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Baumeister: das Architektur-Magazin — 10.1912

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Heft 6
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Arbeiter-Wohnhaus der Kgl. Saline in Bad Reichenhall: Entwurf: Arch. Gebr. Rank, München
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https://doi.org/10.11588/diglit.55686#0470

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DER BAUMEISTER, ^AS^,sFURARCH,TEKTUR
1912, MÄRZ X. JAHRGANG, HEFT 6

Arbiter- Wohnhaus
der Kgl. Saline
in Bad Reichenhall.
Entwurf: Arch. Gebr. Rank, München.
Die brennendste soziale Frage ist
die Wohnungsfrage. Das haben
Gemeinden und Privatfirmen er-
kannt und ihren Arbeitern menschen-
würdige und gesunde Wohnungen
gebaut; nicht wie früher Kasernen,
sondern ästhetisch befriedigende
Wohnstätten, in denen Angestellte
und Arbeiter sich vor allem als
vollberechtigte Menschen fühlen
können. Auch in staatlichen Be-
trieben regt sich diese Art der
Fürsorge. So ist den Arbeitern
der Kgl. Saline in Reichenhall
ein bei aller Schlichtheit höchst
stattliches Wohngebäude errich-
tet worden, das es mit Bürgers-
häusern besten Stils wohl aufnehmen


kann.
Die Rücksicht auf Umgebung
und das bestehende Alte legte
keine besonderen Verpflichtungen auf; denn die vor-
handenen Arbeiterhäuser stammen aus einer mehr wie be-
scheidenen Bauperiode und die seitlich gelegenen Biedermeier-
bauten stellen ganz neutrale Werte dar. Aber auch wenn
ein im üppigsten Barock erbautes Verwaltungsgebäude in der
Nähe stünde, wäre der Neubau kaum anders ausgefallen,
als wie er sich tatsächlich präsentiert: eine breite Anlage
voll natürlicher Schlichtheit, kräftig modelliert wie die alpine
Landschaft, die Bedachung steil, wie sie die erprobte, durch
Klima und Lebensart bedingte örtliche Bauweise empfiehlt.
Es war die Aufgabe gestellt, ein Haus mit 9 Wohnungen
zu je 3 bezw. 2 Zimmern, Küche (bezw. Kochzimmer), Vor-
platz und Abort zu errichten. Die Architekten Gebr. Rank,
München, verzichteten erfreulicherweise auf einen in die
Gegend ganz und gar nicht passenden Mehrstockbau. Sie
entschlossen sich für ein eingeschossiges Haus und verteilten
die Wohnungen zu je 4 in Erdgeschoss und ersten Stock
und die 9. Wohnung in das Dachgeschoss. Sie legten das
Haus als Doppelhaus an. Hiedurch erzielten sie eine
natürliche senkrechte Gliederung der breit hingelagerten
Baumasse und vermieden im Innern die kasernenmässige
Einteilung. Jetzt liegen auf jedem Flur, genau wie im Bürger-
haus, nur zwei Wohnungen und der Verkehr kann sich über

Eingang zum Gaswerk München-Moosach.
zwei Stiegenhäuser und durch zwei Haustüren ruhig und
glatt abwickeln. Dabei sind alle Nebenräume nach der Gebäude-
rückseite situiert, alle Wohnräume liegen nach vorn und nach
den beiden Schmalseiten zu. Beachtenswert ist die originelle
Seitenbelichtung des einen Stiegenhauses.
Der im ganzen fast rechteckige Grundriss (33 : 13 m) wurde
in der linken Haushälfte nach hinten flügelartig erweitert und
dieser Erweiterung das zugehörige Stiegenhaus leicht vor-
geschoben. Die rechte Haushälfte beginnt vorne mit einem
breiten, das zweite Stiegenhaus mit einbeziehenden Risalit,
hinter den der rechte Seitentrakt etwa 2^2 m zurückgedrängt
wurde. Das gibt an der Strassenseite eine wirkungsvolle
Abtreppung, an der Rückseite ein Gegenstück zum links-
seitigen Flügel.
Aus diesem Grundriss resultierte für den Aufbau eine ener-
gische Linienführung und eine kräftige Belebung der Haus-
flächen. In diesen sitzen die rhythmisch verteilten Fenster-
durchbrüche wie ein ornamentales Muster, oben gesäumt
vom markigen Hohlkehlgesims und darüber von dem grossen,
mit Biberschwanzziegeln abgedeckten Walmdach, das mit
seinem ruhigen Zuge das Doppelwohnhaus zu einem ge-
schlossenen Ganzen zusammenhält. Hohlkehle und Dach-
fläche wird nur^da energisch unterbrochen, wo der Risalit
den Dachsaum über-


Acch. J. Singer, München.

Gaswerk in München-Moosach.

steigt und mit einem
abgewalmten Giebel
sich nach oben ver-
jüngt. Die Bedachung
dieses Giebels sitzt
rittlings auf der First-
linie der Längsent-
wickelung auf und be-
lebt durch seine Höhe
die Dachkontur, wie
sie auch den darunter
liegenden Gebäudeteil
betont und das Ganze
horizontal schichtet.
Das wäre die formale
Wirkung. In der Farbe
machen sich die Zu-
sammenstimmungen
des roten Daches, des
blaugrauen Putzes,
der grünen Hohlkehl-
schindeln und Fenster-
läden, mit den weissen
Staketen und mit der
weissen Einfassung
der Fenster und Flä-
chen recht anspre-
chend. An feinen Ein-
zelheiten: die weiss-
grüne Türe zwischen
der einheimischenTür-
umrahmung aus rotem
Untersberger Marmor
 
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