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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Wiener Jahresausstellungen, [2]: Künstlerhaus, Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0334

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Wiener Ighre^nuSstcllungen.

Künstlerhaus. — Secession.

von Rarl von Vinccnri.

(Schluß aus dem vorigen Hefte.)

ir verlassen das Künstlerhaus. Die goldene Lorbeer-
kuppel des weißen Secessionshauses grüßt von
der Wienzeile herüber. Bald steigen wir die Freitreppe
hinauf und stehen in Olbrichs Vexierschachtel drinnen.
Denn eine solche ist in Wirklichkeit das Innere mit
seinen verschiebbaren Wänden. Im Mittelraum sind wir,
der jetzt in einen Skulpturensaal verwandelt ist. Gold
rieselt an den Wänden. In der Mitte „Marc Anton"
von Arthur Straßer auf dem Triumphwagen mitLöwcn-
gespann — wuchtig monumental, ein gewaltiger Wurf
des großen Kleinkünstlers, dessen polychrome Orient-
bildnerei seit Jahren unser Entzücken bildet. Jetzt
kommt Straßer mit einem Male als Monumentalbildner
— kommt und siegt. Wir kannten die kleine grünspanige
Gruppe des Triumvirs, des „Gezähmten Cleopatras",
mit seinen nubischen Raubzugtieren vom Künstlerhause
her. Das ist nun ins Ueberlebensgroße gewachsen. Vor-
läufig in stumpfem, toten Gips und doch das Leben
selbst, wie wird's erst in Erz vor dem Theseustempel
oder in den Museumsanlagen wirken! Viel moderne
Plastik wird dieser feiste Römer unter der Räderwucht
seines Löwcnkarrens zermalmen. Er soll auf der l900er
Pariser Ausstellung, ein Wiener Bildnertriumph, aufge-
fahren werden. Ringsum gruppiert sich Plastik von
Theresa Ries, Rodin, Bartholome, Saint
Marceaux, dem Prinzen Troubetzkoy, Stuck, Beyrer.
Theresa Feodrowna Ries, die Russin aus dem Atelier
Hellmers, bringt eine ganze Reihe von Marmorporträts:
ihren Meister, etwas zu gewollt in der Pose, den Parla-
mentarier Pirquet, den Professor Gomperz und einen Groß-

industriellen mit einem Denkcrkopfe, dann als Hocharbeit
die drei Töchter des bekannten Kunstfreundes und Nordpol-
forschers Grafen Hans Wilczek in einer fast grabmalhaften
Gruppe zusammen (s. ob. Abb.) — Arbeiten eines energischen,
treffsicheren, durch den Lehrmeister vor Ausschreitungs-
gelüsten bewahrten Modellierspachtels, dem der Meißel
gerne nachgeht. Alles in allem eine bedeutende Talentprobe
mit persönlichem Accent. Zu den Persönlichsten gehört
bekanntlich Troubetzkoy, der launenhafte Meister der schnei-
digen bildnerischen Skizze. Es ist tartarisches Temperament
in seiner vehementen Kunst, die an rapider Ausdrucks-
fähigkeit ihresgleichen sucht. Tolstois Porträtkops zeugt
dafür, noch schärfer der „General", ein Typus in ver-
wegenster Verbindung von brutaler Befehls-Ichsucht und
hochfahrender Beschränktheit. Rodins hämischer Rochefort-
kopf mit dem rebellischen Schopf findet in Saint Marceaux'
feinbeseeltem Mädchenkopfe (s. S. 261) — fast schattenhaft
wirkt hier der Marmor — ein wirksames Gegenstück. Stucks
„Amazone" war mir lieber als sein „VerwundeterKentaur"
und seine „Tänzerin".

Im roten Saal beherrscht Ferdinand Andri, ein
junger Wiener, mit seinem vielversprechenden Debüt das
Interesse; mit ihm Thaulow, Billotte, Skarbina,
Moll (zwei stimmungsvolle Interieurs), Bernatzik
(„Flußlandschaft"); der gelbe Saal beherbergt erstaunliche
sechs Meisterbilder Rudolf Alts, ein ganz ausgezeich-
netes Selbstporträt Kroyers, ein weibliches Sensations-
bildnis von Gandara (Gräfin Noailles), eine Reihe
Kuehlscher Bilder und zwei Neue: den Wiener Maxi-
milian Lenz („Eine Welt") und den Preßburger Fer-
 
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