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Sethe, Kurt [Hrsg.]; Partsch, Josef [Bearb.]
Demotische Urkunden zum ägyptischen Bürgschaftsrechte vorzüglich der Ptolemäerzeit — Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.44567#0606

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592

Sethe-Partsch, Demot. Bürgschaftsurkunden. [xxxn.

bürgschaft doch wohl die Möglichkeit einer Verhaftung des Schuld-
ners durch den Bürgen voraus. Sie tritt in den beiden demoti-
schen Urkunden von Lille (Urk. 22. 23) besonders deutlich hervor.
Endlich spricht der Befund der gräko-ägyptischen Urkunden jeden-
falls nicht gegen die Annahme dieses Zustandes. Sie erwähnen
überall das Recht des Bürgen darauf, daß der Schuldner ihn recht-
zeitig durch Leistung befreit.1) In der Gestellungsbürgschaft ist
der Rechtszustand, daß der Bürge den Gestellungsschuldner ver-
haften darf, deutlich unterstellt.2)
Auch in dem demotischen Rechtsleben müssen Vereinbarungen
üblich gewesen sein, durch welche sich der Bürge vertraglich
sichern ließ, daß er für den Fall, daß er in Haftung genommen
würde, am Vermögen des Schuldners Sicherheit und Ersatz fände.3 4)
Das Nähere ist hier nicht zu erkennen, da Urkunden, die dies be-
träfen, fehlen. Neben Exekutivklauseln und der Vermögenshaftung
kamen dabei nach ägyptischer Rechtssitte vor allem die Sicherungs-
übertragungen in Betracht. Dafür gibt es noch keinen demotischen
Beleg. Aber auf ägyptische Sitte geht wohl der vielbesprochene1)
1) Vgl. P. BGU 1057 (a° 13 v. Chr.) col. III1. 2 5 ft. BGU 1133 (19 v. Ohr.)
1. ioff. BGU 1144 (a° 13 v. Chr.). Teb. 392 (a° 134/135). Vgl. auch P. Oxy.
286 (a° 82 n. Chr.). Wir brauchen zwischen echten Bürgschaften und bürgschafts-
ähnlichen kumulativen Schuldübernahmen und Mithaftung nicht zu scheiden.
2) Vgl. Bürgschaftsr. i, 238f.
3) Es entsteht hier der Fall, den Gierke für das germanische Recht zum
Ausgangspunkt einer interessanten Darlegung gemacht hat. Die Deckung des Bürgen
soll nur im Wege der Vermögenshaftung erfolgen, während der Bürge selbst nur
mit persönlicher Haftung einsteht. Schuld und Haftung S. 59. 161, A. 55. 295
für das fränkische Recht. 336. Inwieweit die Auffassung, daß der ausschließlichen
leiblichen Haftung des Bürgen eine ausschließliche Vermögenshaftung des Schuldners
gegenüberstehe, nach den germanischen Quellen richtig ist, wage ich nicht zu ent-
scheiden. Man wird zu bemerken haben, daß diese Auffassung Gierkes auch auf
germanistischen Widerspruch trifft, vgl. v. Amira, Z. Sav.-St. 31, 4941 Wadiation
S. 24ff.
In den hellenistischen Urkunden ist es jedenfalls klar, daß der Schuldner mit
seiner Person und seinem Vermögen dem Bürgen einzustehen pflegt. BGU 1057
(13 v. Chr.) col. III, 1. 29ff., BGU 113 3 (1 9 v. Chr.), 1. 18 ff., 1144 (13 v. Chr.) Teb. 286
(82 v. Chr.) zeigt, wie der Schuldner im Verfahren mit der öffentlichen Urkunde zur
Erfüllung dieser Liberierungspflicht angehalten wird. Auch in P. Oxy. 270, dessen
eigenartige Haftungsgestaltung uns noch beschäftigen wird, fehlt nicht eine persön-
liche Haftung neben der Hypothek, wenn auch zweifelhaft sein kann, wie das Neben-
einander der beiden Haftungen zu beurteilen ist.
4) Die Literatur nach B. Schwarz, Hypothek und Hypallagma S. 26, A. 1,
dazu Mitteis, Chrest. N. 236; Raape, Verfall des Pfandes S. 94.
 
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