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Antiquitäten-Zeitung — 4.1896

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Nr. 47 (18. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61939#0373
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Verbürgte
Auflage 4000.

Zcntral-OrganfiirSammclwescn,,; 7-,
Versteigerungen und Alterthumskunde. ,

Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Beckert in Stuttgart, Böblingerstr. 2, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
gegründet 1881, prärniirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, Heidelberg, München, Paris, Gent und London.

Nr. 47.

Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich S.S»
vierteljährlich, Ausland s.—

Stuttgart, 18. November 18S6.
(Erscheint wöchentlich.)

Anzeigen:
Die Nonpareillezerle oder deren
Raum 20 Pfg., Auktionen 30 Pfg.

4. Jahrgang.

Die Wissenschaften sind Gemeingut,
weil das Denken Gemeingut ist, und
das Denken aus derQuelle des Wissens
schöpft. (W. Wundt.)

Von der Numismatischen Ge-
sellschaft in Berlin.

An der Sitzung vom 5. Oktober besprach Herr
RegierungsrathFriedensburg das jüngsterschienene nu-
mismatische Prachtwerk „Porträlmedaillen des Erzhauses
-Oesterreich von Friedrich III. bis Franz II/ von Dr.
Domanig, das auf 50 Tafeln eine Reihe herrlicher Me-
daillen des Hauses Habsburg, und zwar sowohl von der
regierenden als auch von den Nebenlinien, in schönen
Lichtdrucken vorführt. Der Text gibt die nothwendigen
biographischen Nachrichten und werthvolle Mittheilungen
über die Verfertiger dieser Medaillen. Ferner theilte
der Vortragende die urkundliche Entstehungsgeschichte
des bekannten Thalers des letzten Herzogs von Würt-
temberg-Oels, Karl Christian Erdmann, von 1785 mit.
Darnach hat der Herzog das Stück zur Erinnerung an
seine Regierung auf Grund einer besonderen Genehmig-
ung des Königs von Preußen in einer Anzahl von 4000
Stück prägen lassen ; der Stempel ist von dem Breslauer
Münzmedailleur König nach einer von dem Rektor der
Berliner Kunstakademie Meil d. I. verschlimmbesserten
Zeichnung hergestellt. — Herr Hauptmann Brause legte
den Entwurf zu dem im Geschmack des 16. Jahrhunderts
gehaltenen, künstlerisch vollendeten Titelblatt seines im
Druck befindlichen Werkes über Noth- und Belagerungs-
münzen vor und zeigte alsdann zwei seltene niederlän-
dische Gepräge seiner Sammlung: einen im Jahre 1619
zur Verherrlichung der Unterdrückung der kirchlichen Um-
triebe geschlagenen Doppelthaler, außerdem eine Me-
daille zur Erinnerung an den 1573 von einer kleinen
^holländischen Flotte erfochtenen Sieg über den spanischen
Admiral Grafen Bossu (beides Arbeiten des geldrischen
Münzmeisters Cornelius Wyntgis), indem er die ein-
schlägigen geschichtlichen Nachrichten mittheilte. — Herr
Dr. Buchenau a. G. besprach einen im Münchener Ka-
binett befindlichen Fund fränkischer Denare aus dem
Ende des 14. Jahrhunderts, der eine große Menge
neuer und wichtiger Stücke enthält: zwei durch die Um-
schrift bezw. das Wappen gesicherte Pfennige Dietrich's
von Katzenellenbogen („VUsr. Oomes äs Oa"), andere
von Eberhard von Eppstein, ferner einer noch nicht er-
mittelten (Eppstein oder Hanau) Domina Agnes, endlich
einen vorläufig nicht sicher zu bestimmenden mit drei v. —
Herr Dr. Weil machte im Anschluß an eine leider in
kroatischer Sprache erschienene Veröffentlichung der be-
achtenswerthen Funde römischer Münzen im Museum
von Agram aufmerksam. — Herr von der Heyden zeigte
eine kunstvolle silberne Halskette mit daranhängender
Medaille Johann Friedrich's von Sachsen (von Rein-
hardt), welche laut der auf der Medaille eingeritzten Um-
ffchrift im 17. Jahrhundert von einem Schützenkönig

seiner Gilde gestiftet wurde. — Herr Landgerichtsrath
Dannenberg legte eine große Reihe schön erhaltener und
zum Theil sehr seltener Tetradrachmen des europäischen
Griechenlands aus seiner Sammlung, darunter solche
von Rhegium, Akrapas, Gela, Syrakus, der Königin
Philistis, von Makedonien, Athen u. s. w. vor und gab
die erforderlichen Erläuterungen. — Herr Stadtbaurath
Bratring berichtete über die Sammlung pommer'scher
Münzen des im Jahre 1840 verstorbenen Kommerzien-
raths Karl Friedrich Pogge, deren Anfänge bis etwa
zum Jahre 1770 zurückreichen und die im Rathhause
zu Stralsund aufbewahrt wird. Der Vortragende be-
sprach die hauptsächlichsten Gepräge und legte davon
Abdrücke, beziehentlich Originale aus seiner eigenen
Sammlung vor. Darunter sind hervorzuheben: von Jo-
hann Friedrich ein Viertelthaler vom Jahr 1594; von


Deutschs Sturmhaube mit an dem Bruststücke befestigtem sogenanntem
„fiirfallendem" Barte, von einem Landsknechtsharnische des
Lazarus Schwendi (1522—löst). Um 1560.
Philipp II. ein Goldgulden von 1618 mit Brustbild
und Schnecke und der Beischrift LMM 8LV VI-
MXM; eine Doppelthalerklippe 1614 mit deutschen
Umschriften, unterbrochen durch kleine Wappenschilder;
ein Reformations-Doppelthaler von 1617; von Franz I.
ein Goldgulden 1618 mit Brustbild; ein Viertelthaler
auf seinen Tod mit dem Hexameter LV-OlI'IOVLl LV.-
LVII RLIML MU VMIOII VLML; von Philipp
Julius ein Halbthaler 1622 mit den Münzmeister-Jni-
tialen 8? (zusammengezogen), die vielleicht Hans Puls
bedeuten, der von 1628—1632, 1635, 1636 städtischer
Münzmeister in Stralsund war; ein Viertelthaler von
1622 mit deutscher Aufschrift, dem Greifen und der
Werthbezeichnung RLI0M8 ORM; von Bogislaus,
dem letzten pommer'schen Herzog, eine größere Anzahl
seltenster Gepräge in Gold und Silber; aus der schwe-

dischen Zeit ein Doppeldukaten der Königin Christine
von 1653; von der Stadt Stralsund, die sehr reich in
der Pogge'schen Sammlung vertreten ist, ein Goldgulden
von 1629 mit im Stempel aus 1628 geänderter Jahres-
zahl, ein Dukaten von 1632 mit 8 unter dem Strahl,
was sonst nirgends vorkommt; ein Doppelthaler des
Jahres 1538, abweichend von dem bisher bekannten;
endlich ein Thaler auf die Wallenstein'sche Belagerung
1628. Es sind diese und manche andere Münzen der
Sammlung von ganz hervorragender Seltenheit, z. Th.
nirgends weiter anzutreffen, z. Th. Unica. Erfreulich
ist es, daß die Pogge'sche Sammlung nicht zersplittert,
sondern als Ganzes aufbewahrt, und dem Studium zu-
gänglich gemacht ist.
Herr Dr. Bahrfeldt verbreitete sich in einem längeren
Vortrage über die Münzen Polens bis zu Kasimir
dem Großen. Vor Miesco I., 962—992, darf man von
einer national-polnischen Münzprägung nicht sprechen.
Die Funde bis dahin enthalten keine polnischen Ge-
präge, sondern hauptsächlich arabische Münzen und ara-
bischen Silberschmuck, meist in zerhacktem Zustande.
Polen ist nicht arm an solchen Funden; sie sind der
Beleg für die alten Handelsstraßen von Indien, Persien,
Arabien, den Ufern des schwarzen und kaspischen Meeres
nach Norden durch Polen bis zur Ostsee. Altgriechische
Münzen sind als Fund in Polen nicht vorgekommen;
gegentheilige Angaben in den Münzbüchern (angeblich
1824 ein Fund bei Schubin) beruhen auf Jrrthum.
Miesco I. trat 966 zum Christenthum über, und von
ihm rühren die ersten polnischen Münzen (Denare) her.
Man sieht auch hier wieder Christenthum und Münz-
prägung gleichzeitig auftreten. Ein Denar hat die Um-
schrift ÄI8I00 um eine Krone, ein anderer zeigt eine
Hand und L1I8I0V LIVV. Die kleinen halbbrakteaten-
förmigen Nachahmungen der Dürstädter Denare Karl's
d. Gr. gehören nicht unter Miesco von Polen, sondern
sind dänisch. Boleslaus I. Chrobry, 992—1025, hat
nach böhmischen und deutschen Vorbildern prägen lassen,
seine Münzstätten waren Breslau (808 IOLL.X8),
Gnesen (MLWVX 0IVIM8), Posen (808
LV8) ?, Kiew. Bemerkenswerth sind besonders die
Nachahmungen der Otto-Adelheidpfennige, theils mit
Kreuz und Kirche, theils mit Kopf und Kirche, beziehent-
lich Kreuz; ferner der Denar mit L0LL8LW8 DUX
— IX0LIIV8 und der jüngste mit dem Königstitel.
Von Miesco II., 1025—1034, hat man keine Münzen.
Jrrthümlich legen die polnischen Numismatiker seiner
Gemahlin, der vielgehaßten Rixa, jene kleinen Sachsen-
(Wenden) Pfennige bei, die in der Umschrift R — XL
haben, aber links von der Elbe geprägt sind. Von Bo-
leslaus II. Smialy, 1058—1080, und Wladislaus I.,
1080—1102, sind u. A. kleine, den Sachsenpfennigen
ähnliche Stücke ausgegangen, in Breslau und Krakau
geprägt. Aus Boleslaus' III. Krzywousti Zeit, 1102
bis 1139, erscheint wichtig ein breites, brakteatenförmiges
Stück; nach der Darstellung darauf, die einen Bischof
zeigt, der einem vor ihm Knienden den Segen spendet,
ist es auf die Pilgerfahrt Boleslaus' im Jahre 1139
zum Grabe des heiligen Adalbert in Gnesen geschlagen
worden. Der Bracteat stammt aus dem Funde von
 
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