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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Heft 6
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Rüttenauer, Benno: Aus dem grossen Haufen der Kölner Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0282

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Ferd, Brütt. Parkszene.

setzen. Als Wohnort Küstners nennt der Katalog
Guntersblum; so, als großer Einsamer, hat
Emil Lugo die lange Zeit seines Lebens in
Freiburg gelebt, ohne Genossen.

Von andern Landschaften, die aus der Menge
heraus stark genug auf mich gewirkt haben,
um mir noch deutlich im Gedächtnis zu stehen,
nenne ich noch: „Kind im Park“, von Graf
Kalckreuth; „In voller Blüte“ von Adolf Kunz;
„Sommermorgen“ von Georg Altheim; „Park-
szene“ von Ferdinand Brütt; „Am Kanal“ von
Hermann Drück.

* *

*

Wie man sieht, habe ich nun doch, nur in
der Landschaft, recht Viele aus dem großen
Haufen herausgehoben.

Allerdings bedeutet die Landschaft die stärkste
Seite der deutschen Malerei, und wenn ich an
Paris zurückdenke, ist es mir keinen Augen-
blick zweifelhaft, wo ich in der intimen Land-
schaftsmalerei die höheren Durchschnittswerte
gefunden habe. Imponiert hat mir in Paris nur
die Verwendung der Landschaft in großen
dekorativ-monumentalen Aufgaben. Ich habe
da Sachen gesehen, denen weder die Kölner
Ausstellung noch irgend eine Ausstellung in
Deutschland etwas ähnliches an die Seite zu
setzen hätten.

Das liegt aber nicht an den Malern, sondern
am Mangel an Aufträgen. So darf man wohl an-
nehmen, daß z. B. ein Dirks sich auch zur
monumentalen Einfachheit durcharbeiten würde,
wenn er durch große öffentliche Aufgaben aus

dem einsamen Für-sich-malen herausgerissen
zu werden das Glück hätte. In solchen Auf-
gaben wetteifern in Frankreich der Staat und
die Städte miteinander.

Bei uns besteht nun, wenigstens soweit die
großen Städte in Betracht kommen, ein ähn-
licher Wetteifer; aber er kommt einer andern
Kunst als der Malerei zugute. Alles Geld, das
bei uns die Städte für Kunst ausgeben — und
es ist wahrlich nicht wenig — wird fast aus-
schließlich, von der Architektur als mit prak-
tischen Bedürfnissen verknüpft abgesehen, für
Musik ausgegeben. Das ist nicht nur für die
Malerei und die Maler bedauerlich, sondern, als
ein Symptom von Einseitigkeit, auch wohl für
die deutsche Kultur überhaupt.

Die Landschaft ist nicht umsonst die stärkste
Seite der deutschen Malerei; sie ist in ihrer
Wirkung der Musik am verwandtesten und
verlangt am wenigsten Formsinn und Stilgefühl,
oder vielmehr: man kann in ihr den Mangel
an Formsinn und Stilgefühl am besten ver-
decken. Ihre einseitige oder gar ausschließliche
Pflege, die ein bekannter Katheder-Apostel den
Deutschen direkt empfiehlt, wäre nach meiner
Ansicht die Einleitung zu einer höchst bedenk-
lichen Verweichlichung in der Kunst. Man
kann die Landschaftsmalerei der Lyrik ver-
gleichen. In beiden spricht sich das Empfinden
eines Volkes und einer Zeit am unmittelbarsten
aus; aber wo beide überwuchern, fehlt es an
formender Kraft; d. h. es fehlt der Kunst das
Rückenmark.

* *

*

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