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Baumeister: das Architektur-Magazin — 10.1912

DOI issue:
Heft 11
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Högg, Emil: William Müller und sein Werk
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https://doi.org/10.11588/diglit.55686#0129

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DB BAUMEISTER

HERAUSGEBER:□□□□□□□□□
HERMANN JANSEN,
WILLIAM MÜLLER,
ARCHITEKTEN, BERLIN
ALLE ZUSENDUNGEN AN DIE SCHRIFT-
LEITUNG: BERLIN W. 35, STEGLITZERSTR. 53


MONATSHEFTE
FÜR ARCHITEKTUR
UND BAUPRAXIS

X. Jahrgang

AUGUST 1912


VERLAG UND EXPEDITION: o □
GEORG D. W. CALLWEY
MÜNCHEN, FINKENSTR. 2
BERLIN W. 57. KURFÜRSTEN-
STRASSE 8



Heft 11

INHALT: Hauptblatt: William Müller und sein Werk. Von Professor Emil Högg, Dresden. (24 Abb.)
Beilage: Neues im Dachbau. Von Ing. Wilh. Daude, Halensee—Berlin. — 22. Delegiertentag des Verbandes deutscher Kunstgewerbe-
vereine in München. — 12. Tag für Denkmalspflege in Halberstadt. — Vom Reichsgericht. — Chronik. — Persönliches. —Verschiedenes.
Tafel: 81/85: Wohnhaus Dr. Troplowitz, Hamburg, Agnesstrasse — 86/87: Bürohaus der Verlagsbuchhandlung Jul. Springer, Berlin.
88: Foyer in den „Kammerspielen“ des Deutschen Theaters, Berlin. — Halle für das Schloss zu Kreuzenort S. D. des Fürsten
Lichnowski. Arch. William Müller, Berlin.
Suppl.-Tafel 21: Speisesaal für das Hotel „Breidenbacher Hof“, Düsseldorf. — 22: Halle im Schlosse zu Walburg i. Els., Herrn
R. Haniel gehörig. Arch. William Müller, Berlin.

William Müller und sein Werk.

Wenn es der „Baumeister“ entgegen seiner Gepflogenheit
unternimmt, seinen Lesern einen ihm nahestehenden Archi-
tekten in umfassender Darstellung vorzuführen, so geschieht
dies nur zögernd und dem eindringlichen Zuspruche des
Unterzeichneten folgend, der einen Hinweis auf die Bedeu-
tung William Müllers nicht nur für eine Freundschafts-

pflicht dem bescheidenen Künstler gegenüber hält, sondern
der in seinen Werken auch eine der reifsten und feinsten
Früchte unserer zeitgenössischen Baukunst zu erkennen
glaubt, wohl wert, den Mitstrebenden als anregende Gabe
dargereicht zu werden.
Die überhandnehmende Bedeutung der Druckerschwärze
hat auf dem Gebiete der


Arch. William Müller, Berlin.

Wohnhaus Dr. Troplowitz, Hamburg, Agnesstrasse.’

angewandten Künste, ins-
besondere der Architektur,
höchst eigentümliche Zu-
stände geschaffen, die hier
nicht etwa mit moralisieren-
dem Augenaufschlag ver-
urteilt, sondern die nur in
ihrer starken Rückwirkung
auf Publikum und Künst-
ler richtig erkannt werden
sollen.
Gulbransson zeichnete ein-
mal im Simplizissimus eine
lustige Bilderreihe, wie ein
kluger Pressemann eine un-
scheinbare Gummihülle zum
mächtigen Umfang einer
stolzen Tagesgrösse auf-
bläst, um sie nachher, da
ihm der Atem ausgeht, wie-
der zusammenschnurren zu
lassen. Aus dieser lapidaren
Bilderschrift kann der ge-
schickte Uebersetzer besser
als aus langatmigen Ab-
handlungen herauslesen, was
über das Thema zu sagen
ist: die Abhängigkeit des
Künstlers von der Kritik,
die Willkür, mit der diese
Kritik erhebt und entthront,
die Entmündigung des Pu-
blikums und noch viel an-
deres. Ja es ist wahr! Dank
einer guten und geschickt
gehandhabten Presse von
mehr oder weniger sicherer
kritischer Befähigung, wa-
chsen sich über Nacht
harmlose Talente zu Be-
rühmtheiten aus, werden
Richtungen und Schulen ge-
schaffen, abgestempelt und
registriert, werden unlieb-
same Störenfriede dieses Sy-
stems totgeschwiegen oder
totgeschlagen, wird Tages-
kunstgeschichte fabriziert
und dem p. p. Publikum sein
jeweiliger Geschmack vor-
geschrieben. Dabei pflegt
diese Art von Kunstschrift-
stellerei mit einer gewissen
angreifenden Unduldsamkeit
aufzutreten: „Wer das nicht
glaubt, der ist ein Banause.“
Das klingt als Unterton
durch die Fülle schöntönen-
der Worte.
 
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