Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Antiquitäten-Zeitung — 4.1896

DOI Heft:
Nr. 36 (2. September)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61939#0285
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Verbürgte
Auflage 4000.

Zentral-OrganfüeSarnmelwesen,
Versteigerungen irnd Alterthumskirnde.

Verbürgte
Auflage 4000.

Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Beckert in Stuttgart, Böblingerstr. 2, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, Heidelberg, München, Paris, Gent und London.

Nr. 36.

Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich S.S0
vierteljährlich, Ausland s.—

Stuttgart, 2. September L8S6
(Erscheint wöchentlich.)

Anzeigen:
Die Nonpareille,e>le oder deren
Raum so Pfg., Auktionen so Pfg.

4. Jahrgang.

Anleitung zum Sammeln
von Münzen.
Von
Dr. M. Kirmis.
(Fortsetzung.)
(Nachdruck verboten.)

Das Geld und das Miinzwesen im
Frankenreiche.
Unter der Herrschaft der Merowinger.
Das fränkische Reich war seiner Entstehung und
seinem Inhalte nach ein germanischer Staat. Kaiser
Julianus hatte den Salfranken in der Mitte des vier-
ten Jahrhunderts Toxandrien überlassen, Childerich I.
<458—481) kämpfte noch als Bundesgenosse der Römer,
dehnte seine Herrschaft aber bis Tournay aus, Chlod-
wig I. (481—511) vernichtete die Reste des Römer-
reiches in Gallien und vereinigte alle Zweige der Franken
unter seinem Königthum. Die Eroberung Galliens ist
nicht aus der Absicht erfolgt, dem fränkischen Volke neue
Sitze zu erwerben, sondern war eine Unternehmung des
Königs zur Erweiterung seiner Macht. Nur zerstreut
saßen die Franken unter der überwundenen Bevölkerung
und hätten sicher bald ihre Eigenart verloren, wenn
Chlodwig nicht eine feste Verbindung mit den öst-
lichen Stammesgenossen hergestellt hätte. Deßhalb
mußten die Alamannen, welche schon bis zum Nie-
derrhein vorgedrungen waren, bekriegt und zurück-
geworfen werden. Ein Zusammenstoß zwischen den
Riguariern und den Alamannen erfolgte, nach Gre-
gor von Tours, bei Zülpich und entschied für die
Alamannen; besiegt wurden diese erst durch Chlod-
wig in einer Schlacht, welche aber weder bei Zülpich
noch im Jahre 495 stattfand. Wahrscheinlich vollzog
sich der Kampf fern von jeder größeren Siedelung
und wie Vogel bewies (L-ybel's historische Zeitschrift
Bd. 56) erst zehn Jahre nach dem traditionellen
Datum, d. h. im Jahre 506. Die Fixirung des
Jahres ist von besonderer Wichtigkeit, weil kurz nach
der Schlacht Chlodwig zu Reims Taufe und Salbung
empfing und hierdurch erst für die katholischen Bewohner
Galliens gewissermaßen zum rechtmäßigen Herrscher
wurde. Als Vorkämpfer des Christenthums entriß er
den arianischen Westgothen alles Land zwischen der
Loire, der Garonne und den Cevennen, seine Söhne und
Enkel eroberten das Burgundische Reich, nahmen den
Süd-Alamannen die Selbstständigkeit, besiegten die
Thüringer und brachten Bayern in Abhängigkeit, so daß
sich das Frankenreich von den Pyrenäen bis tief in's
Herz Deutschlands hinein erstreckte.
Es ist klar, daß in einem so großen, aus so ver-
schieden kultivirten Stämmen zusammengesetzten Reiche
kein einheitliches Geldsystem herrschen konnte, daß die
Salfranken in dem ganz römischen, mit genügendem
Münzvorrathe versehenen Westen andere Gewohnheiten

annehmen mußten, wie die Bewohner der östlichen Gaue,
bei denen zum Theil noch die reinste Naturalwirthschaft
herrschte.
Die Quellen, welche uns über die in den ein-
zelnen Theilen des Frankenreiches zu verschiedenen Zei-
ten üblichen Zahlmittel und über die Rechnungsweise
Aufschluß geben, sind neben den Münzfunden gewisse
litterarische Quellen: einige Stellen gleichzeitiger Schrift-
steller, insbesondere aber die lsxss barbarorum, die
Kapitularien und die Formelsammlungen.
I-ssss loswUsworrrrrr heißen die seit dem Ende
des 5. Jahrhunderts ausgezeichneten Stammesrechte, im
Gegensatz zu den IsKss Romanas. Es waren königliche
Gesetze, wenn auch ursprünglich der Volksversammlung
vorgetragen und durch Thingbeschluß zum Weisthum
(iuäioium) erhoben. Sie beschäftigen sich wesentlich mit

Krone Georg's IV. von England (isso—isso).
den Bußtaxen und sind seither theilweise aus dem Be-
dürfniß hervorgegangen die altüblichen Vieh- und Na-
turalbußen mit metallischen Zahlungsmitteln in Ein-
klang zu bringen. In Betracht kommen: Die Rsx 8aliea,
niedergeschrieben zu Ende des fünften Jahrhunderts,
die Rsx Ribuaria, eine amtliche Kompilation verschie-
dener, lose mit einander verbundener Bestandtheile, die
theils dem sechsten, theils dem siebenten Jahrhundert
angehören. Die I-sx L-Iamaunorum, ein wahrscheinlich
von Lantfried I. (ff 730) erlassenes, einheitliches Her-
zogsgesetz, dessen Hauptquelle der Raotuo ^.lamanuornm
aus dem Ende des sechsten Jahrhunderts ist; die Rsx
Laiuvariorum, entstanden etwa von 550—700, niederge-
schrieben um 700, ein Königsgesetz der Merowinger mit
späteren Zusätzen; die Rsx Saxouum, ein einheitliches
Gesetz in 66 Kapiteln, niedergeschrieben zwischen 797,

in welchem Jahre Karl der Große mit Zustimmung! der
Bevölkerung das Oapitular« saxoniouw erließ, und dem
Aachener Reichstage von 802. Die Rsx DburiuKornm
entstammt derselben Zeit, die Rsx Rrisouum ist nur in
einem Baseler Drucke vom Jahre 1557 erhalten.
Die OLpibulLrisn sind Verordnungen der Franken-
könige , welche auf Pergamentblättern ausgegeben und
von den Kanzeln herab dem Volke mitgetheilt wurden;
die Bezeichnung „eapitularia" kommt erst seit 779 vor.
Die Formelsammlungen enthalten neben Urkun-
denformeln auch Briefe. Es gibt fränkische, alamannische,
bayerische, burgundische, westgothische und langobardische
Formelsammlungen. In die Merowingerzeit fallen die
vor 650 entstandenen Rormulas .Imäsoavsnses, die
Rorm. Llaroulü (um 700), die Rorm. Liturisuses (von
720) und die Rorw. luronensss. Die einzige, im alt-
salischen Lande etwa um 800 entstandene Sammlung
des Arno, die Rorm. lülläeubroKiaims, sind besonders
wichtig für Bayern.
lieber die Münzen, welche bei den Sal-
franken vor der Eroberung Galliens im
Gebrauch waren, gibt uns das im Jahre 1653 zu
Tournay entdeckte Grab CHilderich's I. einige
Auskunft. Man fand in demselben ungefähr 100
Goldmünzen und 200 Silbermünzcn, kein Kupfer und
kein Billon; die Goldmünzen waren kaiserliche Solidi,
meist von Leo I. (457—474) und Zeno (476—491) her-
rührend, die Silberstücke waren gute alte Denare, von
denen zwölf auf den Solidus gerechnet wurden.
Die Salfranken bedienten sich also um 480 der
alten römischen Denare und waren durch Subsi-
dienzahlung, oder durch Handel in Besitz größerer
Mengen oströmischen Goldes gekommen. Zu dieser
Zeit vollzog sich in Gallien, wie später im ganzen
Frankenreiche, der Großverkehr durch Zuwägung
von Gold- und Silberbarren, außerdem besaß Gallien
einen großen Vorrath vollwichtiger Solidi und Trien-
ten ; der gesammte Kleinverkehr wurde fast
ausschließlich durch Kupfermünzen vermittelt, von
denen die Funde ungeheure Mengen zu Tage gefördert
haben. Silber war nur in geringen Mengen vorhanden.
Das Gewicht des Solidus betrug V72 Pfund, d.
i. 24 Gewichts-Siliquen; die Silbermünze, die Siliqua
(auri) sollte Pfund, gleich 2,2? Gramm wiegen;
die Rechnungseinherr war der Kupferdenar, der nummrw,
von dem Anfangs 6000, später 7200 und 7500 auf den
Aureus gerechnet wurden, die kleinste umlaufende Kupfer-
münze wurde zu 5 Nummus gerechnet. Die Siliqua
scheint, den Funden nach, in Gallien nur als größere
Scheidemünze, zum Umwechseln des Solidus gebraucht
worden zu sein, während sie in Britannien die übliche
Kurantmünze bildete.
Die Gewichte der aufgefundenen Silbermünzen sind
sehr verschieden; sie wiegen unter Valentinian I. noch
rund 2 Gramm, gehen aber dann bis auf ein Gramm
und sogar auf 0,6 Gramm herab, ihr Gewicht ist so
wenig normal, daß man von 0,6 bis 2 Gramm für
jede Differenz von V100 Gramm ein Belegstück finden
könnte. Auch die Gepräge eines und desselben Münz-
herrn zeigen auffallende Verschiedenheit im Gewicht

Doppelter Sovereign Georg's IV.
 
Annotationen