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Antiquitäten-Zeitung — 4.1896

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Nr. 27 (1. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61939#0213
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AME 4000 IZentral-OeganfüeSammelwesen,
. Versteigerungen und Alterthnmskunde.

Verbürgte
Auflage 4000.

Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Beckert in Stuttgart, Böblingerstr. 2, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, Heidelberg, München, Paris, Gent und London.

Nr. 27.

Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich L.so
vierteljährlich, Ausland s.—

Stuttgart, 1. Juli I8S6.
(Erscheint wöchentlich.)

Anzeige«:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum 20 Pfg., Auktionen 30 Pfg.

4. Jahrgang.

Nrrleitnrrg zum Sammeln von
Autographen.
Von
Eugen Ritter von Mor-Sunnegg.
(Fortsetzung.)
(Nachdruck »erboten.)

An eine interessante, wenn auch bedeutend enger
begrenzte Autographenfälschung erinnert Leopold Kät-
scher. („Aus England", Bilder und Skizzen. Leipzig,
Reclam jun. 2. Heft, S. 85 ff.) Ein Abenteurer, der
bereits als Reliquienschwindler aufgetreten war, der
Engländer George Gordon de Luna, behauptete, ein
Sohn Lord Bhron's und der spanischen Gräfin Luna
zu sein und legte sich auch den Namen Byron bei. Am
18. März 1848 kündigte er im Londoner „Athenäum"
an, daß „demnächst die im Besitze seines Sohnes, George
Gordon Byron, befindlichen ungedruckten Briefe, Tage-
bücher und anderen Manuscripte
Lord Byron's erscheinen werden".
And zwar in monatlichen Liefer-
ungen L 1 Schilling. Die nächste
Nummer der Zeitschrift jedoch
widerrief die Ankündigung als
eine völlig schwindelhafte, worauf
der Pseudo-Byron über den Ocean
zog. Anfangs November 1849
brachten New-Aorker Blätter die
Anzeige, „Major George Gordon
Byron" habe im Selbstverläge
die ungedruckten Gedichte, Briefe
u. s. w. Lord Byron's veröffent-
licht. Doch auch im freien Ame-
rika wollte sich trotz der kecken
Vorrede des Herausgebers der
Schwindel nicht recht rentiren
und es blieb bei der ersten
Lieferung. Nun ging Pseudo-Byron im nächsten Winter
abermals nach London, wo er nun einen schwunghaften
Autographenschwindel inscenirte. Aus einer großen Auk-
tion literarischer Reliquien im Mai 1851 wurden „Bücher
aus der Bibliothek Lord Byron's", besonders interessant,
weil sie ungedruckte Gedichte in der Handschrift des berühm-
ten Dichters enthielten, zu sehr hohen Preise nan Mann ge-
bracht ; ebenso „einige höchst interessante ungedruckte Briefe
in der Handschrift John Keat's", sowie „unveröffentlichte
eigenhändige Briefe Shclley's." Bald jedoch stellte sich he-
raus, daß alle diese vielen Autographen nur geschickte Fälsch-
ungen waren, die der „Major" nebst 47 ebenfalls fabri-
rirten Briefen Lord Byron's mit Hülfe seiner Frau
einem vertrauensseligen Buchhändler für schweres Geld
angehängt hatte. Für die Geschicklichkeit, womit diese
Fälschungen fabricirt worden waren, mag als Beweis
dienen, daß der berühmte Browning die vermeintlichen
Briefe Shclley's in Begleitung eines einleitenden Essays
herausgab; als das „Athenäum" den Abenteurer an
den Pranger stellte, wurde fast die ganze Auflage rück-

gckauft und vernichtet. Eine Zeit hindurch stellte der
Herr „Major" seine litterarischen Experimente ein, doch
gelang es ihm später, manchen New-Uorker Bücherfreund
mit falschen „annotirten" Ausgaben der Werke ver-
schiedener Zeitgenossen Lord Byron's zu bereichern. Außer
diesen Handschriftenfälschungen hatte er ein besonderes
Talent, seinen Stand zu wechseln, so zwar, daß er bald
als Litteral, Diplomat, Regierungsagcnt, als Offizier
der verschiedensten Staaten, Mäkler, Spion, Kaufmann
u. s. w. sich gerirte.
Was die übrigen Fälschungen anlangt, so sind sie
von geringerer Bedeutung, obwohl fast bei jeder Auto-
graphenauktion ein oder mehrere Stücke als gefälscht
erwiesen werden. Uebrigens ist zu bemerken, daß be-
kanntlich die Schrift sich im Laufe der Jahre bei einer
und derselben Person oft gewaltig ändert und insofern
bei der Bestimmung über Aechtheit oder Unächtheit eines
Stückes gar sehr auch auf die Zeit, in die es der Ent-
stehung nach fällt, zu sehen ist. Auch die Affekte beien-
flussen die Schrift gewaltig. Tröstlich für den Auto-
graphensammler ist es, daß mit der Entwickelung der

Wissenschaften, mit der Ausbildung der gesellschaftlichen
Verhältnisse alle Beeinträchtigungen der letzteren immer
schwieriger werden; je ausgebreiteter und vollständiger
die Mittel der Gesellschaft sind, sich vor Eingriffen zu
schützen, desto raffinirter müssen letztere sein, so daß es
schier unmöglich ist, daß eine plumpe Hand Schriften
verfälscht, ohne nicht augenblicklich entlarvt zu werden.
Allgemeine und feststehende Regeln über die Unterschei-
dung zwischen ächten und unächten Autographen lassen
sich nicht aufstellen, der betreffende Fall muß es lehren,
wonach die Prüfung vorgeuommen werden soll, und die
mehr oder minder große Uebung und Kenntniß der ein-
schlägigen Fragen bestimmt den Erfolg derselben.
4) Einordnung «nd Gruppirnng.
Bevor wir auf den Gegenstand, den die Ueberschrift
dieses Abschnittes bezeichnet, näher eingehen, dürfte es
gerathen sein, einige Worte über Universalismus und
Specialisation im Sammeln von Selbstschriften vor-
anzustellen.

Geradeso wie es in der Jetztzeit schier ein Ding
der Unmöglichkeit ist, sich in all den vielen und verschie-
denartigen Wissenschaften und Künsten ein gleichwertiges
bedeutendes Wissen anzueignen, so ist nicht zu erwarten,
daß ein Sammler auf allen Gebieten einigermaßen Be-
friedigendes zu Stande bringt, wenn er Universalist im
Autographensammeln ist. Zudem hat jeder Sammler
durch seine Lebens- und Berufsverhältnisse Gelegenheit
und Lust, die eine oder andere Art des Autographen-
sammelns mehr zu Pflegen, und es dürfte ihm selbst durch
sorgsame Wahl bei seinen Ankäufen und durch regen
Tauschverkchr mit Sammlern, die anderen Berufskreisen
angehören, schwer gelingen, den Fortschritt seiner Samm-
lung in allen Theilen auszngleichen. Weitaus in den
meisten Fällen wird eine Abtheilung oder deren mehrere
Vorsprünge gewinnen, welche die anderen nicht mehr
einzuholen vermögen. Häufig kommt es vor, daß ein
Sammler, der allgemein zu sammeln vorgibt, doch eine
oder die andere Abtheilung besonders bevorzugt, weil
ihm der Gegenstand, den sie repräsentirt, interessant und
besonders lieb ist. Das ist der richtige Zeitpunkt, vom
Universalisten zum Specialisten
überzugehen, um so ein Gebiet
nach Thunlichkeit eingehend und
vollständig vertreten zu sehen.
Wir sehen auch, daß Sammler,
die bereits eine sehr bedeutende
allgemeine Sammlung ihr eigen
nannten, die sie nicht interessiren-
den Gebiete aufgaben, zu Gunsten
ihres Lieblingsfaches verwertheten
und so Specialisten wurden. Ich
verweise hier nur auf Herrn Al-
fred Bovet, der seine reichhaltige
und werthvolle Sammlung bis
auf die Musiker, die er als Spe-
cialist zu sammeln sich entschlossen
hat, im Februar 1884 bei Etienne
Charavay in Paris zur Verstei-
gerung brachte. Die Vorzüge,
welche die Specialisation bietet, lassen sich in die Schlag-
worte kleiden: Ersparung an Zeit und Geld , Beherr-
schung des gewählten Gebietes und größere Freude an
der Sammlung.
Unter Specialisation ist nicht nur ein Fach, sondern
auch ein Zeitabschnitt, ein Land, ein bedeutendes Ereig-
niß, eine Periode von Litteratur, Kunst u. s. w., ja selbst
eine Person von hervorragender Bedeutung, eine Nation
und dergl. zu verstehen. Jedenfalls aber muß der Spe-
cialist das gewählte Gebiet vollständig beherrschen, und
es ist mit Recht von ihm zu fordern, daß er dasselbe
ganz durchdrungen hat, die Litteratur desselben kennt
und über den Lebesgang und die Schöpfungen derjenigen
Personen, deren Handschriften er verwahrt, genau unter-
richtet ist. Dadurch unterscheidet er sich auch zu seinen
Gunsten von dem Universalisten, der nothgedrungen oft auf
manchen seinem Studiengaug ferne gebliebenen Gebieten
als vollständiger Laie sich fühlt und nur zu leicht wegen
Mangel an Kenntnissen als einseitiger Universalist sich
vergeblich abmüht und schließlich der Freude an seinem


Autographen.
Die erste Urkunde, welche den Namen Württemberg nennt. Schriftprobe aus der Schaffhauser Urkunde von ross. (Text S. SIS.)
 
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