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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 5.1920/​1921

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Frimmel, Theodor von: Gemälde im Wiener Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.52778#0041

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andern bezogen werden kann, als auf den Düsseldorfer Johannes Spielberg
(geb. 1619, gest. 1690), der nach seiner Ausbildung und Malweise in die
Amsterdamer Schule und in die Rembrandtgruppe gehört. Ich hoffe, daß
mit diesem Fund zugleich das Rätsel der Spinettspielerin in Hermannstadt
gelöst ist. Zum mindesten ist dadurch ein Anfang gemacht, um die beiden
überaus seltenen Rembrandtisten unterscheiden zu lernen. — Das vor-
liegende Musikbild des Spielberg ist auch in psychologischer Beziehung
fesselnd. Sehr geschickt wußte der Künstler zum Ausdruck zu bringen, wie
die Sängerin und die Sänger gerade auf den Augenblick warten, wann sie
einfallen sollen. Der Spinettspieler macht eben ein Vorspiel. Dann soll der
Gesang einsetzen. In dieser Charakteristik steht das Bild höher als das Bild
des Renesse, das zu den Perlen der Czernin-Galerie in Wien gehört. (Dieses
wurde vor Jahren in den Blättern für Gemäldekunde abgebildet und be-
sprochen ) — Der signierte Spielberg im Wiener Privatbesitz ist auf Leinwand
gemalt und mißt 112 Zentimeter in der Breite und 98 in der Höhe.
Ein weiteres bedeutendes Bild aus dem Rembrandtkreise ist mir im
Besitz des Herrn Bruno Kertzmar in Wien zu Gesicht gekommen. Als
Rätsel in jeder Beziehung wurde es mir vorgewiesen. Ich konnte es wieder-
holt beim Herrn Restaurator Ser. Maurer untersuchen und bin zur Über-
zeugung gelangt, daß es ein Werk des Rembrandtisten Jurian Ovens ist.
Auf Tafel XV ist das merkwürdige Gemälde abgebildet, für welches ich
folgende Deutung vorschlage, die, wie ich hoffe, anerkannt werden wird,
wenn man berücksichtigt, daß zur Zeit der Entstehung des Bildes antike
Darstellungsstoffe stets in irgendeiner fremdartigen Verkleidung auftreten,
wie sehr diese auch den Widerspruch des heutigen Archäologen erregen
muß. Ich meine also, daß folgende Deutung nach dem Amazonenmythus
haltbar ist: Achill hatte die Königin Penthesilea* besiegt. Nach einer
Version des Mythus verliebte er sich aber in die überwundene tote Kriegerin.
Achill wäre nun nach meiner Vermutung der Sieger mitten im Bilde. Er
hat Penthesilea von den Pferden schleifen und den Hunden zum Zerfleischen
vorwerfen lassen. Da erblickte er den schönen Leichnam. Augenblicklich
gibt er Befehl, die Hunde wegzujagen. .Über seinen plötzlichen Gesin-
nungswechsel und Gegenbefehl sind sein Gefolge und der Troß umher
höchlichst erstaunt. Man dringt auf die Hunde ein, um sie von der schauder-
haften Mahlzeit abzuhalten. Diesen Augenblick hat der Künstler für seine Dar-
stellung gewählt, die geradeswegs von dramatischer Macht ist. — Was die
Kostüme betrifft, so gehen sie wohl auf diejenigen zurück, die in Rem-
bfandts Atelier vorhanden waren, auf orientalische, polnische, ungarische
Kleider und Waffen. Man fühlt sich versucht, schon daraus auf einen Künstler
zu schließen, der im Amsterdamer Kreise des großen Meisters heimisch
war. Dazu kommt noch die stellenweise ganz amsterdam’sch anmutende
Technik, die z. B. in der Behandlung der Mäntel geradeswegs an Jurian
Ovens erinnert, u. a. auch an die Gewandbehandlung auf dem signierten
Ovens, der uns räumlich am nächsten liegt, auf dem signierten Gemälde
im Museum der schönen Künste zu Budapest*)- Die Fläche dieses prächtigen

*) Die in der Galerie Harrach zu Wien befindlichen Bilder, die dem Ovens zu-
geschrieben sind, können als nichtsignierte, unsicher benannte Werk? keine Grundlage
für Vergleichungen abgeben.
 
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