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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Widmer, Karl: Aus dem Karlsruher Kunstleben
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0116

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213

Personalien — Nekrologe —

Denkmäler — Denkmalpflege

214

Tage wieder. Dafür ist innerhalb der neuen Bewegung
selbst seitdem eine bemerkenswerte Abklärung eingetreten.
Anfangs mag die Reaktion gegen die Schablonenfassade der
Renaissancebauerei, die Freude an der malerischen Wirkung
der unregelmäßigen, gruppierenden Bauweise auch manch-
mal des Guten zuviel getan haben. Man gruppierte auch
nur um des Oruppierens willen, ohne inneren Grund, legte
überhaupt auf die malerische Erscheinung des Hauses
einen etwas zu starken Nachdruck. Eine bezeichnende
Rolle spielten auch die für ein städtisches Wohnhaus doch
überflüssigen (freilich vom Bauherrn meist verlangten)
Ecktürme und dergleichen Zutaten des Burgenstils. Jetzt
aber hat sich die Bewegung von diesen Äußerlichkeiten
immer mehr befreit. Man baut einfacher und sachlicher.
Entscheidenden Einfluß gewannen auch die Empire- und
Biedermeierhäuser des älteren Karlsruhe. Man nähert sich
ihnen im Sinne vornehmer Schlichtheit und Ruhe. So
kommt die Entwicklung immer mehr auf einen Ausgleich
mittelalterlich-gruppierender und modern-regelmäßiger Bau-
weise hinaus, indem man, je nach der Art des Hauses und
den gegebenen Bedingungen (freistehendes Einfamilien-
haus oder eingebautes Etagenhaus) bald die Vorzüge des
einen, bald des anderen mehr betont. karl widmer.

PERSONALIEN

Der Vorstand des Deutschen Kunstvereins hat sich
nach der Hauptversammlung soeben neu gebildet: Zum
ersten Vorsitzenden wurde Geh. Regierungsrat Direktor von
Tschudi und als seine Stellvertreter Geh. Oberregierungs-
rat Erich Müller und Prof. Karl Köpping einstimmig wieder-
gewählt. Schriftführer ist Prof. Dr. Ludwig Justi, erster
ständiger Sekretär der Akademie der Künste, Schatzmeister
Bankier C. H. Kretzschmar. Neu sind dem Vorstande hin-
zugetreten: Geh. Regierungsrat Dr.-Ing. Muthesius und
Schriftsteller Theodor Wolff. Die letztjährigen Einnahmen
und Ausgaben beziffern sich auf rund 23200 Mark. Für
Erwerbung von Kunstwerken und Herstellung der Vereins-
gabe (Schabkunstblatt von Börner nach Feuerbachs »Mando-
linenspieler«) wurden 14000 Mark verwendet. Die Mit-
glieder, deren Zahl 1250 beträgt, genießen freien Eintritt
zu den Berliner Ausstellungen und Kunstsalons.

-f. Präsident der eidgenössischen Kunstkommission
wuide Charles Vuillermet, Maler in Lausanne.

Zum Professor an der Nürnberger Kunstgewerbeschule
wurde der Maler Otto Lohr in München, der bisherige
Teilhaber der kunstgewerblichen Werkstätten von Steinicken
St Lohr ernannt.

NEKROLOGE
Durch den Tod des Professors Wilhelm Amandus
Beer hat die Frankfurter Künstlerschaft einen empfindlichen
Verlust erlitten. Beer war in Frankfurt 1837 geboren. Sein
Lehrmeister war Steinle, unter dessen Einfluß er Historien-
malerwurde. Seiner Frühzeit entstammenWerke wie »Thomas
von Bologna besucht Albrecht Dürer« und »Die heilige
Caecilie«. Die endgültige Richtung erhielt sein Wirken
jedoch erst nach dem mehrmaligen Aufenthalt in Rußland.
Der russischen Landschaft und dem dortigen Volksleben
galt größtenteils sein weiteres Schaffen. Das prächtige,
mit großer Charakterisierungskunst und Feinheit aus-
geführte Bild »Smolensker Jahrmarkt« befindet sich im
Städelschen Kunstinstitut, das dem Verstorbenen vor einer
Reihe von Jahren die Leitung seines Meisterateliers für
Malerei übertragen hatte. Die bedeutendsten dieser
russischen Bilder sind wohl außer dem vorerwähnten »Die
ersten gefangenen Türken in einer russischen Stadt«,
»Pferdemarkt« und »Aufbruch zur Jagd von Elentieren«.

Dauernd hat sich Beer im Jahre 1870 in Frankfurt nieder-
gelassen.

Der ehemalige Direktor der französischen archäo-
logischen Schule in Athen Louis Emile Burnouf ist in
Paris im Alter von 85 Jahren vom Tode ereilt worden.
Burnouf hat um die archäologische Forschung Frank-
reichs große Verdienste. 1867 zum Direktor der französischen
Schule in Athen berufen, gelang es ihm, von der griechischen
Regierung die Konzession zu einem Bauplatz für die Schule
zu erlangen, die bald zum Mittelpunkt der französischen
Forschungen in Griechenland geworden ist. Unter seiner
Leitung wurden Ausgrabungen auf der Akropolis, in Delos
und Santorin unternommen. Unter seinen zahlreichen
Werken ist das bedeutendste eine »Geschichte der griechi-
schen Literatur«. Außerdem hat er eine Reihe von fach-
wissenschaftlichen Arbeiten, Beiträge zur Archäologie
Athens usw. veröffentlicht.

In Krakau ist der Landschaftsmaler Jan Stanislawski,
Professor an der dortigen Kunstakademie, im Alter von
45 Jahren gestorben.

Der elsässische Maler Charles Alfred Touchemolin
ist kürzlich in Brighton, 77 Jahre alt, gestorben. Er war
geborener Straßburger und später Schüler von Guerin.
Als Schlachtenmaler und Illustrator hat er unter anderem
mit Vorliebe die Geschichte des deutsch-französischen
Krieges behandelt.

In Paris ist der Kunstschriftsteller Jean Emile Henri
Sarriau, 47 Jahre alt, gestorben, der um das Zustande-
kommen der französischen Jahrhundertausstellung große
Verdienste gehabt hat.

DENKMALPFLEGE

Brügge. Unsere Kunsfdenkmäler stehen wie es scheint
unter einem bösen Stern: noch schlägt die Nachricht von
der skandalösen Behandlung der alten Bilder unseres so-
genannten städtischen Museums ihre erregten Wogen, als
schon wieder eine neue Hiobsnachricht die Gemüter der
Kunstfreunde in Erregung setzt. Die Kommission der
städtischen Museen hatte sich sehr energisch dem An-
suchen widersetzt, das berühmte weibliche Bildnis von
van Eyck und das äußerst wertvolle Bildnis von Franz
Pourbus, welches die »Gesellschaft der Museumsfreunde«
gelegentlich der Versteigerung der Galerie Somzee er-
worben und der Stadt zum Geschenk gemacht hatte, für
die Ausstellung alter vlämischer Meister, die man in London
veranstaltet hatte, herzuleihen. Die Kommission, die vom
Publikum und der Presse deshalb lebhaft getadelt wurde,
hatte nur allzusehr recht, sich dem Ansuchen zu wider-
setzen, dem sie schließlich nachgegeben hat: der Pourbus
ist mit einem von oben nach unten gehenden Riß zurück-
gekommen! Das Bild ist verloren. a.r.

Heidelberg. Auf Grund neuer Gutachten, zu deren
Einholung die Regieruug im letzten Landtag von den Ab-
geordneten aufgefordert worden war, ist die Frage, ob das
Heidelberger Schloß wieder aufgebaut werden soll, aber-
mals brennend geworden. Wie verlautet, will die Re-
gierung 100000 Mark als erste Rate für bauliche Sicher-
heitsvorrichtungen am Otto-Heinrichs-Bau fordern.

DENKMÄLER

In Wiesbaden soll dem verstorbenen ersten Kur-
direktor Ferdinand Heyl ein Marmordenkmal errichtet
werden, dessen Ausführung der Bildhauer Hugo Berwald
in Berlin übernimmt.

-f. Für ein Reformationsdenkmal in Genf sind
über 100000 Fr. gezeichnet worden.

Brüssel. Die schönsten Werke, die der verstorbene
Theodor Verstraete geschaffen, befinden sich in der. be-
 
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