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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 15.1924

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Schreyer, Lothar: Der dienende Herr: Der Knabe
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https://doi.org/10.11588/diglit.47214#0224

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Die Lächelnden zählen die Sterne nicht
Der feurige Sternglanz erglüht im Herz
Die Stimme des Himmels schwillt und schwingt
Nun ist die Gnade gekommen
Das selige Wort birgt sich heimlich in der Tiefe tief
Ruhend im Arme der Mutter leuchtet der geborene Leib
Das frühe Leben lächelt aus süßem Traum
Zitternd flirrt das Sehnen der Welt
Das Spiel der Sterne singt in der Brust
Der Knabe greift nach dem Mond
Das bleiche Schiff fährt auf der Wolke
Die Füße der Mutter ruhen im silbernen Nachen
Das Herz segelt am Nachthimmel auf
Das Herz hellt die Nacht
Die schräge Sichel schneidet das reife Blut
Noch fahren die Kindlein im schwimmenden Nachen
Die fremden Gestade umsäumen das Blutmeer dunkel
Die wachenden Augen sehen das Land mit dem lockenden Licht
Der große Blick der Welt ist offen in den Grund
Noch halten die Menschenhände das Glück
Der schuldlose Samen bebt im Keim der Befruchtung
Schwer schweigen die Schlafenden unter dem Mond
Der Knabe wacht unter den Bäumen
Die Tropfen fallen kühl und nah
Im gesammelten Teich ziehen die Ringe des Regens und schwinden und ziehen
Hinter den Scheiben spinnen die Alten und sinnen
Alle Blätter baden ihr Fleisch
Die Knospen hüllen sich in den Tau des reinen Wassers
Die ruhenden Glieder warten
Der Blick sieht in die Seele und schaut
Der tauende Baum öffnet seine Krone in die dunkle Wurzel der Welt
Blutfrüchte verklären
Die stille Blume steht in der Mitte

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