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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Heft 6
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Rüttenauer, Benno: Aus dem grossen Haufen der Kölner Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0281

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Georg Altheim. Sonntagmorgen.

scheidenheit eine Quelle und Kraft der Origi-
nalität wurde.

I * *

*

Einige Zeitungstimmen haben sich be-
dauernd dahin ausgesprochen, daß die zahl-
reichen Sonderausstellungen von Berühmtheiten
das Kölner Unternehmen wohl sehr interessant
machten, aber auch die Ursache seien von viel
wohlberechtigtem Unmut und Mißvergnügen bei
den Jungen, die man, den oft ausgesprochenen
Grundsätzen der Verbands-Organisation zum
Trotz, auch dieses Jahr wieder arg vernach-
lässigt und zurückgestellt habe. Nun, gewiß
wird es Unzufriedene geben. Auch solche, die
guten Grund dazu haben. Die Ausstellung
wurde eben von Menschen gemacht. Aber
dem aufmerksamen Leser dieser Zeilen wird
es nicht entgangen sein — und weiterhin nicht
entgehen — wieviel gänzlich unbekannte Namen
hier mit Interesse und Anerkennung genannt
werden, und wirklich kann ich mich keiner
Ausstellung je erinnern, wo ich so viel junge
, bedeutende Talente auf einmal neu kennen ge-

lernt hätte. Und das läuft denn so ziemlich
aufs gerade. Gegenteil von dem hinaus, was
die erwähnten Stimmen glaubten anklagen zu
müssen.

Ich habe mich allerdings mit Vorliebe an
obskure Namen gehalten, wenn nur die Bilder
meine Aufmerksamkeit herausforderten; ich
glaubte, so am meiste» Nutzen stiften zu können

— wenn dies von einem Schreiber über Kunst
nicht überhaupt eine lächerliche Prätention ist.
Ich habe Namen wie Hölzel, Carlos Grethe,
Graf Kalckreuth, Kampf, Kampmann noch nicht
einmal genannt; was sie können, weiß doch
ein Jeder; einige auch, was sie nicht können.

Aber wie viele — oder ich müßte mich
sehr irren — wissen etwas von Karl Küstner?
Dennoch ist dieser Künstler kaum jünger als
die genannten und offenbart sich in Köln mit
einer erstaunlichen Kraft und Originalität, die
er nicht dazu gebraucht (oder mißbraucht), um
zu verblüffen, sondern allein, um durch eine
eigenartige Schönheit, durch Töne, die nur ihm
gehören, die nur er in der Natur sieht, zu
erfreuen und in dankbar zujubelndes Erstaunen
zu versetzen. Wie er in einer gedämpften
Symphonie von weißlichem und gelblichem
Grau und all ihren Nuancen plötzlich ein hohes
Rot aufschreien läßt und damit das Ohr, ich
will sagen das Auge, nicht verletzt sondern
entzückt, das hat ihm keiner vorgemacht. Von
seinen Landschaften, es ist eine ganze Reihe,
geht etwas aus wie eine geheimnisvoll wol-
lüstige Musik. An das Gegenständliche und
Motivische darin erinnert man sich kaum; aber
diese Musik verliert man nicht so leicht wieder
aus dem Ohr (oder dem Auge). Küstner malt
eben nicht der Natur irgendwo ab, sondern aus
ihrer unendlichen Fülle holt er sich die Töne
hervor, die er braucht, um die Klänge seines
eigenen Innern in schöne Sichtbarkeit umzu-

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