481
Nekrologe
— Personalien
482
Bisher hat hier eigentlich niemand etwas von dänischer
Kunst gewußt, während wir in dieser Beziehung in
Deutschland viel besser orientiert wurden, wofür
ich nur das bei E. A. Seemann erschienene und
mit 120 Abbildungen versehene Werk über dänische
Kunst des 19. Jahrhunderts von Emil Hannover
anführen will. Bei einer großen Anzahl der ausge-
stellten Werke wird französischer Einfluß sofort be-
merkbar, indessen hätte z. B; Fantin-Latour das von
Kroyer geschaffene Gruppenbild französischer Künstler
nicht besser herstellen können. Der genannte dänische
Maler ist hier durch eine ganze Reihe ausgezeichneter
Porträts und Stimmungsbilder vertreten. Ebenso muß
Wilhelm Hammershoi als ein hochstehender Maler
hervorgehoben werden. Seine Arbeiten, die von be-
deutendem Talent und eigenartigster Auffassung zeugen,
leiden etwas durch eine gewisse Monotonie und die
in den Interieurs wiederkehrende und uns meist den
Rücken zuwendende Figur, erscheint eigentlich nur,
um einen Platz in dem Bilde als Teil des Zimmers
einzunehmen. Weniger für das große Publikum als
für den Kenner übt dieser Meister besonderen Reiz
aus. Ferner will ich nicht unterlassen als vortreff-
liche Künstler die nachstehenden zu erwähnen: Tuxen,
Hansen, Rosenstrand, Zaartmann, Lundbye, Johanson,
Niels M. Lund, Heisted und Karl Holsoe.
Die Zahl der Spezialausstellungen in London ver-
mehrt sich von Jahr zu Jahr in so progressivein Ver-
hältnis, daß der Berichterstattung schließlich nichts
weiter übrig bleibt, als in vielen Fällen summarisch
zu verfahren. Ich registriere deshalb nur namentlich
eine Aquarellausstellung von Ruskins Arbeiten in der
»Fine Art Society«. Von den Bildern waren bisher
130 verkauft, darunter das 1857 angefertigte »Der
Paß von Kiliecrankie«, deshalb besonders von mir
erwähnt, weil in dieser Schöpfung Ruskins so ziem-
lich seine Theorie mit der Praxis sich deckt. In dem-
selben Institut befindet sich zurzeit eine hochinteressante
Sammlung von altdeutschen eisernen Schmiedearbeiten
zur Besichtigung. — Eine Ausstellung von schönen
und gut porträtierten Frauen sieht wohl jeder gern!
Eine solche fand in der »Mendoza-Gallery« statt, wo-
selbst ein junger, neu aufstrebender und zu den besten
Erwartungen berechtigter Künstler, Mr. Maurice Ran-
dall, sich in seiner Spezialität, dem Pastellbildnis, vor-
stellte. Ein höchst gelungenes, von diesem Maler
hergestelltes Porträt ist das von Mrs. Mason, eine
Dame, die in ihrer eignen Sammlung übrigens manch
hübsches Andenken an große Meister besitzt. So unter
anderen das erste, wirklich durchgeführte Aquarellwerk
Millais', das eine Mrs. Medex darstellt, die die Jugend-
liebe des großen Meisters war und bisher nicht re-
produziert wurde. Das in der »Royal Society of
Painters in Water Colours« am meisten bewun-
derte und gleich nach der Eröffnung verkaufte Bild
stammt von Mr. Edward R. Hughes her und betitelt
sich »Heart of Snow«, zu deutsch »Schneeherz«. Das
Sujet stellt ein ungemein anziehendes junges Mädchen
dar, das in einer Gletscherlandschaft als Berggeist
gedacht ist. Entgegengesetzt zu dieser nordischen
Szenerie will ich zum Schluß von Walter Cranes
Ausstellung in der »Dowdeswell-Gallery« berichten,
der von einer längeren Reise aus Indien zurückgekehrt,
die Früchte derselben in Form von 47 Aquarellbildern
zur Besichtigung bot, und in denen Licht und Farbe
vorteilhaft zum Ausdruck kommen. Einzelne der
Titel lauten: »Bombay«, »Ellora-Tempel«, »Himalaya«,
»Dschungeln«, »Benares«, »Colombo«, »Ceylon« und
»Palmenwälder«. o. v. SCHLEINITZ.
NEKROLOGE
In Wien slarb in der Nacht zum 11. Juni der Maler
Charles Wilda an den Folgen eines am 27. Mai erlittenen
Schlaganfalles. Er war am 20. Dezember 1854 in Wien
geboren und in der Hauptsache Schüler Leopold Müllers
(des »Ägypters«) an der Wiener Akademie, dessen Beispiel
ihn auch alsbald nach dem Nillande führte. Seine dortigen
Genrebilder zeichnen sich durch genaue Beobachtung und
eleganten Vortrag aus, auch ihr Kolorismus hat mehr
Glanz als Kraft, mehr Schimmer als Flimmer. Es war
das gemalte Ägypten der siebziger Jahre, das sich mit
neuer Frische fortsetzte. Sein »Arabischer Wahrsager« er-
hielt noch 1895 den Kaiserpreis. Nach der Heimkehr
schlug er jedoch in dörflichen Szenen alsbald die kühlere
heimatliche Note an und pflegte auch das lebensgroße
Porträt. 1904 erhielt er die große goldene Staatsmedaille,
und zwar für ein Bild: »Prinzessin Turandot«, das ihn auf
ganz neuer Bahn zeigte. Es war eine glänzende Chinoi-
serie, wie sie etwa noch Boutet de Monvel malen könnte,
in märchenhafter Pointierung, mit der Zierlichkeit eines
Miniaturisten gemalt und in seinem vielen Goldgelb und
Purpur von der Farbenwirkung eines Schmuckstücks. Das
originelle Bild hatte einen großen Erfolg. 1906 folgte in
der nämlichen Sphäre »Gulliver und die Riesenfräulein«.
Auch dieses hat, wenigstens in den Typen, eine chinesische
Pointe. Es ist ungemein sauber gemalt, aber schon mehr
für das große Publikum, und auch eigentlich auf Verviel-
fältigung berechnet. Schwächer war das diesjährige Bild:
»Prinz und Bauernmädchen«, die Begegnung auf einem
Brücklein, wo der schwefelgelbe Prinz aus vielem Grau
etwas vereinsamt hervorsticht. Wilda war auch als Mensch
und Charakter sehr sympathisch und wird im Verband
der Künstlergenossenschaft schmerzlich vermißt werden.
Ludwig Mevesi.
PERSONALIEN
Professor von Thiersch, der eben erst den überaus
prunkvollen Bau des neuen Kurhauses in Wiesbaden voll-
endet hat, wird sogleich wieder vor eine neue Aufgabe
gestellt werden. Die Stadt Frankfurt wird ihm den Bau
einer Ausstellungs- und Festhalle übertragen, deren Kosten
sich auf rund einundeinehalbe Million Mark stellen werden,
und deren Ausführung bis Ende des Jahres 1908 vom
Architekten gewährleistet wird.
Professor Louis Tuaillon ist zum Vorsteher eines
Meisterateliers für Bildhauerei an der Königlichen Akade-
mie der Künste in Berlin ernannt worden.
G. E. L. Friedrich, Maler und Kupferstecher zu
Dresden, ein Schüler Ludwig Richters, und Julius Köckerr,
aus Leipzig gebürtig, aber seit langem in München an-
sässig und dort ehemals als Historienmaler geschätzt, feier-
ten in voller Frische ihren 80. Geburtstag.
Der Graphiker Hugo Steiner-Prag, gegenwärtig an
der Kunstgewerbeschule in Barmen wirkend, ist an die
Akademie für graphische Künste nach Leipzig berufen
worden.
Die Ehrenmedaille des diesjährigen Pariser Sa-
lons erhielt Henri Martin.
Nekrologe
— Personalien
482
Bisher hat hier eigentlich niemand etwas von dänischer
Kunst gewußt, während wir in dieser Beziehung in
Deutschland viel besser orientiert wurden, wofür
ich nur das bei E. A. Seemann erschienene und
mit 120 Abbildungen versehene Werk über dänische
Kunst des 19. Jahrhunderts von Emil Hannover
anführen will. Bei einer großen Anzahl der ausge-
stellten Werke wird französischer Einfluß sofort be-
merkbar, indessen hätte z. B; Fantin-Latour das von
Kroyer geschaffene Gruppenbild französischer Künstler
nicht besser herstellen können. Der genannte dänische
Maler ist hier durch eine ganze Reihe ausgezeichneter
Porträts und Stimmungsbilder vertreten. Ebenso muß
Wilhelm Hammershoi als ein hochstehender Maler
hervorgehoben werden. Seine Arbeiten, die von be-
deutendem Talent und eigenartigster Auffassung zeugen,
leiden etwas durch eine gewisse Monotonie und die
in den Interieurs wiederkehrende und uns meist den
Rücken zuwendende Figur, erscheint eigentlich nur,
um einen Platz in dem Bilde als Teil des Zimmers
einzunehmen. Weniger für das große Publikum als
für den Kenner übt dieser Meister besonderen Reiz
aus. Ferner will ich nicht unterlassen als vortreff-
liche Künstler die nachstehenden zu erwähnen: Tuxen,
Hansen, Rosenstrand, Zaartmann, Lundbye, Johanson,
Niels M. Lund, Heisted und Karl Holsoe.
Die Zahl der Spezialausstellungen in London ver-
mehrt sich von Jahr zu Jahr in so progressivein Ver-
hältnis, daß der Berichterstattung schließlich nichts
weiter übrig bleibt, als in vielen Fällen summarisch
zu verfahren. Ich registriere deshalb nur namentlich
eine Aquarellausstellung von Ruskins Arbeiten in der
»Fine Art Society«. Von den Bildern waren bisher
130 verkauft, darunter das 1857 angefertigte »Der
Paß von Kiliecrankie«, deshalb besonders von mir
erwähnt, weil in dieser Schöpfung Ruskins so ziem-
lich seine Theorie mit der Praxis sich deckt. In dem-
selben Institut befindet sich zurzeit eine hochinteressante
Sammlung von altdeutschen eisernen Schmiedearbeiten
zur Besichtigung. — Eine Ausstellung von schönen
und gut porträtierten Frauen sieht wohl jeder gern!
Eine solche fand in der »Mendoza-Gallery« statt, wo-
selbst ein junger, neu aufstrebender und zu den besten
Erwartungen berechtigter Künstler, Mr. Maurice Ran-
dall, sich in seiner Spezialität, dem Pastellbildnis, vor-
stellte. Ein höchst gelungenes, von diesem Maler
hergestelltes Porträt ist das von Mrs. Mason, eine
Dame, die in ihrer eignen Sammlung übrigens manch
hübsches Andenken an große Meister besitzt. So unter
anderen das erste, wirklich durchgeführte Aquarellwerk
Millais', das eine Mrs. Medex darstellt, die die Jugend-
liebe des großen Meisters war und bisher nicht re-
produziert wurde. Das in der »Royal Society of
Painters in Water Colours« am meisten bewun-
derte und gleich nach der Eröffnung verkaufte Bild
stammt von Mr. Edward R. Hughes her und betitelt
sich »Heart of Snow«, zu deutsch »Schneeherz«. Das
Sujet stellt ein ungemein anziehendes junges Mädchen
dar, das in einer Gletscherlandschaft als Berggeist
gedacht ist. Entgegengesetzt zu dieser nordischen
Szenerie will ich zum Schluß von Walter Cranes
Ausstellung in der »Dowdeswell-Gallery« berichten,
der von einer längeren Reise aus Indien zurückgekehrt,
die Früchte derselben in Form von 47 Aquarellbildern
zur Besichtigung bot, und in denen Licht und Farbe
vorteilhaft zum Ausdruck kommen. Einzelne der
Titel lauten: »Bombay«, »Ellora-Tempel«, »Himalaya«,
»Dschungeln«, »Benares«, »Colombo«, »Ceylon« und
»Palmenwälder«. o. v. SCHLEINITZ.
NEKROLOGE
In Wien slarb in der Nacht zum 11. Juni der Maler
Charles Wilda an den Folgen eines am 27. Mai erlittenen
Schlaganfalles. Er war am 20. Dezember 1854 in Wien
geboren und in der Hauptsache Schüler Leopold Müllers
(des »Ägypters«) an der Wiener Akademie, dessen Beispiel
ihn auch alsbald nach dem Nillande führte. Seine dortigen
Genrebilder zeichnen sich durch genaue Beobachtung und
eleganten Vortrag aus, auch ihr Kolorismus hat mehr
Glanz als Kraft, mehr Schimmer als Flimmer. Es war
das gemalte Ägypten der siebziger Jahre, das sich mit
neuer Frische fortsetzte. Sein »Arabischer Wahrsager« er-
hielt noch 1895 den Kaiserpreis. Nach der Heimkehr
schlug er jedoch in dörflichen Szenen alsbald die kühlere
heimatliche Note an und pflegte auch das lebensgroße
Porträt. 1904 erhielt er die große goldene Staatsmedaille,
und zwar für ein Bild: »Prinzessin Turandot«, das ihn auf
ganz neuer Bahn zeigte. Es war eine glänzende Chinoi-
serie, wie sie etwa noch Boutet de Monvel malen könnte,
in märchenhafter Pointierung, mit der Zierlichkeit eines
Miniaturisten gemalt und in seinem vielen Goldgelb und
Purpur von der Farbenwirkung eines Schmuckstücks. Das
originelle Bild hatte einen großen Erfolg. 1906 folgte in
der nämlichen Sphäre »Gulliver und die Riesenfräulein«.
Auch dieses hat, wenigstens in den Typen, eine chinesische
Pointe. Es ist ungemein sauber gemalt, aber schon mehr
für das große Publikum, und auch eigentlich auf Verviel-
fältigung berechnet. Schwächer war das diesjährige Bild:
»Prinz und Bauernmädchen«, die Begegnung auf einem
Brücklein, wo der schwefelgelbe Prinz aus vielem Grau
etwas vereinsamt hervorsticht. Wilda war auch als Mensch
und Charakter sehr sympathisch und wird im Verband
der Künstlergenossenschaft schmerzlich vermißt werden.
Ludwig Mevesi.
PERSONALIEN
Professor von Thiersch, der eben erst den überaus
prunkvollen Bau des neuen Kurhauses in Wiesbaden voll-
endet hat, wird sogleich wieder vor eine neue Aufgabe
gestellt werden. Die Stadt Frankfurt wird ihm den Bau
einer Ausstellungs- und Festhalle übertragen, deren Kosten
sich auf rund einundeinehalbe Million Mark stellen werden,
und deren Ausführung bis Ende des Jahres 1908 vom
Architekten gewährleistet wird.
Professor Louis Tuaillon ist zum Vorsteher eines
Meisterateliers für Bildhauerei an der Königlichen Akade-
mie der Künste in Berlin ernannt worden.
G. E. L. Friedrich, Maler und Kupferstecher zu
Dresden, ein Schüler Ludwig Richters, und Julius Köckerr,
aus Leipzig gebürtig, aber seit langem in München an-
sässig und dort ehemals als Historienmaler geschätzt, feier-
ten in voller Frische ihren 80. Geburtstag.
Der Graphiker Hugo Steiner-Prag, gegenwärtig an
der Kunstgewerbeschule in Barmen wirkend, ist an die
Akademie für graphische Künste nach Leipzig berufen
worden.
Die Ehrenmedaille des diesjährigen Pariser Sa-
lons erhielt Henri Martin.