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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 5.1920/​1921

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Frimmel, Theodor von: Bemerkenswerte Bilder aus Wiener Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.52778#0063

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de Cartipana (Peeter de Kempeneer) zuschreiben möchte. Es ist eine Dar-
stellung aus dem Marienleben, wenn man will eine heilige Familie von sitten-
bildartiger Auffassung, In einem halbdunklen Gemach sitzt vorn mitten Maria,
stumpfrot gekleidet, das Haupt leicht nach rechts neigend. Das nackte Kind
klettert auf ihren Knien empor. Marias Linke scheint dabei nachzuhelfen.
Die Rechte hält ein Buch, das auf dem Boden aufsteht. Im dunklen Mittel-
gründe, fast Hintergründe, rechts ein halbbekleideter Junge (Johannes ist
ohne Zweifel gemeint), der dem alten Joseph und der Mutter Anna einen
Blumenstrauß oder ein Körbchen mit Früchten überreicht. Oben in einer
Fensternische noch eine weitere Person. (Auf weichem Holz, das schon ge-
rostet ist, wodurch der alte Wurmstich bloßliegt. H. 69, Br. 58 cm.)
Die Benennung Pedro de Campana stützt sich hauptsächlich auf fol-
gendes: Das Bild, das auf einer hohen Kunststufe steht, zeigt bei allgemein
romanischem, zum Teil italienischem, zum Teil spanischem Charakter auch
niederländische Einflüsse, und zwar besonders solche der Brüsseler Schule
um 1525, nicht zuletzt Einflüsse des Bernard van Orley (geb. zu Brüssel
gegen 1500, gestorben ebendort 1542). Nun war Pedro de Campana eben-
falls geborner Brüsseler (Peeter de Kempener ist sein eigentlicher Name). Er
ist 1503 geboren, kam früh nach Italien, ist 1529 in Bologna, dann in Rom,
seit 1537 in Sevilla und anderen spanischen Städten nachweisbar. Er starb
zu Brüssel 1580. Des besondern erinnert die vorliegende heilige Familie
an manche Figuren in der großen Kreuzabnahme des Pedro de Campana
im Museum zu Montpellier*). Die charakteristische Bewegung des Unter-
stützens mit der Hand kehrt dort an der Magdalenenfigur wieder. Campana
war auch als Anatom und Bildhauer tätig. Dadurch erklärt sich die überaus
plastische Art, mit der das Kind modelliert ist.
Im Besitz des Herrn Ingenieurs R Kuderna, der vor einiger Zeit einen
Kunstsalon in Wien eröffnet hat, fand ich vor kurzem das Bild, dessen heute
noch zu gedenken ist (auf Taf. XX die Abbildung dieses Gemäldes). Es
stellt den Heiligen Hieronymus dar als lebensgroße Figur. Der Heilige hat
ein aufgeschlagenes Buch vor sich, in das zu schreiben er offenbar die Ab-
sicht hat. Er wendet den Kopf gegen die Posaune, aus der ihm der himm-
lische Text zügerufen wird. Ein roter Mantel bedeckt seine linke Schulter.
Das Beiwerk des Heiligen, wie ein Kruzifix, ein Schädel und noch weitere
Bücher sind mit derselben malerischen Geschicklichkeit behandelt wie die
Figur selbst. Als besondere Beigabe fällt die brennende Kerze auf. Die Art,
wie die Kerzenbeleuchtung wiedergegeben ist, entspricht gänzlich der Weise
des Gerard Honthorst, des allbekannten, man darf sagen weitberühmten

*) Abbildungen bei Georges d’Albenas im „Catalogue des peintures et sculp-
tures . . du Musee Fabre“ (Montpellier 1904) und L. A. Mayer, „Geschichte der spani-
schen Malerei“. Im Museum zu Sevilla das große Bild mit derselben Darstellung.
Unsicher ist das Bild mit den sieben christlichen Tugenden im Museum San Carlos zu
Mexiko (Abb. im „Archiv fiir Kunstgeschichte“, Taf. 59). Wichtig C. Justis Mono-
graphie im „Jahrbuch der K. pr. Kunstsammlungen“-1884, S. 154ff., „Repertor. f. K. W.“
1886, S. 4, und „Kunstchronik“ 1888/89, Nr. 42. Auf alte Literatur ist hingewiesen bei
Justi a. a. O. und bei Woltmann und Woermann in der „Geschichte der Malerei“ III,
S. 38 und 1120. Daneben auch zu beachten die alten Lexika und Handbücher, wie
z. B. Lanzi: Storia pittorica; Fiorillo: Geschichte der zeichnenden Künste. H. Hymans
macht in seinem Buch über Ant. Moro (S. 162) darauf aufmerksam, daß in der Baseler
Galerie ein Bildnis von Moros Hand den Pedro de Campana darstellt.
 
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