Tembeck: sein Thema kollidiert etwas mit dem
meinen, Ehcrecht und so (steht aut, nimmt ein
Biatt Papier vom Schreibtisch und iiest): die
Geburtenabnahme, ihre sozialen und ethischen
Ursachen und Wirkungen (iegt das Biatt wieder
hin) . . das spieit auch in meine Arbeit hinein
Murx: ah . . . ja . . . Geburten
K r o i 1 e r (kaut und schüttelt den Kopf): ja, dann,
so kann man sich also . . verändern!
Murx (tänzeit lachend umher, die Hände in den
Taschen)
Scherwenz (nickt vor sich hin): ja, heiraten
Murx (überschäumend): seht ihr, seht ihr, ein
Weib, ein Weib!
Kroller (trocken, spöttisch): ach
Murx (auftrumpfend): jawohl, der Staat soll uns
ein Weib geben, ein Weib müssen wir haben.
Kroller (iacht trocken, höhnisch)
Scherwenz (steht auf und tritt ans Fenster):
ich möcht wohi heute mai zum Kolleg gehen,
was Vernünftiges hören
Kr o Her (tritt zu ihm): sieh sie dir doch an, wie
sie rennen, die Streber, bieich, schloddrig, mit
dem Stempel einsamer Nächte.
Murx (immer noch fanatisch): nee, derda... hat
ne Keiinerin . . .ja, kuck . . o . . ich sag euch,
Volkshygiene, nichts als Voikshygiene.
Scherwenz (trocken): hm!
Murx (stoiz): ooch
Tembeck (am Schreibtisch): arbeiten
Murx (immer geblasen auf und ab hetzend): ha,
arbeiten, die Konzentration! Teufel! kaum setz
ich mich hin, gleich tanzt mir n Weib vor den
Augen (geht zum Tisch und will einschenken)
. . . (stellt die Flasche mit einer Gebärde des
Widerwillens wieder hin) äh!
Scherwenz: ist das nicht Rohrbruch?
(Alle drängen ans Fenster)
Kroller (überrascht): Donnerwetter!
Murx (hastig, entzückt): das ist seine Frau, ja,
seht mal, Blitz! was?! wie...?! he?!
Temb eck: die bringt ihn wohl her?
Scherwenz: die bringt er doch nicht mit?
Temb eck (beunruhigt): nanu . .?
Murx (außer sich): wahrhaftig, die schwenken
rüber (beugt sich ganz vor zur Scheibe) sie
gehn ins Haus, ins Haus
Tembeck: Teufel!
(alle stieben auseinander)
(Kroller, Scherwenz, Murx stürzen ihre Sachen
zusammenraffend, zur Tür hinaus)
Murx (brüllt draußen im Flur): Frau Starsch
Kroller: Waschwasser, Frau Starsch . .Wasen-
wasser . . heiliges Kanonenrohr.
Tembeck (schmeißt seine Schlabben unters
Bett und zieht hastig die Stiefel an, die er
fluchend unterm Waschgestell hervorsucht;
dann taucht er einen Handtuchzipfel in die
Wasserkaraffe, fährt sich hastig übers Gesicht
und trocknet mit einem anderen Zipfel nach; er
zieht einen Taschenkamm raus und fährt sich
vor dem Spiegel durchs Haar; knöpft den Rock
auf und zieht Kragen und Schlips in großer
Hast an)
(Es klingelt draußen)
Tembeck (rafft die umherliegenden Kleidungs-
stücke zusammen und wirft alles unters Bett;
er klopft das Bett glatt und packt das Kaffee-
geschirr ratlos gleichfalls unters Bett)
(Es klingelt draußen zum zweiten Male)
(Die schlürfenden Schritte der Frau Starsch
nähern sich und man hört ihren überraschten
süßlichen Begrüssungssermon. in der eine irische
burschikose Männerstimme hineintönt)
Tembeck (horcht einen Augenblick, dann setzt
er sich, immer noch sich zurechtzupfend, an
den Schreibtisch, stützt den «Kopf in die Hand
und arbeitet anscheinend eifrig)
(Es klopft)
Tembeck: herein!
Frau Starsch (öffnet die Tür, süß): Herr
Doktor, Herr Referendar Rohrbruch (noch
süßer) und
Rohrbruch (hinter ihr, schiebt sie zur Seite):
papperlapapp, guten Morgen Spund! (geht auf
Tembeck zu, der sich erhoben hat, und reicht
ihm die Hand) ich habe meine Frau mitgebracht,
es interessierte sie, mal meine alte Behausung
kennen zu lernen. Hoffentlich stört es dich nicht
Tembeck (schüttelt kräftig die Hand, dienst-
eifrig): aber ich bitte, bitte sehr
Rohrbruch (geht zur Tür): Schatz
Frau Starsch (reibt mit der Schürze eifrig
über die Stühle und Möbelkanten, süß): bitte,
bitte, gnädige Frau
Frau Rohrbruch (tritt an der Hand ihres
Mannes ein): ich bitte um Entschuldigung
Tembeck (verbeugt sich unbeholfen tief)
R o h r b r u c h (stellt vor): Herr cand. phil. Tem-
beck, meine Frau.
Frau Rohrbruch (reicht Tembeck die Hand):
ich überfalle Sie
Tembeck (immer mit tiefen Verbeugungen stot-
tert verwirrt etwas unverständliches zusammen,
ihre Hand nehmend)
Rohrbruch (schwadroniert): und das ist hier
also meine Bude, Schatz, hier habe ich gehaust,
an die vier Semester, es ist noch fast alles un-
verändert
Frau R o h l* b r u c h (schaut sich um): das freut
mich sehr, das mal zu sehn
R o h r b r u c h (greift auf die Kommode): sogar
meine Stummel liegen noch da ( er nimmt eine
volle Aschenschale in die Hand)
Frau Starsch (die an der Tür liebedienerisch
stehen geblieben war, stürzt auf ihn zu und
nimmt ihm die Aschenschale ab): oh, Herr Re-
ferendar (zu Frau Rohrbruch) der Herr Refe-
rendar waren immer so spaßig (sie verschwindet
schnell mit der Schale)
Rohrbruch (lacht hinter ihr her): ja Schatz,
der Betrieb ist ein bischen primitiv, sechs
Wochen bin ich nun schon weg
Frau R o h r b r u c h (belustigt): wie konntest du
die arme Frau
Rohrbruch (lacht): ich wollts dir ja doch nur
zeigen (fährt mit dem Finger über die Bettkante
und zeigt ihr) sieh, das liegt auch noch aus
meiner Zeit, interessiert dich das nicht?
Frau Rohrbruch (schlägt ihm lachend auf
die Finger): er ist schon ein richtiger Ehemann
geworden, was? oder hat er das früher aucn
gesehen? (blickt sich um): aber, wirklich, es ist
mir alles sehr interessant, ich lerne wieder ein
Mal ein Stückchen von meinem Mann kennen,
das tu ich zu gern, besonders aus seinem frühe-
ren Leben
Tembeck (lacht verlegen und rückt einen
Fauteuil): wollen Gnädige Frau nicht Platz
nehmen?
Frau Roibruch (setzt sich): danke schön,
wohnten Sie schon hier?
Rohrbruch (hält Tembeck die Zigarrentasche
hin): ja, hier haust eine ganze Studentenkolonie,
fünfe, was?
Tembeck (der eine Zigarre genommen hat,
reicht Rohrbruch das Messer zum Abschneidern
ruhig): danke. Vier jetzt, seitdem du fort bist,
ist noch nicht wieder vermietet. So mitten im
Semester ( zu Frau Rohrbruch) und ich bin dann
in das Zimmer Ihres Gatten gezogen.
Frau R o h r b r u c h: so ? ein lustiges Leben ist
das sicher hier, was? ich denke es mir herrlich,
unter gleichgestimmten Seelen
Rohrbruch (lacht, gibt das Messer zurück und
zündet sich die Zigarre an): oh, wir haben
manchen Ulk gedreht (klopft Tembeck auf die
Schulter) was? altes Haus? die Bude kann er-
zählen
Frau Rohrbruch (lacht): hoffentlich plaudert
sie heute ein bischen aus (sie erhebt sich und
tritt an den Schreibtisch) ist das der Schreib-
tisch, an dem du so viel gearbeitet hast?
R o h r b r u c h: jawoll, gearbeitet
Frau R o h r b r u c h (schelmisch): und Briefe an
mich geschrieben?
R o h r b r a c li (ist hinter sie getreten, nimmt rasch
ein Bild hinter ihrem Rücken von der Wand und
steckt es mit Handbewegung Tembeck zu, der
es hinter den Vorhang des Kleiderriegels legt)
Frau R o h r b r u c li (betrachtet eine Photo-
graphie, die auf dem Schreibtisch steht): das
sind wohl
R o h r b r u c h (rasch): ja, seine Schwestern
Frau Rohrbruch (nimmt das Bild): wie
hübsch (vergleicht), aber eigentlich wenig ähn-
lich.
Rohrbruch (nimmt ihr das Bild aus der Hand
und legt es auf den Schreibtischaufsatz mit der
Bildseite nach, unten): Und, Lieb, sieh mal, hier
hat immer dein Bild gestanden, dein Bild (weist
auf einen Platz auf den Schreibtisch) akkurat
hier.
Frau R o h r b r u c h (lacht glücklich auf und
klatscht vor Vergnügen in die Hände) O, wie
gern hätt ich das gesehen (stutzt, findet dann
aber gleich ihre Sicherheit wieder) gewiß, ich
habe oft das Verlangen gehabt, ich möchte mal
sehen, wo der Liebste wohnt (zu Tembeck)
können Sie das verstehen? na, Sie haben doch
zwei Schwestern? Haben die? Sind Sie der ein-
zige Bruder?
Tembeck (verwirrt): ja, ich glaube.
Frau Rohrbruch (sieht ihn überrascht an)
Kroller (tritt in die Tür, geschniegelt und ge-
bügelt): ah. sieh da, welche Ehre (tritt mit aus-
gestreckter Hand auf Rohrbruch zu, stutzt und
tut, als bemerke er erst jetzt Frau Rohrbruch)
oh, Verzeihung.
Rohrbruch (wendet sich um und reicht ihm
die Hand): Kroller, das freut mich (stellt vor)
hier, Schatz, mein alter Studibruder Kroller.
Kroller (verbeugt sich galant): Gnädige Frau
Scherwenz und Murx (treten in die Titre)
Rohrbruch (erfreut): und da, da ist die ganze
Korona, das trifft sich famos, nun kann ich sie
dir gleich alle vorfiihren, Kind, die Getreuen,
unter denen ich gehaust habe, hier, mein lieber
Freund Scherwenz, genannt Loch, du findest
keinen festeren Mann im Trunk. Und hier (zieht
den etwas zaghaft zurückstehenden Murx heran)
unser Bierdichter Murx, er rezitiert dir die
wunderbarsten Bierverse, wenn er voll ist, des
Geistes
Scherwenz und Murx (verbeugen sich eckig,
man merkt ihnen die Verlegenheit über Rohr-
bruchs Erklärungen an)
Frau Rohrbruch (lacht unbefangen und
reicht allen dreien die Hand, die sie mit tiefer
Verbeugung nehmen, zuletzt dem Murx): oh,
Sie Dichter! Sie sind also eigentlich das höhere
Element hier in diesem Kreise?
Murx (stottert unter tiefen Verbeugungen ver-
legen): sehr schmeichelhaft, Gnädige Frau
R o h r b r u c h (lustig): ja, meine Frau wollte sich
mal in meinem alten Milieu umsehen, einen Ein-
blick tun in mein vorsündflutliches Leben.
Kroller (galant): ein herrlicher Einfall, gnädige
Frau, der uns diese hohe Ehre verschafft
Frau R o h r b r u c h: Sie haben wohi nicht oft
Damenbesuch?
Kroller (sicher): leider nein.
t5
meinen, Ehcrecht und so (steht aut, nimmt ein
Biatt Papier vom Schreibtisch und iiest): die
Geburtenabnahme, ihre sozialen und ethischen
Ursachen und Wirkungen (iegt das Biatt wieder
hin) . . das spieit auch in meine Arbeit hinein
Murx: ah . . . ja . . . Geburten
K r o i 1 e r (kaut und schüttelt den Kopf): ja, dann,
so kann man sich also . . verändern!
Murx (tänzeit lachend umher, die Hände in den
Taschen)
Scherwenz (nickt vor sich hin): ja, heiraten
Murx (überschäumend): seht ihr, seht ihr, ein
Weib, ein Weib!
Kroller (trocken, spöttisch): ach
Murx (auftrumpfend): jawohl, der Staat soll uns
ein Weib geben, ein Weib müssen wir haben.
Kroller (iacht trocken, höhnisch)
Scherwenz (steht auf und tritt ans Fenster):
ich möcht wohi heute mai zum Kolleg gehen,
was Vernünftiges hören
Kr o Her (tritt zu ihm): sieh sie dir doch an, wie
sie rennen, die Streber, bieich, schloddrig, mit
dem Stempel einsamer Nächte.
Murx (immer noch fanatisch): nee, derda... hat
ne Keiinerin . . .ja, kuck . . o . . ich sag euch,
Volkshygiene, nichts als Voikshygiene.
Scherwenz (trocken): hm!
Murx (stoiz): ooch
Tembeck (am Schreibtisch): arbeiten
Murx (immer geblasen auf und ab hetzend): ha,
arbeiten, die Konzentration! Teufel! kaum setz
ich mich hin, gleich tanzt mir n Weib vor den
Augen (geht zum Tisch und will einschenken)
. . . (stellt die Flasche mit einer Gebärde des
Widerwillens wieder hin) äh!
Scherwenz: ist das nicht Rohrbruch?
(Alle drängen ans Fenster)
Kroller (überrascht): Donnerwetter!
Murx (hastig, entzückt): das ist seine Frau, ja,
seht mal, Blitz! was?! wie...?! he?!
Temb eck: die bringt ihn wohl her?
Scherwenz: die bringt er doch nicht mit?
Temb eck (beunruhigt): nanu . .?
Murx (außer sich): wahrhaftig, die schwenken
rüber (beugt sich ganz vor zur Scheibe) sie
gehn ins Haus, ins Haus
Tembeck: Teufel!
(alle stieben auseinander)
(Kroller, Scherwenz, Murx stürzen ihre Sachen
zusammenraffend, zur Tür hinaus)
Murx (brüllt draußen im Flur): Frau Starsch
Kroller: Waschwasser, Frau Starsch . .Wasen-
wasser . . heiliges Kanonenrohr.
Tembeck (schmeißt seine Schlabben unters
Bett und zieht hastig die Stiefel an, die er
fluchend unterm Waschgestell hervorsucht;
dann taucht er einen Handtuchzipfel in die
Wasserkaraffe, fährt sich hastig übers Gesicht
und trocknet mit einem anderen Zipfel nach; er
zieht einen Taschenkamm raus und fährt sich
vor dem Spiegel durchs Haar; knöpft den Rock
auf und zieht Kragen und Schlips in großer
Hast an)
(Es klingelt draußen)
Tembeck (rafft die umherliegenden Kleidungs-
stücke zusammen und wirft alles unters Bett;
er klopft das Bett glatt und packt das Kaffee-
geschirr ratlos gleichfalls unters Bett)
(Es klingelt draußen zum zweiten Male)
(Die schlürfenden Schritte der Frau Starsch
nähern sich und man hört ihren überraschten
süßlichen Begrüssungssermon. in der eine irische
burschikose Männerstimme hineintönt)
Tembeck (horcht einen Augenblick, dann setzt
er sich, immer noch sich zurechtzupfend, an
den Schreibtisch, stützt den «Kopf in die Hand
und arbeitet anscheinend eifrig)
(Es klopft)
Tembeck: herein!
Frau Starsch (öffnet die Tür, süß): Herr
Doktor, Herr Referendar Rohrbruch (noch
süßer) und
Rohrbruch (hinter ihr, schiebt sie zur Seite):
papperlapapp, guten Morgen Spund! (geht auf
Tembeck zu, der sich erhoben hat, und reicht
ihm die Hand) ich habe meine Frau mitgebracht,
es interessierte sie, mal meine alte Behausung
kennen zu lernen. Hoffentlich stört es dich nicht
Tembeck (schüttelt kräftig die Hand, dienst-
eifrig): aber ich bitte, bitte sehr
Rohrbruch (geht zur Tür): Schatz
Frau Starsch (reibt mit der Schürze eifrig
über die Stühle und Möbelkanten, süß): bitte,
bitte, gnädige Frau
Frau Rohrbruch (tritt an der Hand ihres
Mannes ein): ich bitte um Entschuldigung
Tembeck (verbeugt sich unbeholfen tief)
R o h r b r u c h (stellt vor): Herr cand. phil. Tem-
beck, meine Frau.
Frau Rohrbruch (reicht Tembeck die Hand):
ich überfalle Sie
Tembeck (immer mit tiefen Verbeugungen stot-
tert verwirrt etwas unverständliches zusammen,
ihre Hand nehmend)
Rohrbruch (schwadroniert): und das ist hier
also meine Bude, Schatz, hier habe ich gehaust,
an die vier Semester, es ist noch fast alles un-
verändert
Frau R o h l* b r u c h (schaut sich um): das freut
mich sehr, das mal zu sehn
R o h r b r u c h (greift auf die Kommode): sogar
meine Stummel liegen noch da ( er nimmt eine
volle Aschenschale in die Hand)
Frau Starsch (die an der Tür liebedienerisch
stehen geblieben war, stürzt auf ihn zu und
nimmt ihm die Aschenschale ab): oh, Herr Re-
ferendar (zu Frau Rohrbruch) der Herr Refe-
rendar waren immer so spaßig (sie verschwindet
schnell mit der Schale)
Rohrbruch (lacht hinter ihr her): ja Schatz,
der Betrieb ist ein bischen primitiv, sechs
Wochen bin ich nun schon weg
Frau R o h r b r u c h (belustigt): wie konntest du
die arme Frau
Rohrbruch (lacht): ich wollts dir ja doch nur
zeigen (fährt mit dem Finger über die Bettkante
und zeigt ihr) sieh, das liegt auch noch aus
meiner Zeit, interessiert dich das nicht?
Frau Rohrbruch (schlägt ihm lachend auf
die Finger): er ist schon ein richtiger Ehemann
geworden, was? oder hat er das früher aucn
gesehen? (blickt sich um): aber, wirklich, es ist
mir alles sehr interessant, ich lerne wieder ein
Mal ein Stückchen von meinem Mann kennen,
das tu ich zu gern, besonders aus seinem frühe-
ren Leben
Tembeck (lacht verlegen und rückt einen
Fauteuil): wollen Gnädige Frau nicht Platz
nehmen?
Frau Roibruch (setzt sich): danke schön,
wohnten Sie schon hier?
Rohrbruch (hält Tembeck die Zigarrentasche
hin): ja, hier haust eine ganze Studentenkolonie,
fünfe, was?
Tembeck (der eine Zigarre genommen hat,
reicht Rohrbruch das Messer zum Abschneidern
ruhig): danke. Vier jetzt, seitdem du fort bist,
ist noch nicht wieder vermietet. So mitten im
Semester ( zu Frau Rohrbruch) und ich bin dann
in das Zimmer Ihres Gatten gezogen.
Frau R o h r b r u c h: so ? ein lustiges Leben ist
das sicher hier, was? ich denke es mir herrlich,
unter gleichgestimmten Seelen
Rohrbruch (lacht, gibt das Messer zurück und
zündet sich die Zigarre an): oh, wir haben
manchen Ulk gedreht (klopft Tembeck auf die
Schulter) was? altes Haus? die Bude kann er-
zählen
Frau Rohrbruch (lacht): hoffentlich plaudert
sie heute ein bischen aus (sie erhebt sich und
tritt an den Schreibtisch) ist das der Schreib-
tisch, an dem du so viel gearbeitet hast?
R o h r b r u c h: jawoll, gearbeitet
Frau R o h r b r u c h (schelmisch): und Briefe an
mich geschrieben?
R o h r b r a c li (ist hinter sie getreten, nimmt rasch
ein Bild hinter ihrem Rücken von der Wand und
steckt es mit Handbewegung Tembeck zu, der
es hinter den Vorhang des Kleiderriegels legt)
Frau R o h r b r u c li (betrachtet eine Photo-
graphie, die auf dem Schreibtisch steht): das
sind wohl
R o h r b r u c h (rasch): ja, seine Schwestern
Frau Rohrbruch (nimmt das Bild): wie
hübsch (vergleicht), aber eigentlich wenig ähn-
lich.
Rohrbruch (nimmt ihr das Bild aus der Hand
und legt es auf den Schreibtischaufsatz mit der
Bildseite nach, unten): Und, Lieb, sieh mal, hier
hat immer dein Bild gestanden, dein Bild (weist
auf einen Platz auf den Schreibtisch) akkurat
hier.
Frau R o h r b r u c h (lacht glücklich auf und
klatscht vor Vergnügen in die Hände) O, wie
gern hätt ich das gesehen (stutzt, findet dann
aber gleich ihre Sicherheit wieder) gewiß, ich
habe oft das Verlangen gehabt, ich möchte mal
sehen, wo der Liebste wohnt (zu Tembeck)
können Sie das verstehen? na, Sie haben doch
zwei Schwestern? Haben die? Sind Sie der ein-
zige Bruder?
Tembeck (verwirrt): ja, ich glaube.
Frau Rohrbruch (sieht ihn überrascht an)
Kroller (tritt in die Tür, geschniegelt und ge-
bügelt): ah. sieh da, welche Ehre (tritt mit aus-
gestreckter Hand auf Rohrbruch zu, stutzt und
tut, als bemerke er erst jetzt Frau Rohrbruch)
oh, Verzeihung.
Rohrbruch (wendet sich um und reicht ihm
die Hand): Kroller, das freut mich (stellt vor)
hier, Schatz, mein alter Studibruder Kroller.
Kroller (verbeugt sich galant): Gnädige Frau
Scherwenz und Murx (treten in die Titre)
Rohrbruch (erfreut): und da, da ist die ganze
Korona, das trifft sich famos, nun kann ich sie
dir gleich alle vorfiihren, Kind, die Getreuen,
unter denen ich gehaust habe, hier, mein lieber
Freund Scherwenz, genannt Loch, du findest
keinen festeren Mann im Trunk. Und hier (zieht
den etwas zaghaft zurückstehenden Murx heran)
unser Bierdichter Murx, er rezitiert dir die
wunderbarsten Bierverse, wenn er voll ist, des
Geistes
Scherwenz und Murx (verbeugen sich eckig,
man merkt ihnen die Verlegenheit über Rohr-
bruchs Erklärungen an)
Frau Rohrbruch (lacht unbefangen und
reicht allen dreien die Hand, die sie mit tiefer
Verbeugung nehmen, zuletzt dem Murx): oh,
Sie Dichter! Sie sind also eigentlich das höhere
Element hier in diesem Kreise?
Murx (stottert unter tiefen Verbeugungen ver-
legen): sehr schmeichelhaft, Gnädige Frau
R o h r b r u c h (lustig): ja, meine Frau wollte sich
mal in meinem alten Milieu umsehen, einen Ein-
blick tun in mein vorsündflutliches Leben.
Kroller (galant): ein herrlicher Einfall, gnädige
Frau, der uns diese hohe Ehre verschafft
Frau R o h r b r u c h: Sie haben wohi nicht oft
Damenbesuch?
Kroller (sicher): leider nein.
t5