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Antiquitäten-Zeitung — 4.1896

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Nr. 46 (11. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61939#0365
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^entral-QrnanfürLammelwesen,
Llttsiuijc . Berfteigerungen und Alterthumsknnde.

Verbürgte
Auflage 4000.

Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Beckert in Stuttgart, Böblingerstr. 2, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
gegründet 1881, prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, Heidelberg, München, Paris, Gent und London.

Nr. 46.

Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich 2.50
vierteljährlich, Ausland 8.—

Stuttgart, II. November I8S«. A«^eigen:
' Die Nonpareille,eite oder deren
(Erscheint wöchentlich.) Raum so Psg., Auktionen so Psg.

4. Jahrgang.

Die Wissenschaften sind Gerneingut,
weil das Denken Gemeingut ist, und
das Denken aus der Quelle des Wissens
schöpft. (W. Wundt.)

Anleitung zum Sammeln von
Autographen.
Von
Eugen Ritter von Mor-Sunnegg.
(Fortsetzung.)
(Nachdruck verboten.)

Als das vielleicht älteste authentische Zeugniß von
der Zusammensetzung einer deutschen Autographensamm-
lung ist die Desideratenliste Goethe's aus dem Ende
des Jahres 1811, auch ganz abgesehen von der Per-
sönlichkeit des Sammlers, nicht ohne Interesse. Goethe
ließ vermöge seiner längst erworbenen Sammlerroutine,
nachdem seine Sammlung bei der alphabetischen Ein-
ordnung im Winter des Jahres 1811 bereits über 500
Stücke aufwies, sämmtliche Namen, die er besaß, auf
beide Seiten eines Quartblattes drucken, mit der bei-
gefügten „Bitte um gefällige Beiträge" , und legte nun
ein solches Blatt den Briefen an diejenigen seiner Korre-
spondenten bei, von denen sich etwas erwarten ließ.
Daß Goethe durch dieses gewissermaßen negative Desi-
deratenverzeichniß bei der Geltung seines Namens seine
Wünsche ohne Kostenaufwand leicht befriedigte, liegt
auf der Hand. Nach diesem Verzeichnisse, wovon ein
Exemplar neben der Namensunterschrift des Dichters
das Datum: Weimar, den 20. Dezember 1811, aufweist,
enthielt die Sammlung damals vorzüglich deutsche Ge-
lehrte, Dichter und Künstler jeder Art, ohne daß Goethe
irgendwelche Berühmtheit abgelehnt hätte; er war Uni-
versalist. Da Goethe sich 1797 durch die Vernichtung
seiner Korrespondenz wichtiger Materialien beraubt hatte,
ist es nicht auffallend, daß dieses Verzeichniß nicht die
Handschriften von mehreren seiner Freunde von Ruf,
wie von Moritz, dessen Handschrift sehr selten ist, von
Merk, von Klinger u. A. aufweist. Jedoch sind der Dich-
ter Lenz und Angelica Kauffmann in der Sammlung
vertreten. Von Regenten ist nur Friedrich II. erwähnt,
da Goethe von der Familie Mauderode sehr denkwürdige
Handschriften dieses großen Königs zum Geschenk er-
halten hatte. Von Philosophen fehlt auffallenderweise
Kant; Hegel, damals noch wenig bekannt, wird wohl
rächt gefehlt haben, da Goethe mehrere an ihn gerich-
tete Briefe desselben besaß, wird aber nicht genannt.
Nachdem Goethe im Winter 1809/10, wahrscheinlich
durch Wilhelm von Humboldt's Vermittlung, mehrere
Kant'sche Handschriften von Motherby geschenkt erhielt,
welch' letzterem er unter dem 1. März 1810 sehr lebhaft
dafür dankt, ist zu entnehmen:, daß Goethe's Auto-
graphenverzeichniß bereits zu Ende 1809 gedruckt ge-
wesen sein muß; im Winter 1810/11 wurden nur die
nach dem Drucke erworbenen Schätze eingeschaltet. Von

Musikern finden sich nur Giaun, Beethoven, Zeller und
Rochlitz aufgeführt, und erst in den Zwanzigerjahren
entnehmen wir aus dem von Rellstab geschilderten Be-
suche von Mendelssohn-Bartholdy in Weimar, daß Goethe
damals bereits auch Handschristen von Bach und Mozart
besaß. Die Rubrik der Feldherren ist nicht minder
mager im Verzeichniß; Namen wie Wallenstein oder
Prinz Eugen kommen nicht vor, dagegen ist Blücher vor-
handen, obgleich derselbe zu der Zeit, d. h. vor 1813,
noch nicht zu den eigentlichen Berühmtheiten gezählt
werden kann. Keppler findet sich bereits verzeichnet.
Von der französischen Litteratur kommen die Namen
d'Alembert, St. Simon, Raynal, Frau von Staöl vor,
hingegen fehlen: Voltaire, Rousseau, Montesquieu, Di-
derot. Die Sammlung vermehrte sich rasch, indem Goethe
sie am 30. April 1829 in einem Briefe an Knebel be-
reits als „ansehnlich" bezeichnet. Die Freunde Goethe's
waren eifrigst bemüht gewesen, zur Vermehrung der


Sturmhaube mit drei Kämmen von blankem Eisen. Aus dem
Heere Kaiser Karl'S V. Spanisch. Nm ISSO.

Sammlung beizutragen. So schickte Knebel zu Anfang
1813 mehrere Handschriften aus dem Griesbach'schen
Nachlaß und im selben Jahre zu Goethe's Geburtstag
59 Handschriften aus dem Nachlasse Murr's in Nürn-
berg. Nicht minder eifrig sammelte für den Altmeister
F. H. Jacobi, wie ein Brief Goethe's an denselben vom
10. Mai 1812 aus Karlsbad beweist. Und so steuerten
denn alle Freunde bei, so daß die Sammlung, sowohl
was die Ausdehnung als was den inneren Werth an-
belangt, eine Bedeutung erreichte, welche man nach dem
Verzeichnisse von 1811 nicht entfernt hätte vermuthen
können.
Bevor wir zur Besprechung der für das Publikum
bestimmten Kataloge, des Auktions- und des Verkaufs-
kataloges schreiten, schicken wir einige Worte über den
Werth der Kataloge für den Sammler und die Wissen-
schaft voraus, um so zugleich auch die Erfordernisse
eines guten Kataloges kennen zu lernen. Was für ein
Archiv das Repertorium, das ist für eine Autographen-

sammlung der Katalog. Er muß gedrängte Kürze mit
korrekter Ausdrucksweise bei unzweifelhafter Verständ-
lichkeit in sich vereinigen. Die Rücksichtnahme auf die
gesteigerten Druckkosten ist in den meisten Fällen eine
durchaus verfehlte, da dieselben durch die erzielten höheren
Preise reichlich hereingebracht werden und der Sammler
viel lieber ein genau beschriebenes Stück, und sei es
auch theurer, kauft, als die Katze im Sack. Bei der
verhältnißmäßig geringen Fachlitteratur für Autographen-
sammler gewinnt der Auktions- und der Verkaufskata-
log erhöhte Bedeutung für den Sammler sowohl, als
für den Mann der Wissenschaft. Die Interessen des
Sammlers und des Gelehrten bezüglich der Art der
Autographen-Auktions- und -Preis(-Verkaufs)kataloge
berühren sich vielfach, und was dem Einen von Werth
ist, ist zumeist auch dem Anderen von Nutzen und er-
wünscht. Beider Streben geht dahin, die Geistespro-
dukte bedeutender Personen vor Zersplitterung zu be-
wahren, selbe vom Untergange zu retten, sie für die
Gegenwart nutzbar zu machen und der Nachwelt zu
überliefern. Doch der Gelehrte, der Schriftsteller, sieht
einzig und allein auf den Inhalt der Handschrift, während
der Sammler von Fach neben dem geistigen Inhalte
auch das handgreifliche Original, die Urkunde selbst in
sein Eigenthum erwerben, selbe im intakten Zustande
erlangen will, so daß die Handschrift außer den un-
zweifelhaften Zeichen der Aechtheit auch die ansprechende
äußere Form aufweisen soll. Mit den gesteigerten An-
forderungen, die der Sammler an eine Handschrift stellt,
erhöhen sich auch die Ansprüche, die er an den Auktions-
oder Verkaufskatalog erheben muß. Dem Historiker
kann es gleichgültig sein, ob ein nachweislich ächter
Brief dieser oder jener historisch berühmten Persönlich-
lichkeit eigenhändig geschrieben oder nur unterzeichnet
ist, oder nur die Anfangsbuchstaben zeigt u. s. w.; aber
der erfahrene Sammler, der mit wachsender Fachkennt-
niß feineren Geschmack erlangt hat und wählerischer ge-
worden ist, wird auch auf die rein äußerlichen Mo-
mente einer Handschrift sehen. Wohl mögen Rücksichten
auf die gesteigerten Druckkosten die Grenze des Um-
fanges der Beschreibung bestimmen, aber niemals darf
solches auf Kosten der Verständlichkeit geschehen, wie es
nur zu häufig, namentlich bei deutschen Katalogen, vor-
kommt. Bei hervorragenden Stücken, die einer eminent
wichtigen Persönlichkeit angehören, mutz jedenfalls auch
angegeben werden, ob sie gedruckt oder noch nicht ge-
druckt sind, oder doch wenigstens das genaue Datum,
das sie tragen, wodurch dem Sammler und Gelehrten
bei einiger Belesenheit die Möglichkeit geboten wird,
darüber sich Gewißheit zu verschaffen, vorausgesetzt na-
türlich, daß auch der Adressat (wenn auch nur Hypothe-
tisch) angegeben ist. Eine bessere Handhabe wird bei
Entscheidung der Frage über das Gedruckt- oder Unge-
drucktsein einer Handschrift selbstverständlich dadurch ge-
boten, daß die Anfangszeilen derselben, sowie kurz ihr
Inhalt angegeben wird. Es ist ja so leicht, bei der
Anfertigung der Kataloge neben der Jahreszahl auch
noch den Tag und eine Anfangszeile hinzuzufügen.
Nachstehendes Beispiel mag die Art dieser Katalogistrung
veranschaulichen:
 
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