Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Antiquitäten-Zeitung — 4.1896

DOI Heft:
Nr. 35 (26. August)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61939#0277
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 35.

Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich s.60
vierteljährlich, Ausland S.—

Stuttgart, S6. August 18»«.
(Erscheint wöchentlich.)






Zentral-^raattfürLammelwesen,
. Bersteigerungen und Alterthnmsknnde.

Verbürgte
Auflage 4000.

Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Beckert in Stuttgart, Böblingerstr. 2, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, Heidelberg, München, Paris, Gent und London.

Anzeigen:
Dis Nonpareillezeil« oder deren
Raum 20 Psg., Auktionen »0 Pfg.

4. Jahrgang.

Archäologische Notizen.

Die österreichische Monarchie umfaßt in ihrem weiten
-Schooße eine Reihe von Provinzen, die einst der Sitz
-blühender Niederlassungen der Römer, an wenigen
Küstenorten auch der Griechen waren, und in den noch
erhaltenen großen Denkmälern das sprechendste Gemälde
des ehemaligen Zustandes vor den Zeilen der Völker-
wanderung darstellen. Es würde zu weitläufig sein,
alle die alten Ueberreste früherer Städte längs dem
Laufe der Donau, im Innern des alten Pannoniens
und Noricums, der heutigen ungarischen und österreichi-
schen Länder, dann des lombardisch-venetianischen König-
reichs, Istriens und Dalmatiens aufzählen zu wollen.
— An einem der schönsten Meeresvusen in Dalmatien,
so schreibt ein Fachschriftsteller im Jahre 1825, liegen
die Ruinen der alten Stadt Salona, bei dem jetzigen
gleichnamigen kleinen Dorfe. Die Geschichte hat uns
nur wenige Nachrichten davon aufbewahrt; sie erzählt
von der Tapferkeit ihrer Bewohner, die in dem Kriege
zwischen Cäsar und Pompejus überrascht und von zahl-
reichen Truppen umzingelt, wie ein zweites Karthago,
die Sehnen für die Wurfmaschinen aus den Haaren
ihrer Frauen flochten, die Belagerung abschlugen und
sich siegreich in der Treue bewährten. Die Umgegend
ist eine der reizendsten, alle Vortheile des südlichen
milden Himmels vereinigen sich in diesem kleinen Land-
striche, den rückwärts hohe Gebirge, voran das Meer
begrenzen; kaum in einer Stunde ersteigt man auf
bequemem Wege bei der Veste Clissa, welche diese
Straße beschützt, die Höhe des Gebirges. Diesen Ort
hatte Diocletian, ein geborener Dalmatier, zum Ruhe-
sitze für seine letzten Jahre erwählt. An der nächsten
Landspitze bei Salona erhob sich sein prachtvoller Palast.
Aus diesem Palast wurde erst eine Festung und später
die heutige Stadl Spalato (von xalatiuw). Kaum
wurden die Trümmer Salonas beachtet, kaum geschah
ihrer von Reisenden eine Erwähnung, und doch steht
die Stadt, sogar nach den Umrissen der einzelnen Ge-
bäude, sichtbar da. Das Auge erblickt fast so viele
einzelne Weingärten, als es früher Häuser gab, deren
halbzerstörte niedere Mauern nunmehr die Einzäunung
bilden, und der Weinstock schlägt seine Wurzeln durch
Mosaikböden, aus kostbaren Marmorarten und vergol-
deten oder sonst gefärbten Glaspasten bestehend. Jeder
Tag fördert Münzen, kleine Bronce- oder Elfenbein-
Figürchen oder Geräthschaften, auch Goldgeschmeide und
kostbarere Onix-Gefäße aus dem Schooße der Erde her-
vor. Römische Inschriften bedeckten in allen Richtungen
den Boden. So war der Zustand, als der Kaiser im
Jahre 1818 Dalmatien besuchte. Zwischen den Säulen
des Diocletianischen Palastes wohnte seit Jahrhunderten
wieder zum ersten Male ein erhabenes kaiserliches Haupt,
und ein neues Leben begann sich nach allen Seiten zu
regen; das große Mittelthor von der Seeseite und der
ganze Durchgang wurde geöffnet, auch mit Ausräumung
der Hallen auf dieser Seite ein sehr glücklicher Anfang
gemacht. In dem Umfange Salonas wurde ein merk-

würdiges antikes Basrelief, in den lebendigen Felsen
gehauen, aufgedeckt, und in einem nahe liegenden Fel-
senthale noch die unverkennbaren Spuren eines römischen
Standlagers gefunden, aus der Zeit, wo Tiberius An-
derium (das heutige Clissa) belagerte. Der Kaiser be-
fahl die Schonung und Erhaltung der ehrwürdigen
Reste des Alterthums, genehmigte die Errichtung eines
Museums für die zu sammelnden Monumente, und be-
stimmte einen Fond zu regelmäßigen Nachgrabungen in
Salona und zur Aufnahme eines großen Plans davon,
der alle vorhandenen Reste aufzuzeigen, und so ein
möglichst treues Bild der ehemaligen Stadt darzustellen
hättte. Die Sammlung und Aufstellung der Inschrift-
steine, die früher größtentheils zu Fenstereinfassungen
zersägt wurden, und der andern Alterthümer, sowie
regelmäßige Nachgrabungen haben seitdem angefangen,
und unter der Leitung des Direktors, Doktor Lanza,

Deutsche Schullern mit ausschlächtigem Visier von einem Har-
nischs des Erzherzogs Sigmund von Tyrol. Der Rand ist mit ver-
zierten Messingstreifen geziert. Der zugehörige Bart, welcher am Brust-
stück haftet und einmal abschlächtig ist, ist in der Figur angedeutet.


einen sehr günstigen Fortgang gehabt. Eine große
Mosaik, ein schöner Marmorkopf der Juno, ein Gebäude
mit jener merkwürdigen Heizung der Alten, wo sich das
Feuer und die Wärme durch Reihen von Thonröhren
unter dem ganzen Boden und durch alle Wände der
Zimmer gleichmäßig verbreiteten, waren die ersten Er-
gebnisse. Die folgenden Jahre waren besonders er-
giebig an kleineren, niedlicheren Gegenständen des Haus-
bedarfs; man hatte unmittelbar außer den noch be-
stehenden Stadtmauern (und sogar im Innern derselben,
was zu den Ausnahmen gehört) kleine Grabgebäude
aufgefunden, darin die gläsernen Urnen mit der Asche,
in größeren steinernen Gefäßen verwahrt, und die Deckel
mit Blei vergossen waren, um die Ruhe der letzten
Reste möglichst zu sichern. Dabei fand man Kettchen
von zarter Arbeit, aus Goldfäden geflochten, Ohrge-
hänge, Ringe (von Gold, Eisen, Ambra), geschnittene

Edelsteine, Haarnadeln von Metall und Elfenbein, Metall-
spiegel, Riechfläschchen von Glas, Münzen, Thonlampen
re.; besonders merkwürdig waren zwei kleine Tinten-
gesäße von Metall, noch ganz mit der verdickten Feuchtig-
keit angefüllt. Alle diese Gegenstände geben dem kaum
entstandenen Museum, in welchem sie aufbewahrt werden,
bereits einen Grad von Wichtigkeit. — Großartig in jeder
Beziehung ist, was Pola in Istrien, derselbe Ort, an
welchem Konstantin des Großen edler aber unglücklicher
Sohn Krispus sein Ende fand, an Denkmälern darbie-
tet ; prachtvolle Denkmäler der Baukunst bezeugen den
ehemaligen Reichthum, und der Hafen, einer der schön-
sten, welchen die Natur dem Handelsverkehre bietet,
zeigt dessen Quelle. Hier steht noch ein kolossales Am-
phitheater, ganz aus weißen Marmorquadern gebaut,
eine staunenswerthe Masse, vielleicht unter allen Ge-
bäuden dieser Art, mit einziger Ausnahme des römischen
Coliseums, den herrlichsten Anblick gewährend; hier
stehen zwei Tempel im schönsten Schmucke korinthischer
Säulen, Rom und dem Augustus zu Ehren gebaut;
hier ein Triumphbogen, porta aursa wegen seiner be-
wundernswerlhen Schönheit genannt, den eine Wittwe,
Salvia Postumia, zur Zierde der Stadt ihrem Manne
und Kindern zu Ehren und Andenken erbaut hat. Auf
Befehl des Kaisers wurden hier zwei Bogen des Am-
phitheaters, die einzustürzen drohten, hergestellt; der
Triumphbogen und die beiden Tempel, Muster schöner
Baukunst, von den angebauten kleinen Häusern und
Gartenmauern befreit und gereinigt, gestützt, eine neue
Straße geöffnet, und der Freund der Kunst genießt mit
reinem ungetrübten Vergnügen, was nahe an zwei Jahr-
tausende nur mit zarter Schonung berührten. — Noch
zwei andere Plätze verdienen besonders genannt zu wer-
den; sie sind Aquileja und Cividale, wo eigentlich keine
Gebäudemassen den Forscher beschäftigen, sondern sich
das Ganze nur darauf beschränkt, was der Boden zu-
fällig oder bei zweckmäßig geleiteten Nachforschungen
an verschiedenen kleinern Gegenständen alter Kunst bietet,
vor Verschleuderung und Zerstörung zu schützen, und
in Sammlungen aufzustellen, wo es dient, den Kunstsinn
zu heben und zu läutern. Für Cividale, das alte l?o-
ruw llulium, einst der Hauptsitz der Provinz, welche
daher den Namen Friaul führt, genehmigte der Kaiser
die Errichtung eines solchen Museums, welches eine
schöne Sammlung von antiken Gegenständen in Gold,
Schmuck, Bronce-Figürchen und Geräthschaften, Mosai-
ken, Jnschriftsteinen und anderen Gegenständen in
Marmor enthält, dann auch Monumente aus dem Mit-
telalter und der longobardischen Zeit, so daß hier bald
die Geschichte der Provinz sich in ihren Denkmälern
aussprechen wird. Der Boden von Aquileja deckt große
antiquarische Schätze, davon zeugen die Gegenstände,
die hier von Zeit zu Zeit zum Vorschein kommen und
durch ihre Arbeit auf die Zeitalter der Blüthe der Kunst,
und durch den Reichthum der Stoffe (Gold, Silber,
Edelsteine) auf den ehemaligen großen Wohlstand Hin-
weisen. Die Entdeckungen der neuern Zeit dienten,
das k. k. Münz- und Antiken-Kabinett in Wien zu be-
reichern; darunter eine prächtige antike Silberschaale,
das Dankopfer des Triptolemus an Ceres vorstellend.
 
Annotationen