DER BAUMEISTER . 1911 OKTOBER.
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Heute nach kaum 15
Jahren wird die Mehr-
zahl Stück für Stück
schon umgebaut und
von der alten Architek-
turaufmachung befreit.
Die Stadt Charlotten-
burg folge doch mutig
und weitblickend dem
Vorbilde an der Bis-
marckstrasse — Kaiser-
damm und schaffe auch
hier eine der Weltstadt
würdige Ausfall-
strasse. Was bedeu-
ten die wenigen Milli-
onen Ausgaben heute,
am Anfang des Aus-
und Umbaues unserer
grossen Verkehrszüge
im Hinblick auf die un-
geheueren materiellen
und ideellen Werte, die
hier in Frage stehen.
Aber wir sinds nachge-
rade ja leider gewohnt,
dass nur für den Bedarf
der nächsten 5 Jahre
geplant wird.
Hamburg z. B. be-
schloss vor kurzem
abermals, wie es erste
Lebensbedingung aller
grossen und gut geleite-
ten Städte ist, die Nie-
derlegung eines grösse-
Mut hat, reicht keins an es heran. Der alte
biedere Spruch „Ende gut, alles gut“ wird hier,
was dies Endresultat der ganzen Strasse angeht,
auf den Kopf gestellt.
Zur Zeit beabsichtigt die Stadt Charlotten-
burg über den Kurfürstendamm eine Unter-
grundbahn vom Wittenbergplatz nach Halensee
zu legen. Ihr soll die eine Reihe der nach
langen Jahren jetzt leidlich entwickelten alten
Bäume ganz geopfert werden. Wäre es nicht
ratsamer und gerechter gewesen, eine Reihe
jener Missgeburten von Stilkonglomeraten zu
opfern, die von Jahr zu Jahr doch wertloser
und scheusslicher (falls möglich) werden und
sich gegenseitig niederschreien, ohne dass eins
von ihnen dem anderen deshalb weichen wollte.
ren alten Stadtviertels,
um gute Verbindungen
zu erhalten und scheute
nicht die Ausgabe von
30 Millionen, wovon
mindestens die Hälfte
der Ausgaben unter
allen Umständen wieder
zurückgewonnen wird.
Amerikanische Städte
vervielfältigen solche
Ausgaben um dasZehn-
fache.
Weitblick, Wagemut,
Erfahrungen aus ande-
ren Städten und Län-
dern bleiben bei diesen
Aufgaben ausgeschal-
tet. Kleiner Standpunkt,
kleine Leistung. Mithin
bleibt auch uns vorläufig
nichts übrig, als unsere
Freude auf solche Ein-
zelleistungen, wie das
Hoppesche Haus zu
konzentrieren.
Wie bedauerlich ist
es, dass einer solchen
Kraft nicht mal von offi-
zieller Seite der einheit-
liche Ausbau eines gan-
zen Strassenzuges —
aber keines nebensäch-
lichen — anvertraut
♦Reichsbank in Gladbeck
Arch. Julius Habicht, Berlin
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Heute nach kaum 15
Jahren wird die Mehr-
zahl Stück für Stück
schon umgebaut und
von der alten Architek-
turaufmachung befreit.
Die Stadt Charlotten-
burg folge doch mutig
und weitblickend dem
Vorbilde an der Bis-
marckstrasse — Kaiser-
damm und schaffe auch
hier eine der Weltstadt
würdige Ausfall-
strasse. Was bedeu-
ten die wenigen Milli-
onen Ausgaben heute,
am Anfang des Aus-
und Umbaues unserer
grossen Verkehrszüge
im Hinblick auf die un-
geheueren materiellen
und ideellen Werte, die
hier in Frage stehen.
Aber wir sinds nachge-
rade ja leider gewohnt,
dass nur für den Bedarf
der nächsten 5 Jahre
geplant wird.
Hamburg z. B. be-
schloss vor kurzem
abermals, wie es erste
Lebensbedingung aller
grossen und gut geleite-
ten Städte ist, die Nie-
derlegung eines grösse-
Mut hat, reicht keins an es heran. Der alte
biedere Spruch „Ende gut, alles gut“ wird hier,
was dies Endresultat der ganzen Strasse angeht,
auf den Kopf gestellt.
Zur Zeit beabsichtigt die Stadt Charlotten-
burg über den Kurfürstendamm eine Unter-
grundbahn vom Wittenbergplatz nach Halensee
zu legen. Ihr soll die eine Reihe der nach
langen Jahren jetzt leidlich entwickelten alten
Bäume ganz geopfert werden. Wäre es nicht
ratsamer und gerechter gewesen, eine Reihe
jener Missgeburten von Stilkonglomeraten zu
opfern, die von Jahr zu Jahr doch wertloser
und scheusslicher (falls möglich) werden und
sich gegenseitig niederschreien, ohne dass eins
von ihnen dem anderen deshalb weichen wollte.
ren alten Stadtviertels,
um gute Verbindungen
zu erhalten und scheute
nicht die Ausgabe von
30 Millionen, wovon
mindestens die Hälfte
der Ausgaben unter
allen Umständen wieder
zurückgewonnen wird.
Amerikanische Städte
vervielfältigen solche
Ausgaben um dasZehn-
fache.
Weitblick, Wagemut,
Erfahrungen aus ande-
ren Städten und Län-
dern bleiben bei diesen
Aufgaben ausgeschal-
tet. Kleiner Standpunkt,
kleine Leistung. Mithin
bleibt auch uns vorläufig
nichts übrig, als unsere
Freude auf solche Ein-
zelleistungen, wie das
Hoppesche Haus zu
konzentrieren.
Wie bedauerlich ist
es, dass einer solchen
Kraft nicht mal von offi-
zieller Seite der einheit-
liche Ausbau eines gan-
zen Strassenzuges —
aber keines nebensäch-
lichen — anvertraut
♦Reichsbank in Gladbeck
Arch. Julius Habicht, Berlin