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Antiquitäten-Zeitung — 4.1896

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Nr. 1 (1. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61939#0006
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Seite 2.

Antiquitäten-Zeitung in Stuttgart, Zentral-Organ für Sammelwesen und Alterthumskunde.

Nr. I.




sich

die
Da

Indisch-persische GesammtauSrüstung.
Freiheitskriege. Hier häufen

Stadtschliissel
non Adrianopel.

Säbel (Sef)
Sultan Soli-
man's I..Säbel
des Königs
Stephan
Bathori von
Polen.

Hut und Pistole Napoleon'- I., Ordenszeichen re., erbeutet in der
Schlacht bei Belle-Alliance.

vom Stülp-
helm an bis
zur jetzigen
Bekleidung
unserer Sol-
daten. Wir
gelangen in
das 19.
Jahrhun-
dert und zu-
nächst in
die Zeit der , „ . , .
historisch merkwürdigen und interessanten Sachen,
liegen z. B. die Orden nebst Bändern, Hut, Kokarde
und Pistol des Kaisers Napoleon I., die ihm von
Blücher's nachsetzender Kavallerie bei Belle-Alliance ab-
gejagt wurden. Dicht daneben liegen Säbel und Hut
nebst Federbusch des General-Feldmarschalls von Gnei-
senau, sowie Orden und Ehrenzeichen, Sporen, Brenn-
und Leseglas des alten Blücher. Jene durchschossene

ein Zeichen der Verehrung dem Kaiser
Wilhelm I. Vom Ende des 14. Jahr-
hunderts bis 1870 illustrirt die Sammlung
reich und gediegen die Entwickelung des
Geschützwesens in Europa. Von den ei-
sernen unbeholfenen Geschützrohren, wie
man sie in der ersten Zeit nach Erfindung
des Schießpulvers anwandte, bis zum
modern-eleganten Krupp'schen gezogenen
Geschütz von Gußstahl, das die Offiziere
der Artillerie 1861 ihrem Chef, dem Ge-
neralfeldzeugmeister Prinzen Karl, zum
50jährigen Dienstjubiläum schenkten —
welch' ein Abstand und welche Mannig-
faltigkeit der Formen bei der einzigen und
ausschließlichen Art der Verwendung!
Hier diese Steinbombarde, aus Eisen ge-
schmiedet, die eine Steinkugel von 7 Pfund
schoß, gehörte zum Feldgeschütz Karl's des
Kühnen von Burgund, das er 1474 bei
Nancy verlor. Das kleine Rohr dort ist
der früheste Bronceguß, welchen die Samm-
lung ausweist, und hier haben wir bereits
aus dem Anfänge des 16. Jahrhunderts einen Vorläu-
fer der Mitraillesen, ein sogenanntes Orgelgeschütz mit
fünf Rohren. Das da ist die „Reutlinger Feldschlange",
ein Geschenk des Königs von Württemberg,
und hier haben wir ein Meisterstück der Geschütz-
gießerei aus der Zeit zwischen 1560 bis 1580. Seit
jeher haben die Herren Geschützgießer und Artilleristen
mit sanften Namen für ihre Mordgeschütze kokettirt, das
zeigt sich auch hier wieder, denn dieses Ungeheuer trägt
die Inschrift:
„Die schöne Taube bin ich genennt.
Mich nit ein jeder recht erkennt.
Wann aus meinem Schlag Jungen fliegen,
So thun darob die Mauern klieben.
Hans Christoph Losfler hat mich gossen
Und an der Prob kugelschwer beschossen."
Jener Koloß ist sächsischen Ursprungs, ein zwanzig-
pfündiger eiserner Fußmörser, und hat, wie die Inschrift
bezeugt, „der armen betructen Christenheit für dem
Turk dem Erbfeindt" geholfen, und die kleine ge-
drungene Bestie daneben, die man wohl des Gegen-
satzes wegen so eng herangerückt hat, ist ein sogenannter
„Katzenkopf", mit dem man eiserne und bleierne Kugeln
in Masse schoß. — Ganz merkwürdig sehen die soge-
nannten „ledernen" Kanonen Gustav Adolfs aus, deren
kupfernes Rohr mit Werg und Leder überzogen ist, und
wahrhaft prächtig, durch kolossale Größe imponirend
und durch seine reiche Verzierung in die Augen fallend,
ist das Riesengeschütz, der Achtundvierzigpfünder, der
bis 1881 draußen im Kastanienwäldchen stand und da-
her jedem älteren Berliner bekannt ist. Um ihn hatte
sich die Legende im Volksmuude gebildet, daß er die
„faule Grete", das Geschütz des ersten Markgrafen aus
dem Hause Hohenzollern sei, während er in Wahrheit
ein 1669 gegossenes, 1814 von den Verbündeten in
Paris aufgefundenes Geschütz darstellt. Von 1821 bis
1881 stand cs zur Parade hinter der Wache, jetzt hat
es gleichsam sich zur Ruhe gesetzt und hierher zurück-
gezogen ; an seine Stelle ist „la bslls äosspbins", alias
„la Valerie", von unseren Soldaten „Onkel Bullerjan"
geheißen, Pariser Angedenkens, da draußen im Kasta-
nienwäldchen getreten. Aus diesem Steinmörser von
Bronce warf man gegen die Arbeiter in den Lauf-
gräben Steine und gläserne Granaten; diese Geschütze
sind französischen Ursprungs. Dann erblicken wir eine
kleine Kanone, die netto 1 Zentner 81 Pfund wiegt.
Sie stellt den ersten Versuch Friedrich's des Großen
dar, sich eine reitende Artillerie zu schaffen. Jenes
Orgelgeschütz aber, zusammengesetzt aus Gewehrläufen
und fahrbar, führt seine Entstehung auf Major von
Schill zurück, der es für seinen beabsichtigten Auszug
1809 bestellte. Eine Merkwürdigkeit sind auch zwei
Mitrailleusen. Sie sind an der linken Seite mit 1 und 2
bezeichnet, woraus Hervorgeht, daß beide Geschütze die
ersten Mitrailleusen waren, die Frankreich anfertigen
ließ. In der Ingenieur Abtheilung interessiren uns
die verschiedenen Schlüssel von französischen Festungen.

Standarte der 4. Schwadron des Regiments Gardes
du Corps führt uns auf das Schlachtfeld von Auer-
städt, und diese Ehrensäule, aus einem eroberten fran-
zösischen Kanonenrohr, an deren Fußende sich unter
Glas der Schreibstift Theodor Körner's befindet, schenkte
Friedrich Wilhelm III. dem Vereine der Freiwilligen
von 1813 bis 1815. Es folgen Gedenkstücke der drei
vorletzten Könige von Preußen und Schränke mit Uni-
formstücken aus aller Herren Länder. Der Küraß des


Eiserne Gesichtsmaske (1480—1500).


Kaisers Nikolaus von Rußland und die Uniform des
alten Wrangel, den wir noch gekannt haben, fesseln
unseren Blick, dann verweilen wir noch bei dem letzten
Stück dieser Sammlung. Das sind, an zwei Gestellen
geordnet, je ein Exemplar der gegenwärtig gebräuchlichen,
zumeist reich verzierten spanischen blanken Waffen aus
der königlichen Werkstatt von Toledo. Der leider so
früh verstorbene, treffliche Alfons XII. schenkte sie als

War der Nürnberger Schlosser
Peter Hele der Erfinder der
Taschenuhr?
Von Hofuhrmacher Gustav Speckhart.
Mit 2 Abbildungen Seite 5.
(Nachdruck verboten.)
Eines der interessantesten und geistig vervollkomm-
netsten Instrumente unseres modernen Kulturlebens
ist die Taschen-Uhr. Wer könnte sich ein Verkehrsle-
ben unserer heutigen Tage ohne diese kleine Maschine,
der steten Begleiterin des Menschen, denkens Das
Kind schon wird durch den Besuch der Schule an den
minutiösen Einhalt der Zeit gewöhnt; im Berufsleben
des Erwachsenen spielt die genaue Bestimmung der
Zeit eine hervorragende Rolle und im Verkehr der
Eisenbahnen ist der sicher funktionirende Zeitmesser ge-
radezu unentbehrlich. Gewiß machte sich im Mittel-
alter, hervorgerufen durch das umständliche Reisen in
jener Zeit, der Mangel eines tragbaren Zeitmessers
sehr fühlbar, und es gab somit auch dazumal der Ver-
kehr die eigentliche Veranlassung zur Erfindung der
Taschenuhr. Diese glückliche Verwirklichung eines
glänzenden Gedankens ist dem Nürnberger Schlosser
Peter Henlein prächtig gelungen. Die Frage, ob Pe-
ter Henlein in der Thal der Erfinder der Taschenuhr
gewesen, ist schon häufig von den verschiedensten Seiten
aufgeworfen und von meiner Seite in einer Uhrma-
cher-Zeitung, soweit es ein Fragekastenartikel gestattete,
kurz beantwortet worden. Das Interesse, welches
diese Frage erregt hat, veranlaßt mir jedoch hier an
dieser Stelle zu einer ausführlicheren Beantwortung,
und ich hoffe, durch die Zusammenstellung der Resul-
tate neuerer Forschungen über Peter Henlein volle
Klarheit in dieser Sache zu schaffen. Als der letzte
Forscher auf dem Gebiete der Nachforschungen über

Peter Henlein und die Geschichte der Uhrmacherei hat
sich der frühere Bibliothekar am bayerischen Gewerbe-
museum zu Nürnberg, Herr Karl Friedrich, sehr ver-
dient gemacht, und ich schätze es mir zur hohen Ehre,
an dessen Bestrebungen betheiligt gewesen zu sein und
bei seinen Arbeiten in bescheidenem Maaße mitgewirkt
zu haben. In erster Linie will ich klarstellen, was die
eigentliche Ursache ist, das die Ansichten in vorerwähn-
ter Sache so weit auseinander gehen. Zunächst spielt
das Nasionalitätsbewußtsein in dieser Angelegenheit
eine nicht unbedeutende Rolle. Es streiten sich Deut-
sche, Engländer, Franzosen und Italiener um den
Ruhm, die Erfindung der Taschenuhr gemacht zu ha-
ben. Wem diese Ehre gebührt, werden wir aus der
nachstehenden Besprechung ersehen. In Deutschland
machen drei Städte Anspruch auf die Erfindung der
Taschenuhr, nämlich: Nürnberg, Augsburg und
Straßburg. Eine andere Ursache des Streites liegt in
den Worten: „tragbare Uhren". Vor Erfindung der
Taschenuhren nannte man Haus- oder Zimmeruhren
auch tragbare Uhren, zum Unterschiede von Thurm-
und Gebäude-Uhren. Dieses Wort „tragbar" führte
verschiedene Historiker auf falsche Fährte. So behaup-
ten die Franzosen, daß tragbare Uhren in ihrem
Lande schon Ende des 13. Jahrhunderts in Gebrauch
gewesen seien, und führten als Beweis eine Stelle aus
dem Inventar Karl's V. an, in welchem von einer
Uhr die Rede ist, welche einst Philipp dem Schönen
(1285 —1314) gehört haben soll. (Fortsetzung folgt.)
(Die auf Seite 5 befindlichen beiden Ansichten ei-
nes sog. Nürnberger Eies sind uns von dem Verleger
der Abhandlung über „Peter Henlein", Herrn I. L.
Stich in Nürnberg, zum Wiederabdruck zur Verfügung
gestellt worden.)

Anleitung zum Sammeln
von Münzen.
Von
Dr. M. Kirmis.
(Fortsetzung.)
Nachdruck verboten.
20) Kreta. Kein Gau Griechenlands erzeugte
mehr Münzen wie das städtereiche Kreta. „Orsta lovis
waZni weäio säest insnla xonto Lions Ickasus ubi st
Ksntis ounabnla nostras 6entum urdss babitant Magmas
ubsrrima rsßfna." (Virgil, Aeneis, III, 109.) Von etwa
35 Städten kennt man Münzen. Die Prägung beginnt


KnossoS aus Kreta. Didrachmon (11,52 Gramm). 480—100 v. Chr,
Avers: Minotaurus. Revers: Labyrinth.

UM 500 v. Chr. und dauert bis zur Eroberung der
Insel durch Q. C. Metellus i. I. 67 v. Chr. Der
herrschende Münzfuß war zuerst der etwas reduzirte
äginetische, nach 300 v. Chr. der athenische, doch kommen
Anomalien vor, bedingt durch die Lage der Insel
zwischen drei Welttheilen. Einige kretische Städte durften
auch unter den Kaisern Silbergeld prägen.
21) Die Inseln des ägäischen Meeres. Ceos,
Naxos, Paros, Siphos und Melos fingen schon im 7.
Jahrhundert an, nach äginetischem Fuße zu prägen,
der Stater stieg später bis auf 14,38 Gramm. Die
Kenntniß dieser frühen Prägung ist uns wesentlich durch
die großen Funde von Tbera und Melos vermittelt
worden. Im Ganzen prägten später 27 Orte nach ver-
schiedenem Fuße.
Asia.

22) Bosporus. Colchis. PontuS. Die Städte
gaben meist Erz aus. Die Königsmünzen beginnen
unter Mithridates IV. (250—190 v. Chr.), König von
Pontus. Es sind Tetraorachmen nach attischem Fuße^
Mithridates VI., der Große, Eupator (121—63 v. Chr.),

Mithridates VI-, Eupator.
Tetradrachme. (I6,si Gramm.)
Revers: Ein weidender Hirsch,


ließ in Pergamum auch
Goldstater schlagen. Die
Nachkommen des großen
Mithridates prägten bis 63
n. Chr., fremde Dynasten bis
um 300 n. Chr.
23) Paphlagonia.
Theil einer persischen Sat-
rapie, besitzt Silbermünzen
verschiedener Städte seit zirka
362. Die Könige haben
nur Broncen hinterlassen.
24) Bithynia. Asta-
cus und Calchedon lieferten
archäische Silbermünzen, die
übrigen bithynischen Städte
prägten erst nach Alexander
d. Gr. Die ersten bekannten
Königsmünzen wurden unter
Nikomedes I. (278—250 v.
Chr.) geschlagen und gehen
bis zum Tode Nikomedes'
III., Philopators (91—74
v. Chr.).

das heilige Thier der Artemis ;
Sonne und Mond, das Wappen
der Achlimeniden.

25) Mysia. Kyzikos
prägte seit etwa 500 v. Chr.
Stater und Sechstel aus
Elektron in solcher Menge, daß diese „Kyzikener" neben
den Dareiken das herrschende Goldgeld dis zu Philipp
II. bildeten. Der Stater wiegt 16,238—16,005 Gramm,
die Legirung ist nicht völlig stabil. Neben der sehr

seltenen Hauptdarstellung ist der Thunfisch typisch für
die Kyzikener. Lampsakus besitzt seit dem 6. Jahr-
hundert Münzen in Silber und Elektron, Zeichen ist das
geflügelte Seepferd.
(Fortsetzung folgt.)
 
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