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Antiquitäten-Zeitung — 4.1896

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Nr. 28 (8. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61939#0221
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Nr. 28.

Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich 2.50
vierteljährlich, Ausland 3.—

Stuttgart, 8. Juli I8S«.
(Erscheint wöchentlich.)


Verbürgte
Auflage 4000.

Zentral-OrganMSammelwesen,!_^7""
Versteigerungen und Alterthnmsknnde.

Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Berkert in Stuttgart, Böblingerstr. 2, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, Heidelberg, München, Paris, Gent und London.

Anzeigen:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum 20 Pfg., Auktionen 30 Pfg.

4. Jahrgang.

Anleitung zum Sammeln von
Autographen.
Von
Eugen Ritter von Mor-Sunnegg.
(Fortsetzung.)
(Nachdruck verboten.)

Nicht mit Unrecht kann man auf dem Gebiete des
Autographensammelns die Specialisation als die
moderne Tendenz, zumal in Frankreich, doch auch in
Deutschland, bezeichnen. Wer erst zu sammeln an-
fängt, sollte sich fragen, für welches Gebiet er sich
besonders interessire, auf welchem er vorzugsweise
den Wunsch und die Hoffnung hege, gute Erwerb-
ungen zu machen und ob es ihm nicht zu schwer
fallen dürfte, auf allen Gebieten einigermaßen Be-
friedigendes zu Stande zu bringen. Mit der Ant-
wort auf diese Vorfragen ergibt sich von selbst die
Entscheidung über Universalismus und Specialisation
und deren Art. Doch auch der langjährige Univer-
falist, der bestrebt ist, seine Sammlung zu einem
harmonischen Ganzen zu gestalten, dürfte gut thun,
sich die Frage vorzulegen, ob es für ihn nicht vor-
theilhaft sei, sich ausschließlich einem bestimmten Ge-
biete zuzuwenden und allem Anderen den Abschied
zu geben.
Einen Schritt weiter macht die auch für Uni-
versalistcn sehr empfehlenswerthe Gruppirung von
Autographen, die Vereinigung gewisser Autographen
zu abgesonderten, in sich abgeschlossenen Gruppen.
Der leitende Gedanke hierbei ist der, daß, was Zeit
und Geschick zusammengeführt, auch zu einem ein-
heitlichen Ganzen im Andenken gestaltet werden
solle. Man mag, wie wir später sehen werden, was
immer für ein System in der Anordnung seiner
Schätze wählen, immer wird ein oder das andere
Stück, das einen abgemessenen Kreis schließen würde,
davon entfernt zu liegen kommen. Wenn man be-
denkt, daß nicht die Freude an dem Besitze von
Handschriften allein Jemanden zum ächten und rechten
Sammler macht, sondern daß es nothwendig zur
Pflicht des Sammlers gehört, daß er sich mit Liebe
und eingehender Gewissenhaftigkeit mit seinen Schätzen
beschäftige, trachte, mit jedem Stücke genau ver-
traut zu werden, aus demselben die Anknüpfungs-
punkte suche, die den Schreiber mit dem Adressaten,
mit seinen Zeitgenossen und den in der Selbstschrift
erwähnten Personen, mit den Bewegungen und Be-
strebungen in Litteratur, Kunst und Politik u. s. w.
verbanden, so erscheint der Wunsch nur berechtigt, daß
man Zusammengehöriges auch wirklich zusammen zu
einem in sich abgeschlossenen Ganzen, zu einer Gruppe
vereinige. Die vielfachen und verschiedenen Gruppen,
die sich da bilden lassen je nach der Neigung des ein-
zelnen Sammlers, kann man unmöglich sämmtlich in Be-
tracht ziehen, und die Anordnung in denselben bleibt füg-
lich dem Sammler und der Wahl der Gruppe anheim-
gegeben. Weimars Musenhof, das Zeitalter Friedrich'?

des Großen, der deutsche Befreiungskrieg, der Krieg von
1870/71, die französische Revolution, Kaiser Wilhelm
und seine Heerführer und Staatsmänner u. s. w., das
sind alles Gruppen, deren Zahl sich beliebig fortsetzen
läßt. Zu bemerken ist jedoch bei der Ausscheidung von
Gruppen aus der Hauptsammlung, daß man sich sorg-
sam davor zu hüten hat, aus einer und derselben Zeit-
epoche oder aus Perioden, die knapp aneinander liegen,
mehrere Gruppen, wenn auch von verschiedenem Charakter,
zu bilden. Denn unwillkürlich käme man in die Lage,
einen und denselben Namen wiederholt einschalten zu

nes Ganzes, ein treues und vollständiges Bild des vor-
zustellenden Zeitabschnittes u. s. w. bilde, daß also von
den Hauptvertretern keiner, von den Nebenpersonen
möglichst wenige darin fehlen. Natürlich ist es, daß
innerhalb eines verhältnißmäßig kleinen Kreises eine
Lücke sich doppelt fühlbar macht als in der größeren
Hauptsammlung. Im Interesse der Vollständigkeit er-
scheint es endlich räthlich, nicht nur die bereits vorhan-
denen Stücke der Gruppe einzeln in einen mit Aufschrift
und sonstigen interessanten und erläuternden Notizen
versehenen Umschlag zu geben, sondern auch für diejenigen
Personen, deren Handschriften noch nicht erworben
sind, ganz conforme Umschläge zwischen den bereits
gefüllten einzulegen. Bis diese Erwerbungen ge-
macht sind, kann ein Facsimile, ein Porträt u. s. w.
der betreffenden Person als Lückenbüßer in dem Um-
schläge Platz finden. Daß es bei einer Gruppe
doppelt werthvoll ist, gerade solche Stücke einzureihcn,
welche mit dem in der Gruppe veranschaulichten Ge-
danken am besten übereinstimmen, ist selbstverständ-
lich. Bis daß die in der Hauptsammlung durch die
Ausscheidung eines Stückes für die Gruppe entstan-
dene Lücke wieder ausgefüllt ist, empfiehlt es sich,
an Stelle, wo dieses Stück seinen Platz haben sollte,
auf die Gruppe zu verweisen.
Gehen wir nun zur Anordnung von Universal-
sammlungen über. Es lassen sich hierbei im Wesent-
lichen sechs Methoden aufstellen, und zwar:
1) Nach dem Alphabet,
2) nach den Staaten,
3) nach den Jahrhunderten,
4) nach der Natur der Berühmtheit einer Person,
5) nach den Realien,
6) nach welthistorischen Gruppen oder Kreisen.
Für das rasche Auffinden ist eine durchgehende
alphabetische Anordnung ohne Zweifel sehr zweck-
mäßig. Sie entbehrt aber alles inneren Zusammen-
hanges, bringt das Verschiedenartigste oft auf lächer-
lichste Weise nebeneinander und kann in ihrem rohen
Mechanismus den gebildeten Sinn nicht befriedigen.
Für die Handhabung einer Sammlung, in welcher
jedes Stück einen festen Platz behaupten soll, hat
das alphabetische System außerdem die Unannehm-
lichkeit, daß nach jedem Buchstaben ein unbestimmter
Raum gelassen werden muß, wenn nicht fortwährende
Umänderungen und Rückungen nothwendig werden
sollen.
Die zweite Art der Anordnung nach Staaten
erscheint vornehmlich aus zwei Gründen nicht em-
pfehlenswerth, einmal weil in der Geschichte eines
Staates nicht durchwegs scharf ausgeprägte Epochen
sich abgrenzen lassen, und dann weil sie unverhältniß-
mäßig große Vorbereitungen und eingehende Studien
fordert und doch, lange Zeit hin, wahrscheinlich wohl
auf immer, nur ein höchst mangelhaftes Bild in Aus-
sicht stellt.
Die Anordnung nach Jahrhunderten dürfte schon
deßhalb nicht als räthlich erscheinen, da doch ein und
dieselbe Person häufig zwei Jahrhunderten angehört;
und schließlich die vierte Art, nach der Natur der Be-
rühmtheit einer Person, deßhalb nicht, weil die Be-


Wiirttsmbergische Burgruinen. 4t) Ruine Herrenzimmern bei Rottweil,
im Jahre isss. (Text Seite 220.)

müssen, da er sowohl in diese als jene Gruppe noth-
wendig gehört. Weiter muß es sich der Sammler wohl
überlegen, bevor er aus seiner Sammlung eine größere
Anzahl von Autographen zur Bildung einer Gruppe
ausscheidet, denn dies ist erst dann räthlich, wenn die
Ueberzeugung vorhanden ist, daß das dafür nöthige
Material reichhaltig genug und für die aus der Haupt-
sammlung entnommen Stücke rascher und vollwerthiger
Ersatz geschafft werden kann. Bei einer Gruppe liegt
ja doch darin der Hauptwerth, daß sie ein abgeschlosse-
 
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