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Bastine, Reiner [Hrsg.]
Klinische Psychologie (Band 2): Klinische Psychodiagnostik, Prävention, Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, psychosoziale Intervention — Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.16130#0073

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7.1. Zur Begriffsbestimmung der klinisch-psychologischen Intervention

In der Primären Prävention soll das (Erst-) Auftreten von psychischen Störungen
und Krankheiten verhindert werden, indem pathogen wirkende Bedingungen beseitigt
oder unwirksam gemacht werden. Effektive Primärprävention wird sich daher in einer
reduzierten Jnzidenzrate der Störungen niederschlagen.

Die Sekundäre Prävention beschäftigt sich mit der Behandlung bereits manife-
stierter Störungen und Krankheiten, d.h. mit der therapeutischen Korrektur vorhande-
ner Störungen. Dieser Bereich umfaßt hauptsächlich die verschiedenen Formen der
Psychotherapie und Beratung. Eine wirksame sekundäre Prävention wird sich epide-
miologisch in einer verminderten Prävalenzrate zeigen, da durch die Behandlung die
Anzahl aktuell beeinträchtigter Personen reduziert wird. Auch für sekundär-präventive
Vorgehensweisen sind frühzeitige Maßnahmen im allgemeinen wirksamer.

Unter Tertiärer Prävention versteht Caplan Hilfestellungen bei der Wiederein-
gliederung einer genesenden Person, um Folgeschäden bei der Person und ihrer
(sozialen) Umwelt sowie Rückfälle zu vermeiden. Sie dient damit vor allem der Ver-
ringerung der Langzeiteffekte von Störungen und Krankheiten. Angeboten wird diese
Hilfe in der Rehabilitation, der ambulanten Nachsorge oder der oftmals familienori-
entierten Rückfallprophylaxe.

Durch diese Unterscheidung werden die drei Aufgabenbereiche der klinisch-psy-
chologischen Intervention definiert:

# die präventive (oder prophylaktische) Beeinflussung von Bedingungen, die zur
Entstehung von psychischen Beeinträchtigungen führen oder diese begünstigen
(vgl. Kap. 8., 9.);

# die korrektive psychotherapeutische oder beratende Hilfe bei bereits aufgetrete-
nen psychischen oder gesundheitlichen Problemen und Erkrankungen (vgl. Kap.
9., 10., IL, 12.)

# die rehabilitative Unterstützung zur psychosozialen Wiedereingliederung (Reha-
bilitation, Nachsorge und Rückfallprophylaxe) (vgl. Kap. 12.).

So häufig diese Aufgliederung Caplans zitiert wird, so häufig wird auch kritisiert, daß
sein Begriff der Prävention durch das Einbeziehen therapeutischer und rehabilitativer
Maßnahmen unzweckmäßig ausgeweitet wird. Zusätzlich ist die Abgrenzung zwischen
primärer, sekundärer und tertiärer Prävention nicht immer leicht zu treffen. Bei-
spielsweise kann eine klinisch-psychologische Intervention gleichzeitig verschiedene
Zielrichtungen und Funktionen haben: Die Betreuung eines Menschen, der einen Sui-
zidversuch überlebt hat, sollte sowohl präventive (z.B. durch Aufarbeiten der krisen-
auslösenden Bedingungen), therapeutische (durch Bewältigen der akuten Belastungen)
wie rehabilitative Ziele (durch Bearbeiten der Wiederholungsgefahr) verfolgen. Ande-
rerseits wird durch den Begriff Prävention das möglichst frühzeitige Eingreifen be-
tont. Da psychologische Hilfen leider oft erst am Ende einer langen Kette verschie-
dener Bemühungen zum Zuge kommen und die betreffenden Personen meistens schon

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