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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Haupt, R.: Dänische Glockenkunde
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Widmer, Karl: Aus dem Karlsruher Kunstleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0115

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Aus dem Karlsruher Kunstleben

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mit Runeninschriften sind nur zwei sicher nach-
zuweisen, davon eine, jene von Iskil gegossene, zu
Hästrup, erst durch Uldall bekannt geworden ist. Sie
hat in Runenschrift das Ave in lateinischer Sprache.
Die andere war jene schon erwähnte Glocke von
1105. Es gab aber noch mehr.

Die ersten Gießer, noch im 13. Jahrhundert, sind
Sveno, Hermann, Martin. Im 14.: Friedrich, Nicolaus,
Paul (1329), Hakon?, Gherardus?2), Peter (1395?),
Adam, Olaus Hinrici (1370), Martin, Onste?, Andreas,
Nicolaus (1340. 1410), Daniel de Cortrike (1368),
Olaus Jürgensen.

Aus dem Herzogtum Schleswig sind von den
888 Glocken 80. Um die in unserem Inventar der
Baudenkmäler gebotenen Angaben zu bestätigen, zu
erweitern, zu berichtigen, leistet Uldalls Werk eine
schätzbare Arbeit und Hilfe.

Aus dem Mittelalter muß sich eine gewaltige
Menge Glocken in die Neuzeit herüber gebracht
haben. Es ist das beachtenswert und merkwürdig,
da doch die Natur diesen Landen jede Versorgung
mit Metallen versagt hat, und auch stets, infolge da-
von, der Gebrauch des Metalls in engeren Grenzen
geblieben ist als anderswo (vergleiche »Kunstchronik«
1905/1906, Sp. 360). Wie nun die neue Zeit heran-
gekommen war, und sich der Bedarf für neue Zwecke
mit großem Nachdruck geltend machte, da kehrte das
für kirchlichen Gebrauch Geweihte oder Zurück-
gelegte in den Kreislauf der Stoffe zurück. Das
Gold und Silber und das Erz, das Bergwerke nicht
hergeben wollten, ward aus den Kirchen geholt, und
wie diese selbst oft genug für Festungen und Schlösser
und andere Bauwerke als Steinbrüche dienen mußten,
so mußten die Glocken die Bronze zur Bestückung
der Flotten und Festungswerke liefern, Kupfer zur
Deckung von Dächern, und auch zur Ausmünzung.
Drei Könige, Friedrich I., Christian II. und Christian IV.,
haben solche Metallgewinnung mit Eifer und großem
Erfolge betrieben. Dem erstgenannten wurden allein
1528 und 1529 zum Einschmelzen 1898 Glocken
eingesandt. Der vierte Christian erklärte 1600, eine
einzelne Glocke sei genug für jede Kirche. Wonach
sich zu achten war. In jenen Zeiten war das Her-
zogtum Schleswig nur noch mittelbar und gelegent-
lich von dem mitberührt, was das Königreich anging;
so ist denn hier etwas mehr erhalten geblieben als
sonst der Fall gewesen wäre.

Einige Register ergänzen den Band und erleichtern
den ihn Durcharbeitenden einigermaßen die Gewin-
nung derjenigen allgemeinen Ergebnisse und Kennt-
nisse, welche dem reichen, in der Behandlung der
Gegenstände selbst und in Uldalls Anmerkungen und
Erörterungen gebotenen Stoffe zu entnehmen sind.

1) Uldall ist genötigt, diesen Meister gewissermaßen
in zwei Stücke zu schneiden (S. 28 und 90), weil er, stets
geneigt, in der Zeit herunter zu datieren, die Taufe zu
Sieck nicht mehr dem 14. Jahrhundert zugestehen kann
(über diese s. schl.-holst. Inv. 2, 545). Diese ist jedoch
in allem Entscheidenden gleich der Taufe zu Schönberg
im Fürstentum Ratzeburg, welche gegossen ist von Oherardns
Dictus Crapengeter 1357!

Diese Ergebnisse werden dem Werke seine ge-
bührende Stellung im Bereiche unserer allgemeinen
Glockenkunde sichern. HAUPT.

AUS DEM KARLSRUHER KUNSTLEBEN.
Der Ruf der Karlsruher Kunst ist jahrzehntelang ziem-
lich ausschließlich von der Malerei getragen worden. Das
kam auch bei den verschiedenen retrospektiven Jubiläums-
ausstellungen, welche uns während der jubiläenreichen
letzten Jahre die Entwickelung des Karlsruher Kunstlebens
veranschaulicht haben, deutlich zum Ausdruck: je weiter
zurück, desto ausschließlicher dominierte die Malerei. Die
letzte derartige Ausstellung wurde in den beiden ersten
Januarwochen im Kunstverein veranstaltet. Es war eine
auf Anregung des Großherzogs aus verschiedenen badischen
Schlössern ausgewählteSammlung badischerFürstenporträts,
die mit ungefähr 150 Öl- und Pastellbildnissen die beiden
letztvergangenen Jahrhunderte umfaßte. Im ganzen über-
wog begreiflicherweise das historische Interesse. Besonders
reich war die Porträtierkunst aus dem Anfang und der
Mitte des 19. Jahrhunderts vertreten. Hier trat Winter-
halter als tonangebender Meister seiner Zeit in den
Vordergrund. — Im Gegensatz zu der einseitigen Ent-
wickelung der früheren Jahrzehnte — die eben im Wesen
des ganzen damaligen Kunstlebens lag — macht sich in
neuerer Zeit eine um so größere Vielseitigkeit des künstle-
rischen Aufschwungs fühlbar. Baukunst und Kunsthand-
werk treten seit Jahren als ebenbürtige Partner der Malerei
auf. Besonders wichtig — schon im Sinne des Zusammen-
wirkens der Künste mit der Architektur — ist es, daß sich
in neuester Zeit auch ein tüchtiger Nachwuchs junger
Bildhauer zu regen beginnt. Unter ihnen hatte unier anderem
Wilhelm Gerstel vor kurzem eine Kollektion von Studien-
köpfen, Porträtbüsten und Aktskizzen im Kunstverein aus-
gestellt, deren gemeinsamer Vorzug in der gesunden Ver-
bindung eines maßvollen Naturalismus mit einem stil-
bewußten plastischen Sehen lag. Eine vielseitige und
sprudelnde Persönlichkeit ist Benno Elkan, wenn auch nicht
in allem reif und ausgeglichen. In seinen Porträtplaketten
kann der ornamentaleSchick und der Reizgeistreich skizzieren-
der Frische über den Mangel an Gründlichkeit nicht immer
hinweghelfen. Unter seinen größeren Plastiken zeichnen
sich seine männlichen Porträts (Maske des Simplizissimus-
zeichners Pascin) durch Einfachheit der Auffassung und
Lebendigkeit des Ausdrucks aus; in anderen (weiblicher
Studienkopf, »Fmoll-Sonate«) wirkt das gewaltsam Aus-
drucksvolle der Auffassung weniger sympathisch. Anmutig
und schlicht ist sein für das Dortmunder Theater bestimmter
Flötenbläser. Als keramischer Kleinplastiker hat sich neuer-
dings der Bildhauer Jansen mit vielversprechenden Arbeiten
hervorgetan. Es sind Tierstücke und kleine Gruppen
(russisches Schlittengefährt, abgestiegener Kosak, reitender
Bauer und dergleichen), die ebenso viel Temperament wie
plastisches Formgefühl verraten. — In der Architektur ist
die private Bautätigkeit, von der ja überhaupt der architek-
tonische Aufschwung von Karlsruhe ausgegangen ist, im
Ausbau interessanter neuer Wohnviertel rüstig fortge-
schritten. (Öffentliche Bauten von künstlerischer Bedeutung,
von denen eine von der Stadt geplante Kunstausstellungs-
halle einem besonders dringenden Bedürfnis abhelfen wird,
wird uns die nächste Zukunft bringen.) Neben tiermann
Billing und Curjel & Moser hat Friedrich Ratzel in den
letzten Jahren auch im Privatbau eine einflußreiche Tätig-
keit entfaltet; und, was den Umfang seiner Wirksamkeit
betrifft, namentlich Hermann Sexauer, der da, wo er sich
an schlichte Barockformen anlehnt, sein Bestes schafft.
Die großen Überraschungen, welche die ersten Billing-
häuser usw. gebracht haben, kehren natürlich nicht alle
 
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