreas
Achenbach, die „Westfälische Land-
schaft“, und einen Baisch, die „Vieh-
herde“, anzutreffen. Denn diese
beiden Herren hatten längst, durch
einen allzu industriemäßigen Betrieb
ihrer Kunst, ihrem Kredit bedenk-
lich geschadet; aber die zwei von
Schäfer ausgewählten Stücke be-
weisen, daß beide Künstler schon
Besseres konnten als möglichst viel
gangbare Marktware zu liefern. Da-
mit spreche ich ja allerdings ein
sehr versalzenes Lob aus, aber —■
das ist nicht meine Schuld.

Verwundern möchte man sich
auch, in diesem Saal der Alten
einem verhältnismäßig jungen Land-
schafter zu begegnen, wie Andreas
Dirks, der allerdings durch seine großen Bilder
in der Eingangshalle zeigt, daß er das Meer
malt fast so monumental wie Segantini das
Hochgebirge, mit einer Wucht von plastischer
Wirkung, die bei einer größeren Vereinfachung
der Ausdrucksmittel wahrhaft 'überwältigend
sein müßte. So wie er jetzt malt, verrät er
noch ein allzustarkes „Ausholen“; eine größere
Leichtigkeit der Geste, überhaupt etwas weniger
Aufwand in jeder Beziehung, besonders aber
eine geringere Betonung seiner künstlerischen
„Muskelkraft“ müßte eine noch reinere und
erhöhtere künstlerische Wirkung zur Folge
haben.

Wie man mit den einfachsten Mitteln und
dem einfachsten Motiv einen starken künst-
lerischen Ausdruck erreichen kann, zeigt mit
seinem „Hohlweg“ der junge Heinrich Freytag;
das kleine Bild, das vielleicht Viele übersehen
werden, ist kein „Weishaupt“ und kein „Trübner“,
bei denen Freytag gelernt hat, aber eine male-
rische Leistung, woraus man zu schließen ver-
sucht ist, daß der junge Künstler seinen großen
Lehrern einst ebenbürtig werden könnte. Mit
ihm zusammen sind einige andere junge Karls-
ruher zu nennen: Hermann Göhler, der mit
seinem „Gartenhaus“ ein poetisches Motiv rein
malerisch ausnutzt zu einem äußerst zart-

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