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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Mortimer, Richard: Die Ausstellung der Berliner Secession, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0416

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Die Ausstcllung der Berliner Secession.

von Richard Mortinicr.

(Schluß aus dcm vor. Hefte.)

s wird wohl kaum noch Viole geben, die den großen
Fortschritt, den die Sccessionen ins Ausstellungs-
Wesen gebracht, verkennen. Auch die Berliner Secession
bietet das Gesamtbild dieser fortschrittlichen Ausstellungen,
die wohl nur dem, der die Münchener nicht besucht hat,
etwas Neues sein werden.

Bildnis der Vttc» Hierl-Deronco pinx.

Prinzessin Leopold

Das von Griscbach erbaute Haus steht auf der
Gartenterrasse des Theaters des Westens, an der Kant-
straße, also auf Charlottenburger Boden. Es ist sehr
klein und enthält nur eine Vorhalle, einen großen Saal,
vier mittelgroße Zimmer und die Räume des Sekretariats.
Aber es genügt vollauf für das Programm des Vereins.
Die Einrichtung ist die übliche: überall wohlthuende
sachliche Einfachheit, feingestimmte matte Wände, auf
denen die Bilder so weit wie möglich gehängt sind.
Natürlicherweise wird man bei diesen auf manche alte
Bekannte stoßen, die zum größeren Teil aus München
stammen, während die Berliner fast alle mit neuen
Werken vertreten sind. An der Spitze dieser letzteren
sei Lieb er mann genannt, dessen Initiative ja wohl

zum großen Teil das Zustandekommen des ganzen Unter-
nehmens zu danken ist. Neben einigen kleineren Werken,
die man nicht zu seinen Hauptschöpfungen rechnen kann,
ist noch ein älteres Bild, das aus dem Anfang der
achtziger Jahre stammt und sich im Privatbesitz in Paris
befindet, zu nennen. Hat das Werk wohl heute vor
allem für uns ein historisches Interesse, so wird man
daneben trotzdem seine Freude haben an der klaren Be-
handlung der Farbe und der sich so klar ankündigcndcn
Kunstauffassung Liebermauus, die man vielleicht mit
„Freude an der Existenz, nicht am Vorgang" bezeichnen
könnte. — Leistikow, in seiner Kunstauffassung der
Liebermannischcn diametral gegenüber stehend, bringt
diesmal zwei sonderbare Bilder: so stark stilisierte Land-
schaften, daß sie als Staffeleibilder kaum noch Berechti-
gung haben. Und dem Grunde ist es Wohl auch znzu-
schreiben, daß die an sich so hochinteressanten Werke —
ein als Dom aufgefaßter Wald, dessen blanke Stämme
wie gläserne Säulen schlank emporsteigen, und ein in
harte, strenge Linien gefaßter Blick über die Ruinenstadt
Visby — nicht so allgemein verstanden werden, wie sie
es wohl sollten. Berlins feinsinnigster Porträtmaler,
Lepsius, ist mit einem Damenporträt vertreten, das
die ebenso vornehme wie geistreiche Auffassung dieses
Meisters vorzüglich zeigt. An malerischem Können steht
Lepsius auf seinem Gebiet in Berlin fast einzig da.
Ludwig von Hofmann hat leider keines seiner neuen
Hauptwerke da; das schöne „Adam und Eva" ist schon
von der Elferausstellung vorigen Jahres her bekannt.
Curt Herrmann zeigt in seinen Stilleben, daß sich
seine malerische Bravour in den letzten Jahren sehr ver-
feinert hat: es ist nicht wenig, solch starke Töne so
harmonisch zu vereinigen wie auf dem Früchtestilleben.
Martin Brandenburg ist leider mit seinem „Phan-
tom" nicht so glücklich wie in seinen früheren Bildern,
so daß man dieses starke Talent hier nicht genügend
würdigen kann. Er schwankt hier zwischen Modell- und
Phantasiemalerei und kommt so zu keiner Harmonie.
Langhammers großes Campagnabild ist wohl eine
der schönsten Landschaften der ganzen Ausstellung und
eine der feinsten Leistungen, die die Brachtschule gezeitigt.

Es kann nicht Aufgabe dieser wenigen Zeilen sein,
alles Gute aufzuführen. Die Ausstellung enthält ja zu
ihrem größten Teil nur solches, und. es ließen sich viele,
den genannten an Qualitäten gleichstehende Werke an-
führen. Nun noch über die am meisten bemerkten Werke
der Nichtberliner einige Worte. Darunter gehören die von
Max Slevogt. Allerdings hängt sich dieses Interesse
mehr an das stark hervortretende Stoffliche („Der ver-
lorene Sohn", als Triptychon gefaßt, und ein „Toten-
tanz") und man sieht nicht, daß Slevogt ein Pinsel-
sührer ist, wie es ganz wenige nur in Deutschland giebt.
Seine Handschrift ist brutal, aber durch ihre Stärke
imponierend. Den Humor, der oft den seelischen Grund-
ton bildet, scheinen übrigens auch die meisten zu über-
sehen. — Wahre Perlen sind wieder die kleineren Tem-
perabilder von Ludwig Dill, von einer Echtheit und
Tiefe der Stimmung und einer koloristischen Verfeinerung,
 
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