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Antiquitäten-Zeitung — 4.1896

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Nr. 19 (6. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61939#0149
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Verbürgte
Auflage 4000.

Zentral-OrganfnrSamme^
Versteigerungen und Alterthumsknnde.

Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Verkert in Stuttgart, Böblingerstr. 2, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, Heidelberg, München, Paris, Gent und London.

Nr. 19.

Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich s.so
vierteljährlich, Ausland s.—

Stuttgart, 6. Mai 1896.
(Erscheint wöchentlich.)

Anzeigen:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum 20 Psg., Auktionen 30 Pfg.

4. Jahrgang.

Autographs kommt in Betracht: je größer es ist, desto
werthvoller in der Regel. Datirung nach Oct und Zeit.
Kenntniß der Person, an die das Schreiben gerichtet ist,
allenfalls auch noch der Siegel, vor allem aber — ei-
genhändig geschrieben und unterschrieben, bleibt auf
jeden Fall der Gipfelpunkt der Wünsche, abgesehen von
dem Inhalte, für den Sammler. Ohne die Unterschrift
des Schreibers verliert daher die Handschrift beträchtlich
an Werth, beigefügte Beglaubigungen hervorragender
Personen vermögen zwar die Richtigkeit, daß das Stück
von Diesem oder Jenem selbst geschrieben wurde, sicherzu-
stellen, nicht aber dem Liebhaber zu ersetzen, was er an

Kommode, Nußbaum, geschweift.
Auktion Stiebel in Frankfurt a. M. (Text Seite 147.)

der Unterschrift einbüßt. So brachte es z. B. in der
Auktion Halm ein Haydn Jos. I-. a. s. 1/2 p. 4. Portr.
auf 81 Mark, während ein eben solcher Llusigus a. mit
einigen Worten Text 2 p. fol. Portr. nur 29 Mark SO
Pfg. eintrug. Die bloße Unterschrift unter einem von
fremder Hand geschriebenen Text kann an und für sich
nur als eine tieferstehende Gattung der Autographen
angesehen werden. Gleichwohl ist man bei Regenten
häufig auf diesen Behelf beschränkt; Signaturen fürst-
licher Personen bis in die früheren Zeiten hinauf zu
erlangen, ist gewöhnlich eben so leicht, als ganze auto-

Es kommt bei einer solchen zuerst die historische
Bedeutung der Person in Erwägung, der Einfluß ihrer
Wirksamkeit auf Mit- und Nachwelt. Große Regen-
ten, Feldherren, Staatsmänner, Gelehrte und
Künstler, die sich einen nachhaltigen Ruhm über
die Grenzen ihres Landes hinaus erworben haben,
nehmen hier den ersten Rang ein; von da ab
schwindet der Werth der Selbstschriften im Ver-
hältniß zur minderen Wichtigkeit der Schreiber.
Bei Beurtheilung der Letzteren muß aber par-
teilos ohne Vorliebe und Gehässigkeit" entschieden
werden. Hierher gehört auch das, was wir früher
bezüglich der Aufnahme der Selbstschrift einer
Person in die Sammlung selbst gesagt haben, daß
man nämlich strenge zu scheiden habe wirklichen
Ruhm nach Verdienst und bloße Tagesberühmtheit
von kurzer, keine Lücke zurücklassender Bedeutung.
Dann ist das seltenere oder häufigere Vorkom-
men gewisser Autographen in Betracht zu ziehen.
Hieraus folgt, daß oft die Handschrift des minder
Bedeutenden einen höheren Werth für den Samm-
ler erhält, als die des größeren Geistes. So zum
Beispiel brachte es ein Brief von Lessing's Schwester
Dorothea Salome in der vorerwähnten Auktion
Liepmannssohn's auf 310 Mark (I-. a. s. 4 x. kl.
4.), während ein schöner Brief Friedr. v. Schiller's
D. a. 8. 2 x. 4. nur 104 Mark eintrug. Aus
naheliegenden Gründen steigt daher der Preis eines
Autographs in der Regel, je weiter sein Schreiber
unseren Tagen entfernt lebte. Ein Sebastian Brant
ist daher höher zu schätzen als eine Goethe, ein
Karl V. höher als Maria Theresia u. s. w. Aber
auch von der Epoche des Schreibers abgesehen,
übt die kürzere oder längere Lebensdauer des-
selben, sein größerer oder geringerer Verkehr und
seine Schicksale einen entscheidenden Einfluß auf
die Seltenheit seiner Handschrift aus. So
gilt ein Schiller mehr als ein Goethe und ein
Heinrich v. Kleist mehr als beide, unbeschadet dessen,
daß die Bedeutung der beiden ersten für Deutschland
und ihre ganze Zeit eine weitaus größere ist. Shake-
speare, Rafael Sanzio, Albrecht Dürer, Columbus u. s.
w., ja selbst der der Zeit nach nähere Molisre sind fast
gänzlich unerreichbare Größen.
Als drittes den Werth einer Handschrift bestim-
mendes Moment ist endlich die Beschaffenheit derselben
zu beachten. Obgleich die Eigenschaft des Eigenhän-
digen stets als die oberste gelten muß, so kann doch,
diese vorausgesetzt, auch der Inhalt sowie die Erhaltung
billige Berücksichtigung fordern. Auch das Maaß des

graphe Schreiben von ihnen zu den entschiedenen Sel-
tenheiten gehören ; so brachte z. B. in der Auktion Halm
Joseph II. 1^. a. 8. 1 x. xl. 4. (24 Zeilen) 35 Mark,
während ebenderselbe voe. s. IOV2 k> sol. (höchst inte-
ressant) nur 50 Pfg. brachte. Selbst bei Staatsmännern
nnd Feldherren der vorigen Jahrhunderte muß oft schon
die bloße Unterschrift genügen. Als Abstufung des
Werthes der Autographen kann man daher folgende an-
nehmen :
1) Ganze Schreiben interessanten Inhalts nebst
Datum, vollständiger Unterschrift und Siegel sowie
Adresse.
2) Stammbuchblätter, vornehmlich aus alter
Zeit.
3) Briefe, Sentenzen, Aufsätze, Gedichte,
Notizen und Aehnliches mit Unterschrift, aber ohne
Datum und Ueberschrift.
4) Briefe und Blätter mit interessantem In-
halte, aber mit bloßer Angabe des Namens, ohne
Vorname und näherer Bezeichnung des Schreibers.
5) Briefe, Billets oder Aufsätze, Berichte u.
s. w., mit den bloßen Anfangsbuchstaben unter-
zeichnet.
6) Eigenhändige Gedichts- oder Aufsatzfrag-
mente — wo der Inhalt und die Persönlichkeit
über den Werth entscheidet.
7) Eigenhändige Unterschrift unter fremdem
geschriebenem (oder gedrucktem) Texte.
8) Bloße Namen, z. B. Schlußausschnitt ei-
nes Briefes oder signirter Vorsatzbläter eines
Buches, unterfertigte Visitenkarten re.
9) Die unterste Stufe endlich nehmen bloße
Bricfadressen ein.
Hat der Absender an der Adresse seinen Na-
men beigefügt, so steigt der Werth der Adresse.
Als Grundsatz festzuhalten ist: Je mehr von der
eigenen Hand, desto werthvoller das Autograph!
Jedüch ist ein kleines Billet von kurzem aber
charakteristischem Inhalte einem langen, aber
trockenen Geschäftsbriefe oder gleichgültigem Ein-
ladungsschreiben weit vorzuziehen.
Ein weiteres Moment der Bewerthung ist
ferner bei vielen bedeutenden Stücken die Publi-
cirung desselben bereits durch den Druck oder
nicht. Schöne Stücke, die noch nicht durch den
Druck veröffentlicht worden sind, stehen im Preise
höher als bereits abgedruckte.
Der Handelswerth der Autographen, je nach
den Verhältnissen der Wichtigkeit der Person und
des Inhaltes, ist mit jedem Jahre gestiegen, da sich die
Vorliebe für diese historischen Documente über alle Län-
der und Klassen verbreitet hat. Im Anhänge wollen
wir eine kleine Zusammenstellung von Äutographen-
händlern bieten unv hier nur erwähnen, daß in Frank-
reich, England, Deutschland u. s. w. alljährlich mehrere
Autographenauktionen stattfinden. Zur Kenntniß des
Werthes einzelner Stücke leisten die mit Preisen ver-
sehenen Auktion?- und Verkaufskataloge vortreffliche
Dienste, wie wir später sehen werden.

Anleitung zum Sammeln von
Autographen.
Von
Eugen Nitter von Mor-Sunnegg.
(Fortsetzung.)
(Nachdruck verboten.)
 
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