Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bastine, Reiner [Editor]
Klinische Psychologie (Band 2): Klinische Psychodiagnostik, Prävention, Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, psychosoziale Intervention — Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.16130#0077

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
7.1. Zur Begriffsbestimmung der klinisch-psychologischen Intervention

beabsichtigter Intervention (z.B. Beratung, Krisenintervention, Einzel- oder Grup-
pentherapie) und nach theoretischer Ausrichtung in unterschiedlicher Weise erfolgen
kann.

Im Abschluß an die Behandlung ist dann zu überprüfen, inwieweit die intendierten
Ziele erreicht worden oder unerwartete Wirkungen aufgetreten sind. Auch diese
Evaluation läßt sich mehr oder weniger explizit und formalisiert durchführen.

7.1.4. Klinisch-psychologische Intervention im Spannungsfeld
zwischen karitativer Hilfe und professioneller Tätigkeit

An Begriffen wie "Hilfe", "Versorgung", "Behandlung" oder "Intervention" werden
die unterschiedlichen Intentionen sichtbar, die in den verschiedenen Modellen der pro-
fessionellen psychologischen Unterstützung begründet sind (vgl. Band I, Kap. 2.2.).
Verbunden sind sie mit unterschiedlichen anthropologischen Überzeugungen ("Men-
schenbildern"), aus denen diese allgemeinen Vorstellungen von Hilfe, Versorgung
usw. ursprünglich einmal entstanden sind oder die wir heute mit ihnen assoziieren
(vgl. u.a. Ford & Urban, 1967).

Bereits schon die äußeren Bedingungen, in einem professionellen Rahmen eine per-
sönliche Hilfe zu leisten, beinhalten eine partielle Unvereinbarkeit, die zu intra- und
interpersonellen Konflikten führen kann. In psychosozialen Hilfen wird in der Regel
ein Angebot an hilfsbedürftige Personen formuliert, das von diesen freiwillig in An-
spruch genommen werden kann. Die Rollenverteilung in professionellen "Helfer"
(Therapeut, Berater) und "hilfsbedürftige Person" (Klient, Patient) bedingt prinzipiell
ein unvermeidbares Machtgefälle, das u.a. durch die persönliche Betroffenheit und
Beeinträchtigung des Klienten und den Wissensvorsprung des Therapeuten geschaffen
wird. Sowohl für den Klienten wie für den Psychotherapeuten liegen darin Gefahren -
für den Klienten hauptsächlich die der Selbstaufgabe, übermäßigen Verantwortungs-
abgabe und Fremdbestimmtheit, für den Therapeuten die des Machtmißbrauchs, der
unangemessenen Verantwortungsübernahme und der Selbstüberschätzung. Durch die
karitative Komponente dieser Rollenbeziehung kann dieser dominative Aspekt über-
deckt und damit verschleiert werden.

Den Klienten/Patienten soll das Rollenverhältnis von (unzumutbaren) Belastungen
und Anforderungen und von der Verantwortung für das Zustandekommen der Pro-
blematik entlasten; andererseits entbindet es ihn nicht von der Verantwortung, für sich
selbst als Person und für Veränderungen zu sorgen. Diese doppelte Funktion schafft
in der Behandlung häufig Schwierigkeiten, weil zwischen diesen unterschiedlichen
Verantwortlichkeiten zu differenzieren ist. Haley (1978) beschreibt dies so, daß der
Klient sich mit der therapeutischen Paradoxie des gleichzeitig Be- und Entschuldigten
auseinandersetzen muß.

Für Psychotherapeuten bedeutet diese Rolle, die Verantwortung dafür zu über-
nehmen, daß ihre Klienten geeignete Möglichkeiten für die Veränderung erhalten und

63
 
Annotationen