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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 5.1920/​1921

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Frimmel, Theodor von: Gemälde im Wiener Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.52778#0039

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in Windsor befinden. Die Malweise ist derber als beim großen Lehrmeistßf.
Immerhin ist das Bildchen sorgsam gemalt, im Gesicht und zum Teil im Haar
fast glatt. Hervorzuheben ist der ganz dünne weiße Grund auf dem gleichfalls
dünnen Malbrettchen (das ich als Ahorn oder Linde notiert habe, ohne zu
mikroskopischer Untersuchung Gelegenheit zu finden). Im Haar wirkt eine
gewisse körnige Rauheit des Grundes oder wohl einer dicken Untermalung
durch, wie eine ähnliche Körnung auch auf dem Bildnis des Kaisers Maxi-
milian I. von A. de Predis im Wiener Hofmuseum vorkommt. Jenes Max-
Bildnis, wohl dasjenige Werk des Mailänder Künstlers, dem das meiste Ge-
wicht für die Bestimmung anderer Werke desselben Meisters zukommt, ist
nahezu stilgleich mit dem kleinen Sebastian im Wiener Privatbesitz. Auf die
reichliche Literatur über den Künstler, die seit den Zeiten G. Morellis recht
ansehnlich angeschwollen und überaus heimtückisch verstreut ist*), kann ich
mich heute nicht in kritischer Weise einlassen. Daß dem de Predis gar vieles
zugesprochen wird, das man ihm bald wieder absprechen dürfte, sei nur
in Kürze angedeutet. Schließlich seien die Abmessungen 28 2 X 30'3 Zenti-
meter angegeben.
Ein signierter Gerolamo Troppa wird auf Tafel X abgebildet, ich
hoffe, zur Befriedigung der Fachgenossen, die gern einen Beitrag zur Kennt-
nis des wenig studierten, sehr tüchtigen Meisters aus der römischen Gruppe
um 1650 aufnehmen werden. Troppas Arbeiten dürften heute noch mit
wenigen Ausnahmen unter fremden Namen gehen. Im königlich dänischen
Besitz befanden sich mehrere Werke des Troppa, unter denen eines, es ist
eine Halbfigur der Magdalena, in der Kopenhagener Galerie zu sehen ist
(Nr. 346). Einige Blätter sind nach Troppa gestochen und in mehreren
Nachschlagebüchern erwähnt. Das vorliegende, überaus liebenswürdig kom-
ponierte Bild (Anbetung des Christkindes mit etwas über lebensgroßen
Figuren) kann mit als Stimmgabel dienen, wenn es gilt, römische Bilder um
1650 zu bestimmen.
Der Sebastien Bourdon auf Tafel XI ist in den Studien und Skizzen
schon im verflossenen Winter besprochen worden. Ich kenne das Bild seit
Jahrzehnten und habe es zuletzt bei Herrn Richard Hoffmann in Wien gesehen
Die Abbildung der großen Landschaft des Gillis van Coninxloo
auf Tafel XII knüpft an Mitteilungen an, die jn den „Blättern für Gemälde-
kunde“ und in den „Studien und Skizzen für Gemäldekunde“ durch mich
veröffentlicht worden sind. Das vorliegende Werk ist monogrammiert, alt
und echt. Wer die Figuren, die aus Ovid genommen sind (Apollo und
Daphne sind dargestellt), gemalt hat, bleibt noch zu ermitteln. Durch irgendein
Mißverständnis ist das Bild in der Versteigerung Schidloff im Februar 1920
als Werk des David Vinckboons verzeichnet worden. Nur eine gewisse
Gruppenverwandtschaft ist vorhanden. In den Einzelheiten kann das Werk
nur auf Coninxloo bezogen werden. Es gehört zu den großflächigen Arbeiten
des Meisters, denn es mißt 146 Zentimeter in der Breite und 106 in der Höhe.
Von noch größerer kunstgeschichtlicher und künstlerischer Bedeutung
ist die Winterlandschaft auf Tafel XIII, ein monogrammiertes Werk des
Pieter de Laer. Man weiß, wie selten und in manchen Fällen umstritten

h) Namentlich in italienischen und französischen Kunstzeitschriften.
 
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